Was bald auf Wohnungseigentümer zukommt
Neuregelung. Wer eine Ladestation fürs E-Auto oder eine einbruchssichere Tür möchte, hat es bald eine Spur leichter – das ist e gute Nachricht. Mit höheren laufenden Kosten für Wohnungseigentum müssen viele allerdings ebenfalls rechnen.
Wien. Auf Wohnungseigentümer kommt eine Gesetzesänderung zu. Sie w ird teils am 1. Jänner 2022, teils a m 1. Juli in Kraft treten. Und soll allem die Energiewende unte stützen, enthält darüber hinaus aber auch weitere gravierende Neuerungen.
Im Wesentlichen geht es in der Nove e des Wohnungseigentumsgeset (WEG) um drei Bereiche: die stimmungserfordernisse für besti e bauliche Änderungen, die ein einzelner Wohnungseigentümer realisieren will, eine Neur elung der Beschlussfassu innerhalb der Eigentümergemeinschaft und eine neue Mindestdotierung der Rücklage, durch die allem thermische
Sani ungen erleichtert werd sollen.
erste Punkt betrifft einige „erwünschte“und dahe gesetzlich privilegierte Projekte: Vorrichtungen fürs Langsamladen von E-Autos, Solar- bzw. Fotovoltaikanlagen auf i m Wohnungseigentum stehend n Reihenhäusern oder Einzelge , Beschattungsvorricht ngen, den Einbau einbruc sicherer Eingangstüren und die barr i ere f reie Ausges t altung eines Wohnungseigentumsobjekts oder allgemeiner Teile des Hauses. Zwar bleibt es dabei, dass man dafür die Zustimm ung aller and eren Wohnungseigentümer braucht – diese gilt jedoch als erteilt, wenn auf eine Verständigung über das Vorhaben innerhalb von zwei Monaten nicht reagiert wird.
Gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf habe sich hier ein Detail verändert, sagt Rechtsanwalt Daniel Tamerl (Kanzlei CHG Czernich) zur „Presse“: Will ein Wohnungseigentümer einem Vorhaben widersprechen, war im Gesetzesentwurf zunächst keine Formvorschrift vorgesehen. Laut der endgültigen Fassung muss der Widerspruch aber „auf Papier oder in dauerhaft speicherbarer elektronischer Form“geäußert werden. Ein E-Mail oder z. B. eine WhatsApp reicht zwar, wie Tamerl erklärt. Nicht ausreichend wäre aber etwa eine Bemerkung bei einem Gespräch am Gang. Mit gutem Grund – denn darüber ließe sich später endlos streiten.
Nutzung kann verboten werden
Gelten soll dieser Teil der Novelle schon ab Jahresbeginn. Wer dann den Bau einer eigenen E-Ladestation plant, muss allerdings noch etwas bedenken: Sollte später eine Gemeinschaftsanlage errichtet werden, könnte man irgendwann das Recht verlieren, die private Ladestation weiterhin zu benützen. Die Eigentümergemeinschaft kann nämlich die Nutzung untersagen, falls es die Elektrizitätsversorgung der Liegenschaft verbessert, wenn nur noch die Gemeinschaftsanlage benützt wird. Möglich ist eine Untersagung zwar frühestens fünf Jahre nach der Errichtung der Einzelanlage, weil davon ausgegangen wird, dass sich die Investition in dieser Zeit amortisiert hat. Eine E ntschädigung d afür steht betroffenen Wohnungseigentümern jedoch nicht zu.
„Die Frage wird dann sein, wie bewiesen werden soll, dass die Stromversorgung der Liegenschaft wirklich durch die Beschränkung auf die Gemeinschaftsanlage verbessert wird“, sagt Tamerl. Für jeden, der sich eine Einzelanlage zulegen möchte, sei es aber jedenfalls wichtig, mit dem Energiedienstleister zu vereinbaren, dass spätestens nach fünf Jahren ein Vertragsausstieg möglich ist.
Willensbildung „neu“
Der zweite Punkt betrifft das Zustandekommen von Mehrheitsbeschlüssen der Eigentümergemeinschaft. Neben dem Erreichen einer einfachen Mehrheit aller Miteigentumsanteile soll es künftig auch ausreichen, wenn sich zwei Drittel jener Wohnungseigentümer, die mitstimmen, für den Beschl uss aussprechen und wenn diese mindestens ein Drittel der Miteigentumsanteile repräsentieren.
Das sei ein Paradigmenwechsel, sagt Tamerl: „Ein Hälfte-Eigentümer ist nicht mehr so dominierend.“Der Vorteil dabei: Ein Beschluss kann nicht mehr so leicht bloß dadurch blockiert werden, dass zu wenige Wohnungseigentümer an der Abstimmung teilnehmen.
Martin Prunbauer, Rechtsanwalt und Präsident des Haus- und Grundbesitzerbundes, weis t jedoch auf Schattenseiten der Neuregelung hin: Eine Minderheit könnte dann Maßnahmen forcieren, „die viel Geld kosten , sich aber im Großen und Ganzen als unwirtschaftlich erweisen und zu überhöhten Zahlungen der Eigentümergemeinschaft führen“. Werde dann auch noch der Abschluss eines Hauskredites abgelehnt, „sind Eigentümer, die diese zusätzlichen Kostenbelastungen nicht stemmen können, gezwungen zu verkaufen“. Das könne Ältere betreffen, die nicht mehr so leicht einen Bankkredit bekommen, aber etwa auch junge Familien, die ihren Kreditrahmen beim Wohnungskauf ausgeschöpft haben. Wohnen im Eigentu m werde für sie dann unerschwinglich.
Betroffenen müsst e zumindest die Möglichkeit eingeräumt werden, selbst einen Hauskredit zu beantragen, meint Prunbauer. Nachsatz: Ein Hauskredit könnte dann womöglich auch die Anhebung der Reparaturrücklage überflüssi g machen: Diese muss nämlich – von Ausnahmen abgesehen – künftig mindestens 90 Cent pro Quadratmeter Nutzfläche und Monat betragen, das ist die dritte wesentliche Neuregelung im Zuge der Novelle. Das soll, wie auch die neuen Beschlussquoren, ab Juli 2022 gelten und wird in vielen Fällen die monatlichen Kosten erhöhen. Mit der ersten Anpassung an den Verbraucherpreisindex – sprich Erhöhung – ist schon 2024 zu rechnen.