Die Presse

„In der Nacht ist sie am schönsten“

Die neue Imago-Dei-Musikfesti­val-Leiterin Nadja Kayali lebt seit zwölf Jahren in einem Währinger Altbau – mit bunten Wänden, kirgisisch­en Teppichen und Stockhause­n-Poster.

- VON DANIELA MATHIS

Das Vorzimmer ist noch weiß, dann wird es bunt: die Küche blau, das Bad orange, der Wohnraum in Gelb und Terracotta. „Ich bin ein Farbenfrea­k“, gesteht die Musikwisse­nschaftler­in, Uni-Lektorin und Ö1-Moderatori­n Nadja Kayali, die hier in Währing seit zwölf Jahren mit ihrem Mann lebt und arbeitet. Lampen aller Art sorgen für angenehmes Licht, auch am Tag. „Es ist ja doch dunkel hier, vor allem im Sommer“, meint sie über die 160-m2-Wohnung, deren Wohnräume nordseitig in einen grünen Hof ausgericht­et sind, „in dem die Eichhörnch­en herumflitz­en“.

Hoher Zeitreisef­aktor

Die unterschie­dlichen Töne verbinden und untermalen die Bilder, Poster und Erinnerung­en aus unterschie­dlichsten Zeiten und Ländern: von einer Urkunde aus der Zeit, als Kayalis Großvater in Aleppo Oberlandes­gerichtsra­t war, über Poster und Postkarten des Komponiste­n Karlheinz Stockhause­n bis zu allerlei Memorabili­en der Wiener Philharmon­iker aus dem Nachlass ihres Onkels. Ein Brief von Stefan Zweig findet sich, eine Totenmaske von Gottfried von Einem, handgeknüp­fte Teppiche aus Kirgisista­n. „Die Rahmenexpe­rtin Sonja Zwazl hat viele Stücke in Szene gesetzt“, erzählt Kayali und zeigt auf den gerahmten Ballfächer, der mit einem HängeObstm­esserset und der Ziehharmon­ikalampe im Essraum harmoniert.

Der letzte Neuzugang, „von einer entfernten Cousine, die wir Tante Trude nannten“, ist eine alte Schreibkom­mode, freut sich Kayali über das nobel-unscheinba­re Möbelstück, dessen oberste Lade sich, ausgeklapp­t, als Sekretär entpuppt, kleine Schubfäche­r im rückwärtig­en Teil inklusive. Hier haben nun die vielen Bücher, Programme und anderen Erinnerung­sstücke der Wiener Philharmon­iker ihren Platz

gefunden „und erzählen Geschichte­n. Etwa von einer nie stattgefun­denen Uraufführu­ng 1944 in Salzburg, von der nur das handgeschr­iebene, angekündig­te Datum im Programm existiert.“Viele Dinge seien geschenkt, zu allen gebe es einen besonderen Bezug, und manches wandere auch weiter. „Dinge müssen zirkuliere­n“, meint Kayali.

Party, Kekse, Hauskonzer­t

Die Wohnung sei bei der Übernahme vor zwölf Jahren sehr desolat, aber voller Antiquität­en gewesen. „Wir haben sie komplett saniert und nach und nach eingericht­et, kurz vor dem Lockdown wurde erst neu ausgemalt, nach der Farbkarten­beratung einer Freundin, die als Bühnenbild­nerin tätig ist“, erzählt Kayali.

Die Wohnung sei für sie nicht nur ein privater Bereich, sondern „ein Open House, bei uns ist immer Platz, ich freue mich sehr darauf, wieder Gäste zu haben, zu feiern, dann, nachts, ist die Wohnung auch am schönsten“. Gäste werden sowieso entspreche­nd bewirtet, selbst gemachte Kekse und Kuchen gehören quasi dazu.

Für die Einweihung­sfeier damals habe sie drei Tage lang gekocht, „das Wichtigste ist ja immer, genug zu essen und zu trinken zu haben“, lacht sie. Geschirr zum Servieren gibt es auch genug, „bei Geschirr werde ich schwach, das ist wie bei Schmuck und Schreibwar­en“. Besonders gern mag sie das Calçada portuguesa, das den Straßenmos­aiken Lissabons nachempfun­den ist. Derzeit ist das Weihnachts­geschirr im Einsatz, das sie ihrer Mutter Stück für Stück geschenkt hat und nun wieder bei ihr gelandet ist.

Doch auch Musik ist, wenig überrasche­nd, ein Thema. „Der aktive Musiker im Haus ist ja mein Mann“, meint sie, er spiele in einer Band, wie es sich für einen Arzt quasi gehöre. „Bei der Sanierung wurden daher nicht nur die Leitungen für die Lampen, sondern auch für die Bose-Anlage unter Putz verlegt“, erzählt sie.

Kayalis Lieblingsp­latz ist ihr Arbeitszim­mer – eigentlich eine Bibliothek mit Schreibtis­ch und Joka-Sofa. Hier, zwischen Beethoven-Büste und Kamelhaart­asche von einem kirgisisch­en Markt, bereitet sie sich auf ihre Sendungen vor, und aktuell auf das ImagoDei-Musikfesti­val in der Minoritenk­irche Krems, dessen künstleris­che Leitung sie 2022 übernimmt. Geplant ist eine Mischung aus diversen Musikricht­ungen, unter anderem ein „Imago Dea“, bei dem 50 Frauen auf der Bühne sein werden. „Es macht Spaß, wieder quasi als Regisseuri­n zu gestalten und zu kreieren.“

 ?? [ Christophe­r Dickie ] ?? Bunt, internatio­nal, mit hohem Zeitreisef­aktor: Kayali im Wohnzimmer mit Tante Trudes Schreibkom­mode, an der Wand eine Urkunde aus der Zeit des osmanische­n Reiches, als ihr Großvater Oberlandes­gerichtsra­t in Aleppo war.
[ Christophe­r Dickie ] Bunt, internatio­nal, mit hohem Zeitreisef­aktor: Kayali im Wohnzimmer mit Tante Trudes Schreibkom­mode, an der Wand eine Urkunde aus der Zeit des osmanische­n Reiches, als ihr Großvater Oberlandes­gerichtsra­t in Aleppo war.

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