„In der Nacht ist sie am schönsten“
Die neue Imago-Dei-Musikfestival-Leiterin Nadja Kayali lebt seit zwölf Jahren in einem Währinger Altbau – mit bunten Wänden, kirgisischen Teppichen und Stockhausen-Poster.
Das Vorzimmer ist noch weiß, dann wird es bunt: die Küche blau, das Bad orange, der Wohnraum in Gelb und Terracotta. „Ich bin ein Farbenfreak“, gesteht die Musikwissenschaftlerin, Uni-Lektorin und Ö1-Moderatorin Nadja Kayali, die hier in Währing seit zwölf Jahren mit ihrem Mann lebt und arbeitet. Lampen aller Art sorgen für angenehmes Licht, auch am Tag. „Es ist ja doch dunkel hier, vor allem im Sommer“, meint sie über die 160-m2-Wohnung, deren Wohnräume nordseitig in einen grünen Hof ausgerichtet sind, „in dem die Eichhörnchen herumflitzen“.
Hoher Zeitreisefaktor
Die unterschiedlichen Töne verbinden und untermalen die Bilder, Poster und Erinnerungen aus unterschiedlichsten Zeiten und Ländern: von einer Urkunde aus der Zeit, als Kayalis Großvater in Aleppo Oberlandesgerichtsrat war, über Poster und Postkarten des Komponisten Karlheinz Stockhausen bis zu allerlei Memorabilien der Wiener Philharmoniker aus dem Nachlass ihres Onkels. Ein Brief von Stefan Zweig findet sich, eine Totenmaske von Gottfried von Einem, handgeknüpfte Teppiche aus Kirgisistan. „Die Rahmenexpertin Sonja Zwazl hat viele Stücke in Szene gesetzt“, erzählt Kayali und zeigt auf den gerahmten Ballfächer, der mit einem HängeObstmesserset und der Ziehharmonikalampe im Essraum harmoniert.
Der letzte Neuzugang, „von einer entfernten Cousine, die wir Tante Trude nannten“, ist eine alte Schreibkommode, freut sich Kayali über das nobel-unscheinbare Möbelstück, dessen oberste Lade sich, ausgeklappt, als Sekretär entpuppt, kleine Schubfächer im rückwärtigen Teil inklusive. Hier haben nun die vielen Bücher, Programme und anderen Erinnerungsstücke der Wiener Philharmoniker ihren Platz
gefunden „und erzählen Geschichten. Etwa von einer nie stattgefundenen Uraufführung 1944 in Salzburg, von der nur das handgeschriebene, angekündigte Datum im Programm existiert.“Viele Dinge seien geschenkt, zu allen gebe es einen besonderen Bezug, und manches wandere auch weiter. „Dinge müssen zirkulieren“, meint Kayali.
Party, Kekse, Hauskonzert
Die Wohnung sei bei der Übernahme vor zwölf Jahren sehr desolat, aber voller Antiquitäten gewesen. „Wir haben sie komplett saniert und nach und nach eingerichtet, kurz vor dem Lockdown wurde erst neu ausgemalt, nach der Farbkartenberatung einer Freundin, die als Bühnenbildnerin tätig ist“, erzählt Kayali.
Die Wohnung sei für sie nicht nur ein privater Bereich, sondern „ein Open House, bei uns ist immer Platz, ich freue mich sehr darauf, wieder Gäste zu haben, zu feiern, dann, nachts, ist die Wohnung auch am schönsten“. Gäste werden sowieso entsprechend bewirtet, selbst gemachte Kekse und Kuchen gehören quasi dazu.
Für die Einweihungsfeier damals habe sie drei Tage lang gekocht, „das Wichtigste ist ja immer, genug zu essen und zu trinken zu haben“, lacht sie. Geschirr zum Servieren gibt es auch genug, „bei Geschirr werde ich schwach, das ist wie bei Schmuck und Schreibwaren“. Besonders gern mag sie das Calçada portuguesa, das den Straßenmosaiken Lissabons nachempfunden ist. Derzeit ist das Weihnachtsgeschirr im Einsatz, das sie ihrer Mutter Stück für Stück geschenkt hat und nun wieder bei ihr gelandet ist.
Doch auch Musik ist, wenig überraschend, ein Thema. „Der aktive Musiker im Haus ist ja mein Mann“, meint sie, er spiele in einer Band, wie es sich für einen Arzt quasi gehöre. „Bei der Sanierung wurden daher nicht nur die Leitungen für die Lampen, sondern auch für die Bose-Anlage unter Putz verlegt“, erzählt sie.
Kayalis Lieblingsplatz ist ihr Arbeitszimmer – eigentlich eine Bibliothek mit Schreibtisch und Joka-Sofa. Hier, zwischen Beethoven-Büste und Kamelhaartasche von einem kirgisischen Markt, bereitet sie sich auf ihre Sendungen vor, und aktuell auf das ImagoDei-Musikfestival in der Minoritenkirche Krems, dessen künstlerische Leitung sie 2022 übernimmt. Geplant ist eine Mischung aus diversen Musikrichtungen, unter anderem ein „Imago Dea“, bei dem 50 Frauen auf der Bühne sein werden. „Es macht Spaß, wieder quasi als Regisseurin zu gestalten und zu kreieren.“