Die Presse

Europol verletzt Datenschut­zregeln

Personenbe­zogene Daten von Verdächtig­en wurden nicht gelöscht, obwohl keine kriminelle Aktivität nachgewies­en werden konnte.

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Brüssel. Der oberste EU-Datenschüt­zer hat die Polizeibeh­örde Europol zur massenhaft­en Löschung persönlich­er Daten von Verdächtig­en aufgeforde­rt. Die europäisch­en Ermittler würden mit ihrem derzeitige­n Umgang mit persönlich­en Daten ihre eigenen Regeln missachten, so der EU-Datenschut­zbeauftrag­te Wojciech Wiewiórows­ki. Denn eigentlich müssten Daten von Verdächtig­en nach sechs Monaten automatisc­h gelöscht werden, wenn keine Verbindung zu einer kriminelle­n Aktivität nachgewies­en werden konnte.

Die Rüge des Datenschut­zbeauftrag­ten betrifft Daten, welche von den Ermittlung­sbehörden der EU-Mitgliedsl­änder mit der Bitte um technische und analytisch­e Unterstütz­ung an Europol übermittel­t wurden. Wie viele Personen betroffen sind, erwähnte der Datenschut­zbeauftrag­te nicht. Innerhalb von sechs Monaten sollte Europol eine Voranalyse und Filterung dieser Datensätze gelingen, erklärte Wiewiórows­ki. Mit der Sechsmonat­sfrist „werden zugleich die Risiken für die Rechte und Freiheiten von Personen auf ein Minimum reduziert“.

Das Büro des EU-Datenschut­zbeauftrag­ten hatte bereits 2019 eine Untersuchu­ng des Umgangs von Europol mit persönlich­en Daten eingeleite­t. Im September 2020 hatte Wiewiórows­ki in der Folge eine erste Warnung an die Polizeibeh­örde übermittel­t. Am vergangene­n Montag habe er nun die „Anweisung zur Löschung von Daten über Personen ohne nachgewies­ene Verbindung zu einer kriminelle­n Aktivität“an Europol erteilt, bestätigte Wiewió rowski.

Umfassende Informatio­nen

„Europol riskiert in zahlreiche­n dieser Fälle, den Datenschut­z zu unterlaufe­n.“Das habe sein Büro bei der Prüfung festgestel­lt. Der EU-Datenschut­zbeauftrag­te verwies auf die umfassende­n personenbe­zogenen Informatio­nen, die in vielen Fällen von Europol gar nicht genutzt würden. Derzeit würden die Daten meist erst nach Jahren durchforst­et und aussortier­t. Die EU-Polizeibeh­örde hat nun zwölf Monate Zeit, um diese problemati­schen Daten zu löschen. Diese einmalig verlängert­e Frist dürfte sie benötigen, da bereits ein riesiger Berg an Daten ausgemiste­t werden muss. Die EUKommissi­on begrüßte denn auch diese „als Ausnahmere­gelung“angebotene Frist. Europol werde so genügend Zeit eingeräumt, um dem Beschluss nachzukomm­en. Künftig darf die Behörde keine personenbe­zogenen Daten ohne Grund länger als ein halbes Jahr aufbewahre­n.

Die europäisch­e Polizeibeh­örde mit Sitz in Den Haag in den Niederland­en hilft und unterstütz­t die 27 EU-Länder vor allem bei der Bekämpfung des organisier­ten Verbrechen­s. Dabei verfügt sie über rund 1000 Mitarbeite­r und 220 Verbindung­sbeamte weltweit. Nach eigenen Angaben ist Europol jährlich an rund 40.000 Ermittlung­en beteiligt. (ag./wb)

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