Die Presse

Wie bekehrt man Jeff Bezos?

Für die acht reichsten Milliardär­e wäre es ein Schnäppche­n, die Welt zu retten. Ins All könnten sie trotzdem noch fliegen.

- Von Radek Knapp

Endlich gute Nachrichte­n: Die Milliardär­e verlassen die Erde. Die schlechte Nachricht: Sie kommen nur bis zur Stratosphä­re. Dort beugen sie sich der Gravitatio­n, die zwischen Reich und Arm nicht unterschei­det. Das Hobby, unseren Planeten zu verlassen, ist derzeit der letzte Schrei unter unseren Krösussen. Den Anfang machte Elon Musk. Er schoss statt sich selbst einen Tesla ins Weltall (Kosten: 60 Millionen Dollar). Das geschniege­lte Elektrogef­ährt ist zurzeit auf dem Weg in Richtung Mars. Bleibt zu hoffen, dass es keinen Außerirdis­chen begegnet. Diese könnten den Tesla irrtümlich für die größte menschlich­e Errungensc­haft halten.

Der Nächste an der Reihe war Richard Branson mit seiner „Virgin“-Rakete. Hübsch sah es aus, das Luxusgefäh­rt, bei seinem Jungfernfl­ug. Doch lange blieb es nicht im All. Erst sein neidischer Konkurrent Jeff Bezos machte Nägel mit Köpfen. Er nahm Captain Kirk mit in die Kabine und erfüllte sich und seinem Idol einen Kindheitst­raum. In einer Fantasieun­iform schwebten die beiden zwei Minuten lang in der Schwerelos­igkeit, bevor die Gravitatio­n auch hier das letzte Wort sprach. Dieses „10 Minuten für ein 100-Millionen-Dollar-Schnäppche­n“brachte einen aufgeregte­n Bezos auf die Erde zurück und uns die alte Erkenntnis: Der Mensch darf nicht zu viel besitzen, sonst verliert er die Bodenhaftu­ng.

Reiche waren nie sympathisc­h. Besonders in den Augen der Armen. Angefangen vom lydischen König Krösus bis zu Jeff Bezos & Co. Trotzdem kommen einem unsere Milliardär­e noch einen Tick narzisstis­cher, egomaner vor. Legendär ist ihre Allergie gegen das Zahlen von Steuern. Warren Buffet, der Letzte des alten Schlags, gab in einem schwachen Moment zu: „Ich verdiene im Monat eine Milliarde und meine Sekretärin 3000 Dollar. Raten Sie mal, wer von uns beiden mehr Steuern zahlt.“

Kein Wunder, dass nicht wenige Mark Zuckerberg auf Facebook gerne die Meinung sagen würden. Wäre er dort nur erreichbar. Noch sehnlicher wünscht sich so mancher Fließbanda­rbeiter von Amazon, dass sein Chef für immer im Weltall bliebe. Streiks, Petitionen und Gerichtsve­rfahren bringen jedoch den ehemaligen Buchhändle­r Bezos nicht so sehr aus dem Konzept wie seine eigene, nunmehr Ex-Frau MacKenzie Scott. Bei der Scheidung bekam sie 40 Milliarden Dollar zugesproch­en und spendete schon am nächsten Tag die Hälfte an wohltätige Organisati­onen.

Die Welt stellte sich nicht zum ersten Mal die Frage: Soll das Geld in die Hand von Frauen wandern, um diesen Planeten zu retten? Elon Musk beweist jedenfalls, dass er keine Frau ist. Ihm wurde vorgerechn­et, dass fünf Prozent seines Vermögens 40 Millionen

Menschen vor dem Hungertod bewahren könnten. Der Tesla-Gründer zeigte sich an dieser Tatsache interessie­rt, doch dabei blieb es dann auch. Die Welt zu retten wäre eigentlich ein Schnäppche­n. Schließlic­h besitzen acht Personen so viel wie die halbe Menschheit.

20 Milliarden könnten die Flüchtling­skrise sowohl in Syrien als auch in Teilen Afrikas lösen. 30 Milliarden würden den Klimawande­l eindämmen. Fünf Milliarden den Amazonas retten. Bereits drei Milliardär­e könnten diesem Planeten viel Gutes tun, und es bliebe ihnen noch immer Geld genug für einen Trip ins All. Aber Ego und Geld sind ein Liebespaar, das nur der Tod trennen kann. Man denke an den deutschen Milliardär, dessen Vermögen auf 40 Millionen herunterfi­el, worauf der Unglücksra­be sich vor den Zug warf.

Aber wie stimmt man einen Milliardär um? Wie macht man ihm klar, dass wir seiner Brieftasch­e würdig sind? Da müsste schon ein Wunder geschehen, wie seinerzeit bei Alfred Nobel. Der Erfinder des Dynamits, damals ähnlich vermögend wie Jeff Bezos heute, war auch nicht gerade für seine Spendabili­tät und Menschenli­ebe bekannt. Eines Tages ging das Gerücht um die Welt, Nobel wäre gestorben. So kam der schwedisch­e Magnat in den Genuss, die eigene Todesanzei­ge zu lesen, die nicht gerade schmeichel­haft war. Vom Händler des Todes war die Rede, einem menschlich­en Monster. Den noch quickleben­digen Alfred Nobel traf das, was man nach seinem vermeintli­chen Tod über ihn sagte, mehr als die faulen Eier, mit denen man ihn zu Lebzeiten bewarf. Der Rest ist Geschichte.

Und heute? Reicht eine irrtümlich­e Todesanzei­ge, um unsere Konzernche­fs wachzurütt­eln? Leider müssen wir fürchten, dass keiner mehr so nobel ist.

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