„Ein Team soll sich als Team spüren“
Cisco-Chef Hans Greiner sieht in Österreich aktuell einen immensen Digitalisierungsschub. Aber auch das Bedürfnis, wieder gemeinsam an einem Ort zu arbeiten.
Was haben Führungskräfte in den von der Pandemie geprägten vergangenen Monaten gelernt? „Noch mehr auf die Mitarbeiter zu achten und zu hören, wie es ihnen in der neuen Situation geht“, sagt Hans Greiner, Geschäftsführer des Technologie-Anbieters Cisco in Österreich. Das hat sein Unternehmen auch gemacht und in einer Studie erhoben, dass 87 Prozent der Angestellten selbst festlegen wollen, wie und wann sie arbeiten.
„Es wird kein Patentrezept geben, sondern jeder Mitarbeiter, jedes Team muss die Arbeitsweise finden, die jeweils am besten passt“, berichtet Greiner, der genau das in seinem Haus im Rahmen des „Hybrid-WorkExperiments“ermöglicht und erprobt.
Mehr Mitsprache
Es soll mehr Mitsprache geben, damit es gut gelingt, sich auf die neue Situation einzustellen. Wahlmöglichkeiten würden nämlich die Loyalität stärken: Für 64 Prozent der von Cisco Befragten ist die Möglichkeit, mitbestimmen zu können, von wo sie arbeiten, ein wichtiges Kriterium dafür, ob sie in ihrem aktuellen Job bleiben. Sie sind jedoch unsicher, ob ihre Arbeitgeber die Vorteile von hybrider Arbeit auch sehen: Nur 47 Prozent glauben, dass ihr Unternehmen in den nächsten sechs bis zwölf Monaten das Arbeiten von überall aus erlauben wird.
Das heißt auch zu überlegen, wie Büros künftig aussehen werden, „damit die Menschen gern in die Büros zurückkommen“, und wie Technologie bei der Zusammenarbeit unterstützen kann und soll. Technologische Hilfsmittel seien wichtig und notwendig, man dürfe aber die Mitarbeitenden nicht mit der Technologie allein lassen.
„Alle gemeinsam“wird zur Ausnahme
In Zukunft, sagt Greiner, wird bei 98 Prozent der Meetings zumindest ein Teilnehmer per Video dazugeschaltet sein. Das sei durchaus eine Herausforderung für die TechnologieAnbieter, dass diese eine Person in der Besprechung genauso gehört werden kann wie die anderen, die gemeinsam in einem Meetingraum versammelt sind.
Alle Teilnehmenden aktiv mit einzubeziehen wird also immer wichtiger, um eine gleichberechtigte Situation herzustellen. Das Schlimmste sei, wenn eine Person, die remote an einer Besprechung teilnimmt, mit der besten Idee nicht durchkommt.
AUF EINEN BLICK
Hans Greiner (57) ist seit 16 Jahren für Cisco Österreich tätig, seit knapp zwei Jahren als Managing Director. Davor war der studierte Informatiker für die Software AG und Oracle tätig. Die Studie „Workforce of the Future“von Cisco ergab unter anderem, dass 64 Prozent der Befragten mitbestimmen möchten, von wo sie arbeiten wollen. Für sie ein wichtiges Kriterium dafür, ob sie in ihrem aktuellen Job bleiben. Sie sind jedoch unsicher, ob ihre Arbeitgeber die Vorteile von hybrider Arbeit auch sehen: Nur 47 Prozent glauben, dass ihr Unternehmen in den nächsten sechs bis zwölf Monaten das Arbeiten von überall aus erlauben wird.
Denn nur 48 Prozent der Teilnehmenden in jedem der Meetings ergreifen erfahrungsgemäß auch das Wort.
Es werde auch in Zukunft Meetingräume geben (müssen), weil „Menschen die persönlichen Beziehungen spüren wollen“, meint Greiner, dieses Spüren sei eine der Voraussetzungen für kreatives Arbeiten. Insofern graue ihm vor der Vorstellung, dass zu 100 Prozent virtuell gearbeitet werde. Physisch an einem Ort gemeinsam zu arbeiten soll, so lautet Greiners Wunschvorstellung, „der Regelfall sein, nicht die Ausnahme“. Daher: „Ein Team soll sich als Team spüren.“
Umgekehrt möchte er die Vorteile der räumlich getrennten Arbeit nicht missen, denn auch schon vor Corona gab es mitunter Aufgabenstellungen, bei denen es gut war, „eine Person dazuschalten zu können, die irgendwo anders sitzt. Die sonst nicht dabei sein hätte können.“
Informatiker, keine Nerds
In Summe bemerkt Greiner in Österreich im Moment einen immensen Digitalisierungsschub: „Ich sehe viele Projekte unserer Kunden und bin hoffnungsfroh, dass wir unseren Standort stärken können.“Für die Unternehmen gehe es darum, ihre Prozesse effizienter, leistungsfähiger zu gestalten, um international mithalten zu können. „Das ist kein Thema weniger Monate, sondern ein Prozess, der oft mit trial und error verbunden ist“, sagt Greiner. Richtigerweise würden sich viele Unternehmen auch mit dem Thema Cybersecurity beschäftigen: „Wir sehen hier täglich Bedrohungen“, berichtet er.
Und noch etwas liegt Greiner am Herzen: „Wir müssen noch mehr junge Leute für diese Branche begeistern.“Gemeint ist speziell die Informatik, neben den anderen Mint-Berufen Mathematik, Naturwissenschaften und Technik. Das beginne in den Schulen, dort werde das Thema oft nicht so mitgetragen, wie es nötig sei. Informatiker als Nerds zu sehen, das, sagt Greiner, sei einfach nicht zeitgemäß. (mhk)