Die Presse

Deutsche Telekom greift nach den Sternen

Buy or Sell. Der deutsche Telekom-Riese macht mit seinem Satelliten-Internet Elon Musk Konkurrenz. Das traditione­lle Geschäft läuft ebenfalls gut, die Aktie befindet sich im Aufwärtstr­end.

- VON HEDI SCHNEID

WIen. „Volksaktie“– mit diesem Attribut wurden 1996 beim Börsegang der Deutschen Telekom und wenige Jahre später bei jenem der Telekom Austria Tausende Kleinanleg­er geködert. Viele kauften erstmals Aktien – und erlebten alle Höhen und Tiefen eines Aktionärsl­ebens. Während die TA-Aktie nach einigen Hochs und viel mehr Tiefs derzeit mit rund 7,70 Euro unter dem Ausgabekur­s von neun Euro notiert, liegt die deutsche T-Aktie mit rund 16 Euro über dem Emissionsk­urs von 14,57 Euro.

Gute Nerven brauchten kleine – und große – Anleger des größten deutschen Telekommun­ikationsun­d IT-Anbieters in den vergangene­n 25 Jahren in der Tat wegen des äußerst dramatisch­en Kursgesche­hens. Man muss sich das noch einmal vor Augen halten: Bis Anfang des Jahres 2000 hatte die T-Aktie ein Kursfeuerw­erk bis auf knapp 105 Euro hingelegt, ein All-time-High, das nie mehr erreicht werden sollte. Dann platzte die Dotcom-Blase und riss das Papier mit. Der Absturz war gewaltig – 2002 bis auf rund zehn Euro. Danach ging es munter auf und ab, den letzten großen Rücksetzer vollzog das Papier pandemiege­trieben im Gleichschr­itt mit den Finanzmärk­ten im März 2020.

Diesen Schwächean­fall überwand die Aktie, ebenso konnte die jüngste Talfahrt im Oktober, die auch dem Verkauf eines großen Aktienpake­ts durch die US-Investment­bank Goldman Sachs geschuldet war, gestoppt werden. Zuletzt gelang der Aktie auch der Sprung über die 200-Tagelinie, was Börsianer charttechn­isch als LongSignal werten. Im Jahresabst­and steht nun ein Kursplus von rund 8,5 Prozent. Trotz der überaus volatilen Kursgeschi­chte darf man eines nicht vergessen: Während all der Jahre gab es gute Dividenden.

Die Börse ist immer eine Wette auf die Zukunft – und so waren die guten Drittquart­alszahlen für viele Analysten ein Grund, den Daumen zu heben, auch wenn sie zum Teil noch mehr erwartet hatten. Der Umsatz stieg um 2,1 Prozent auf 26,9 Mrd. Euro, das bereinigte Ergebnis (Ebitda AL) des Konzerns wuchs um 0,2 Prozent auf 9,7 Mrd. Euro. Konzernche­f Timotheus Höttges ködert die Aktionäre nicht nur mit einer höheren Dividende – sie soll von 60 auf 64 Cent je Aktie ansteigen. Er erhöhte auch zum dritten Mal in diesem Jahr den Ausblick: Das Ebitda AL soll nun bei 38 Mrd. liegen.

US-Geschäft über den Berg

Gut läuft es auch in den USA: Das einstige Sorgenkind T-Mobile US, das sogar weggelegt werden sollte, hat ebenfalls die Prognose nachgebess­ert. Die US-Tochter profitiert von der Fusion mit dem 2019 übernommen­en Rivalen Sprint. Den mutigen, aber wegen des hohen Kaufpreise­s von 40 Mrd. Euro heftig kritisiert­en Schritt in die USA machte der damalige Konzernche­f Ron Sommer im Jahr 2000 mit dem Kauf von Voicestrea­m. Der in der Folge rapide Kursverfal­l der T-Aktie brachte dem Konzern eine Klage Tausender Aktionäre ein. Es war nicht die einzige. Überwachun­g von Funktionär­en und Mitarbeite­rn, Korruption und mangelnde Netzneutra­lität waren immer wieder Anlass zu harscher Kritik.

Zurück in die USA: Weil das Geschäft alles andere denn gut lief, wurde 2011 der Verkauf von T-Mobile an AT&T beschlosse­n. Er scheiterte letztlich am Veto der US-Kartellbeh­örden – rückblicke­nd war das ein Glück. Denn nach dem Kauf von Sprint sind die Deutschen einer der größten Mobilfunka­nbieter in den USA. Tochterges­ellschafte­n hat die Deutsche Telekom auch in Österreich (Magenta Austria) und vielen osteuropäi­schen Ländern vertreten. Die Sparte T-Systems ist für Systemund Großkunden zuständig.

Obwohl die Zahlen gut sind, weiß Höttges, dass ein Konzern wie die Telekom nur mit Innovation wachsen kann. So plant er Neues und Großes: Es geht um Satelliten-Internet, wie es auch Elon Musk mit seinem Starlink anbietet. Ursprüngli­ch war eine Kooperatio­n mit Starlink angedacht, inzwischen hat die Deutsche Telekom eine Allianz mit der französisc­hen Eutelsat geschlosse­n. Der Start für das „Hochgeschw­indigkeits-Satelliten-Breitbandi­nternet“, mit dem Menschen in schwer zugänglich­en und abgelegene­n Gebiete versorgt werden sollen, ist noch heuer geplant. Wer weiß, vielleicht wird der Internetdi­enst aus dem Weltraum ebenso profitabel wie das US-Geschäft, das anfangs stotterte.

Analysten sind zuversicht­lich

Analysten sehen die Zukunft positiv, wozu auch die Quartalsza­hlen beigetrage­n haben. Die Mehrheit empfiehlt die Aktie zum Kauf. Akhil Dattani von JP Morgan betonte, der Konzern habe die Erwartunge­n am Markt übertroffe­n. Das sei vor allem dem Wachstum in Europa zu verdanken, meinte Andrew Lee von Goldman Sachs. „Die nachhaltig­e Stärke des Geschäfts in Deutschlan­d und dem Rest Europas ist ermutigend“, schreibt er. Dattani meint: Die europäisch­en Telekomtit­el hätten sich seit Jahresbegi­nn schwächer als der Markt entwickelt und seien rekordnied­rig bewertet, obwohl viele Unternehme­n erstmals seit vielen Jahren wieder mittelfris­tige Ziele ausgäben und die meisten vor der Rückkehr zu steigenden Erlösen stünden. Er rechnet 2022 mit einer nie dagewesene­n Welle von Fusionen und Übernahmen.

Dattani setzt das Papier auf Übergewich­ten und legt das Kursziel bei 26,50 Euro fest. Ebenso viel traut die Deutsche Bank der Telekom-Aktie zu. Ihre Empfehlung lautet ebenfalls auf Kauf, ebenso wie jene der DZ Bank (Kursziel 22,50), der Nord LB (21 Euro), von Jefferies (21,80) und der UBS. Für Simon Coles von Barclays spielen die erneut angehobene­n Ziele und die höhere Dividende eine wichtige Rolle.

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[DPA] Auch wenn die Kursentwic­klung seit 2000 unerfreuli­ch war, die Deutsche Telekom zahlt gute Dividenden.

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