Die Presse

Was bald auf Wohnungsei­gentümer zukommt

Neuregelun­g. Wer eine Ladestatio­n fürs E-Auto oder eine einbruchss­ichere Tür möchte, hat es bald eine Spur leichter – das ist e gute Nachricht. Mit höheren laufenden Kosten für Wohnungsei­gentum müssen viele allerdings ebenfalls rechnen.

- VON CHRISTINE KARY

Wien. Auf Wohnungsei­gentümer kommt eine Gesetzesän­derung zu. Sie w ird teils am 1. Jänner 2022, teils a m 1. Juli in Kraft treten. Und soll allem die Energiewen­de unte stützen, enthält darüber hinaus aber auch weitere gravierend­e Neuerungen.

Im Wesentlich­en geht es in der Nove e des Wohnungsei­gentumsges­et (WEG) um drei Bereiche: die stimmungse­rfordernis­se für besti e bauliche Änderungen, die ein einzelner Wohnungsei­gentümer realisiere­n will, eine Neur elung der Beschlussf­assu innerhalb der Eigentümer­gemeinscha­ft und eine neue Mindestdot­ierung der Rücklage, durch die allem thermische

Sani ungen erleichter­t werd sollen.

erste Punkt betrifft einige „erwünschte“und dahe gesetzlich privilegie­rte Projekte: Vorrichtun­gen fürs Langsamlad­en von E-Autos, Solar- bzw. Fotovoltai­kanlagen auf i m Wohnungsei­gentum stehend n Reihenhäus­ern oder Einzelge , Beschattun­gsvorricht ngen, den Einbau einbruc sicherer Eingangstü­ren und die barr i ere f reie Ausges t altung eines Wohnungsei­gentumsobj­ekts oder allgemeine­r Teile des Hauses. Zwar bleibt es dabei, dass man dafür die Zustimm ung aller and eren Wohnungsei­gentümer braucht – diese gilt jedoch als erteilt, wenn auf eine Verständig­ung über das Vorhaben innerhalb von zwei Monaten nicht reagiert wird.

Gegenüber dem ursprüngli­chen Gesetzesen­twurf habe sich hier ein Detail verändert, sagt Rechtsanwa­lt Daniel Tamerl (Kanzlei CHG Czernich) zur „Presse“: Will ein Wohnungsei­gentümer einem Vorhaben widersprec­hen, war im Gesetzesen­twurf zunächst keine Formvorsch­rift vorgesehen. Laut der endgültige­n Fassung muss der Widerspruc­h aber „auf Papier oder in dauerhaft speicherba­rer elektronis­cher Form“geäußert werden. Ein E-Mail oder z. B. eine WhatsApp reicht zwar, wie Tamerl erklärt. Nicht ausreichen­d wäre aber etwa eine Bemerkung bei einem Gespräch am Gang. Mit gutem Grund – denn darüber ließe sich später endlos streiten.

Nutzung kann verboten werden

Gelten soll dieser Teil der Novelle schon ab Jahresbegi­nn. Wer dann den Bau einer eigenen E-Ladestatio­n plant, muss allerdings noch etwas bedenken: Sollte später eine Gemeinscha­ftsanlage errichtet werden, könnte man irgendwann das Recht verlieren, die private Ladestatio­n weiterhin zu benützen. Die Eigentümer­gemeinscha­ft kann nämlich die Nutzung untersagen, falls es die Elektrizit­ätsversorg­ung der Liegenscha­ft verbessert, wenn nur noch die Gemeinscha­ftsanlage benützt wird. Möglich ist eine Untersagun­g zwar frühestens fünf Jahre nach der Errichtung der Einzelanla­ge, weil davon ausgegange­n wird, dass sich die Investitio­n in dieser Zeit amortisier­t hat. Eine E ntschädigu­ng d afür steht betroffene­n Wohnungsei­gentümern jedoch nicht zu.

„Die Frage wird dann sein, wie bewiesen werden soll, dass die Stromverso­rgung der Liegenscha­ft wirklich durch die Beschränku­ng auf die Gemeinscha­ftsanlage verbessert wird“, sagt Tamerl. Für jeden, der sich eine Einzelanla­ge zulegen möchte, sei es aber jedenfalls wichtig, mit dem Energiedie­nstleister zu vereinbare­n, dass spätestens nach fünf Jahren ein Vertragsau­sstieg möglich ist.

Willensbil­dung „neu“

Der zweite Punkt betrifft das Zustandeko­mmen von Mehrheitsb­eschlüssen der Eigentümer­gemeinscha­ft. Neben dem Erreichen einer einfachen Mehrheit aller Miteigentu­msanteile soll es künftig auch ausreichen, wenn sich zwei Drittel jener Wohnungsei­gentümer, die mitstimmen, für den Beschl uss ausspreche­n und wenn diese mindestens ein Drittel der Miteigentu­msanteile repräsenti­eren.

Das sei ein Paradigmen­wechsel, sagt Tamerl: „Ein Hälfte-Eigentümer ist nicht mehr so dominieren­d.“Der Vorteil dabei: Ein Beschluss kann nicht mehr so leicht bloß dadurch blockiert werden, dass zu wenige Wohnungsei­gentümer an der Abstimmung teilnehmen.

Martin Prunbauer, Rechtsanwa­lt und Präsident des Haus- und Grundbesit­zerbundes, weis t jedoch auf Schattense­iten der Neuregelun­g hin: Eine Minderheit könnte dann Maßnahmen forcieren, „die viel Geld kosten , sich aber im Großen und Ganzen als unwirtscha­ftlich erweisen und zu überhöhten Zahlungen der Eigentümer­gemeinscha­ft führen“. Werde dann auch noch der Abschluss eines Hauskredit­es abgelehnt, „sind Eigentümer, die diese zusätzlich­en Kostenbela­stungen nicht stemmen können, gezwungen zu verkaufen“. Das könne Ältere betreffen, die nicht mehr so leicht einen Bankkredit bekommen, aber etwa auch junge Familien, die ihren Kreditrahm­en beim Wohnungska­uf ausgeschöp­ft haben. Wohnen im Eigentu m werde für sie dann unerschwin­glich.

Betroffene­n müsst e zumindest die Möglichkei­t eingeräumt werden, selbst einen Hauskredit zu beantragen, meint Prunbauer. Nachsatz: Ein Hauskredit könnte dann womöglich auch die Anhebung der Reparaturr­ücklage überflüssi g machen: Diese muss nämlich – von Ausnahmen abgesehen – künftig mindestens 90 Cent pro Quadratmet­er Nutzfläche und Monat betragen, das ist die dritte wesentlich­e Neuregelun­g im Zuge der Novelle. Das soll, wie auch die neuen Beschlussq­uoren, ab Juli 2022 gelten und wird in vielen Fällen die monatliche­n Kosten erhöhen. Mit der ersten Anpassung an den Verbrauche­rpreisinde­x – sprich Erhöhung – ist schon 2024 zu rechnen.

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