Delivery Hero: Bald schwarze Zahlen
Nach Jahren voller Verluste will der deutsche Konzern beim Essensliefergeschäft schon heuer die Gewinnschwelle erreichen.
Berlin. Der Essenslieferdienst Delivery Hero will nach Jahren anhaltender Verluste die Kehrtwende einläuten. „Wir wollen 2023 in einer Position sein, um die Gewinnschwelle auf Konzernebene knacken zu können“, sagte Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir wollen nicht mehr von Investoren abhängig sein und Kapital aufnehmen müssen“, fügte er hinzu. Einige Fakten sind bereits geschaffen: Delivery Hero hat den kurzen und teuren Ausflug auf den deutschen Markt schnell wieder beendet, will das JapanGeschäft veräußern und zudem die Rappi-Beteiligung zu Geld machen.
Das Essensliefergeschäft soll die Gewinnschwelle auf Basis eines bereinigten Betriebsergebnisses (Ebitda) bereits in diesem Jahr erreichen. Für das vierte Quartal wird mit einem bereinigten Ebitda zwischen null und 100 Millionen Euro gerechnet. Dafür will Östberg an einigen Stellschrauben wie den Liefergebühren drehen.
Begeisterung bei Aktionären
Der Aktienmarkt feierte gestern die neuen Ambitionen. Die Papiere von Delivery Hero führten im Tagesverlauf mit einem Plus von bis zu 9,3 Prozent die DaxSpitze an und lagen am Nachmittag immer noch mit über fünf Prozent im grünen Bereich.
Der weltweit tätige und in Berlin ansässige Konzern ist in der Coronapandemie rasant gewachsen, schreibt aber angesichts umfangreicher Investitionen – unter anderem in den teuren Ausbau des Geschäfts mit Lieferungen von Supermarktartikeln – tiefrote Zahlen. Allein 2020 fiel ein bereinigter Betriebsverlust von 568 Millionen Euro an – nach 431 Millionen Euro im Jahr 2019. Auch für das vergangene Jahr wird mit einem Minus gerechnet. Mehr Einblick will Delivery Hero am 10. Februar geben.
Obwohl das noch junge – Quick Commerce genannte – Liefergeschäft rasant wächst, liegt der Fokus weiterhin auf der Auslieferung von Restaurantmahlzeiten. „Gemessen am letzten Quartalsbericht machen Essenslieferungen rund 90 Prozent unseres Geschäfts aus“, sagte Östberg. Im laufenden Quartal soll nun der Höhepunkt der Quick-Commerce-Ausgaben – beispielsweise für neue Lager und das Marketing – erreicht werden. Danach sollen die Kosten langsam sinken, verspricht der Lieferando-Konkurrent.
Zukäufe unwahrscheinlich
Für Östberg spielt der hart umkämpfte Quick-CommerceMarkt, in dem sich auch Startups wie Getir, Flink und Gorillas tummeln, eine „entscheidende Rolle“. „Unsere Kunden sollen nicht abwandern, weil sie bei uns bestimmte Dinge nicht bestellen können“, sagte Östberg, der Delivery Hero 2011 mitgegründet hatte.
Nach der jüngsten Übernahme des spanischen Konkurrenten Glovo gibt sich Östberg bei weiteren Zukäufen zurückhaltend. „Wir benötigen keine Akquisitionen. Wenn der Preis richtig ist, werden wir Zukäufe prüfen. Da jede größere Übernahme für uns allerdings verwässernd wäre, ist es sehr unwahrscheinlich.“
Delivery Hero hat sich in der Vergangenheit immer wieder an Konkurrenten wie Zomato, Rappi, Deliveroo und auch dem Startup Gorillas beteiligt. Die RappiInvestition will Östberg nach und nach losschlagen. Bezüglich des britischen Konkurrenten Deliveroo, an dem Delivery Hero rund fünf Prozent hält, bleibt Östberg weiterhin in der Deckung: „Wir haben immer einen Plan, wenn wir investieren.“(Reuters/est)