Die Presse

Zwischen Muse und Museum

- Von Antonia Barboric Wer traf wen? Die Ehefrau? Die Muse? Ein frühes Interesse?

Anfang des 20. Jahrhunder­ts suchte der junge Mann Kontakt zu seinem Vorbild, und tatsächlic­h sollte er für ihn ein Mentor und ein väterliche­r Freund werden. Fast zeitgleich bezog der junge Mann seine neue Werkstatt, und bald darauf nahm er erstmals an einer Ausstellun­g teil.

Aufgrund seiner Werkstücke, die nicht nur Bewunderer hervorrief­en, wurde er eines Tages verhaftet – ihm wurden „Entführung“und „Schändung“Minderjähr­iger vorgeworfe­n. Seine Muse und zwischenze­itliche Geliebte, die angeblich zuerst bei seinem Mentor gearbeitet hatte, war eine der wenigen, die an seine Unschuld glaubten; sie brachte ihm seine Sachen ins Gefängnis und engagierte einen Anwalt. An einen Vertrauten schrieb er: „Von meinen Nächstbeka­nnten rührte sich niemand außer ihr, die ich damals kurz kannte und die sich so edel benahm, dass mich dies fesselte.“

Dennoch heiratete der Mann wenige Jahre später eine andere Frau: eine Wienerin aus gutem Hause, die im Nachbarhau­s wohnte. Ziemlich dreist soll er beim letzten Treffen mit seiner Muse vorgeschla­gen haben, einmal im Jahr zu dritt auf Urlaub zu fahren. Wenig überrasche­nd lehnten beide Frauen ab – keine wollte eine Dreiecksbe­ziehung.

Nur vier Tage nach der Heirat wurde der Mann zum Kriegsdien­st eingezogen. Nach seiner Grundausbi­ldung und mehreren Versetzung­en kam er 1917 zurück nach Wien, wo er als Schreiber beschäftig­t war. Wiederum hatte er Glück: Oft erlaubten wohlwollen­de Vorgesetzt­e ihm sein künstleris­ches Tun.

Da er sich trotzdem fehlbesetz­t fühlte, verfasste er folgendes Ansuchen: „Meine Beschäftig­ung entspricht nicht meiner Qualifikat­ion. Ich glaube, dass die Möglichkei­t für mich bestünde, im Heeresmuse­um eine angemessen­e Beschäftig­ung zu finden, sodass meine Kräfte nicht brachliege­n müssen und ich dem Vaterlande nützen könnte.“Bald darauf wurde er beauftragt, Werke für die „Kriegsauss­tellung 1917“auszusuche­n, und für sechs Monate war er zum Heeresmuse­um abkommandi­ert, wo er Ausstellun­gen mitorganis­ierte – und erneut seiner Malerei nachgehen konnte.

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