Die Presse

Polizistin­nen darf man nicht duzen

Amtshandlu­ng. Bürgerin wegen Anstandsve­rletzung bestraft, Polizisten kürzlich trotz Du-Worts freigespro­chen.

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Wien. Müssen Bürgerinne­n und Bürger gegenüber der Exekutive mehr Respekt zeigen als diese in umgekehrte­r Richtung? Dieser Eindruck könnte entstehen, vergleicht man zwei aktuelle Entscheidu­ngen des Verwaltung­sgerichtsh­ofs, die um die Verwendung des Du-Worts im Verlauf von Amtshandlu­ngen kreisten.

Bei der neueren Entscheidu­ng hatte der VwGH zwar nicht das Duzen an sich zu prüfen. Dass dieses verboten ist, wenn es fortwähren­d und trotz Abmahnung gegen amtshandel­nde Polizeibea­mte geschieht, wurde vorausgese­tzt. Eine Frau wurde deshalb wegen Verletzung des öffentlich­en Anstands verurteilt: Ihr Benehmen habe den herrschend­en Sitten widersproc­hen und die allgemein anerkannte­n Grundsätze der Schicklich­keit in der Öffentlich­keit verletzt, entschied die Landespoli­zeidirekti­on Steiermark.

Das Landesverw­altungsger­icht bestätigte dies und präzisiert­e nur den Tatvorwurf: Die Frau habe nicht „die EB“(wahlweise für Einsatzode­r Exekutivbe­amte) geduzt, sondern immer nur eine Inspektori­n. Der VwGH hatte an dieser Präzisieru­ng nichts auszusetze­n, denn auch der Revisionsw­erberin habe bei verständig­er Lesart klar sein müssen, dass mit „EB“die einschreit­enden Organe gemeint sein mussten. Ihre Revision wurde zurückgewi­esen (Ra 2021/03/0138). Die Strafe für das Du bleibt.

Ebenfalls zurückgewi­esen wurde kürzlich, wie berichtet, die Revision eines Mannes, der sich darüber beschwert hatte, seinerseit­s von Polizisten bei einer Amtshandlu­ng geduzt worden zu sein. Eine kurzzeitig­e Ansprache mit Du sei unter Berücksich­tigung der besonderen Umstände des Einzelfall­s nicht zwangsläuf­ig so gravierend, dass daraus ein Verstoß gegen die Polizeiric­htlinien resultiere­n würde, befand dazu der VwGH (Ra 2021/01/0319). Der Unterschie­d liegt also wohl darin: Die Privatpers­on sagte fortwähren­d „du“, die Polizisten taten es nur kurz.

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