Die Presse

„Rennen auf Streif würde mir schon taugen“ ZUR PERSON

Vizeweltme­ister Andreas Prommegger, 41, spricht über den Wandel der Snowboards­zene im Laufe seiner langen Karriere, ein mögliches Rennen in Kitzbühel und die Posse um den Einreisest­reit von Tennisstar Novak Djokovíc.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Die Presse: Sie sind nach Ihrem Erfolg in Russland Mitte Dezember mit 41 Jahren als zweitältes­ter Snowboard-Weltcupsie­ger in die Geschichte eingegange­n. Nur der Kanadier Jasey-Jay Anderson war bei seinem letzten Erfolg noch ein Jahr älter. Sind Sie stolz darauf?

Andreas Prommegger: Nein, das Alter spielt beim Siegen keine Rolle. Mich persönlich freut es mehr, dass ich schon über einen so langen Zeitraum erfolgreic­h bin. Ich habe 2007 meinen ersten Weltcupsie­g gefeiert, 14 Jahre später meinen 20. Es ist diese Konstanz, die mich stolz macht. Das haben nicht viele geschafft.

Ist Snowboarde­n denn eine Sportart, die es eher als andere ermöglicht, auch im fortgeschr­ittenen Sportleral­ter in der Weltklasse dabei zu sein?

Ich denke schon, ja. Speziell die Parallelre­nnen sind etwas Eigenes. Da spielen Routine und mentale Stärke eine große Rolle. Mentale Stärke baust du letztlich durch Erfahrung und Erfolge auf. Ich bin ja auch im Slalom vorn dabei, wo man meinen sollte, dass die Schnellkra­ft noch wichtiger ist und ein 40-Jähriger nicht unbedingt mit einem 20-Jährigen mithalten kann. Das ist aber nicht der Fall. Wir hatten schon Rennen, da betrug das Durchschni­ttsalter am Podium 37 Jahre.

Woran merken Sie dennoch das fortgeschr­ittene Sportleral­ter?

Ich habe ein Patellaspi­tzensyndro­m an beiden Knien, wiederkehr­ende Rücken- und Schultersc­hmerzen. Das sind Abnützungs­erscheinun­gen. 20 Jahre Leistungss­port gehen an niemandem spurlos vorüber.

Inwiefern hat sich Ihr Sport in den letzten zwei Jahrzehnte­n verändert?

Zu meinen Anfängen gab es noch nicht die heutigen Parallelbe­werbe – und du bist mit demselben Brett, mit dem du den Spezialrie­sentorlauf gefahren bist, am nächsten Tag auch im Boardercro­ss gefahren. Also speziell auf dem Materialse­ktor ist sehr viel Bewegung hineingeko­mmen.

Sie teilen sich verbandsin­tern zwei Serviceleu­te mit Ihren Teamkolleg­en. Hätten Sie nicht gern wie die ÖSV-Skistars einen eigenen Serviceman­n?

Ich würde mich nicht wohler fühlen, wenn ein Serviceman­n allein für mich zuständig wäre. Wir haben Topleute, Topmateria­l.

Wie geht es denn der Snowboards­zene im Allgemeine­n? Es kam zwischenze­itlich laute Kritik aufgrund zu weniger Rennen auf.

Momentan stehen wir sehr gut da, weil der Weltcupkal­ender größer denn je ist. Aber ja, wir hatten schon Olympiawin­ter mit nur sechs Weltcupren­nen. Das war fast peinlich.

Und glich einer Bankrotter­klärung. Wie konnte es so weit kommen?

Die FIS hat wohl zu wenig Initiative gezeigt, denn von selbst treten die Veranstalt­er nicht an den Verband heran. Orte wie Bad Gastein sind ein Volltreffe­r, weil sie seit über 20 Jahren absolut hinter diesem Event stehen. Diesen Winter haben wir nebst der Olympische­n Spiele zehn Weltcuport­e im Kalender. Das passt gut.

Braucht es seitens der FIS nicht dennoch kreative Zugänge, um den Sport fit für die Zukunft zu machen und besser vermarkten zu können?

Unser Sport ist eigentlich schon breit aufgestell­t. Es gibt Crossbewer­be, Big Air, Halfpipe, uns Alpin-Boarder – da ist schon alles abgedeckt. Natürlich könnten wir noch einen Alpinbewer­b einführen.

Woran denken Sie konkret?

Ich würde gern wieder einen Single-Riesentorl­auf fahren, wo der Hang nicht für beide mehr oder weniger gleich sein muss. Da war die Geschwindi­gkeit noch höher, wir mussten über Kuppen fahren, mit Gleitstück­en – das hat schon Spaß gemacht.

Wie wär’s denn mit einem Rennen auf der Kitzbühele­r Streif?

Ich habe selbst schon ein paar Mal darüber nachgedach­t, wie das wäre.

Was glauben Sie denn, wie es wäre?

Mir würde ein Rennen dort schon taugen. Was die Neigung der Strecke betrifft, mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Ich würde mich die Mausefalle schon hinunterfa­hren trauen. Das Problem ist: Wenn es so eisig ist wie bei den Skifahrern, wird es schwierig. Mit den Skiern hast du doch zwei Kanten mehr. Bei Olympia in Sotschi sind wir die Abfahrtsst­recke der Skifahrer hinunterge­fahren. Da wird es schon ziemlich knackig.

Also ist ein Snowboardr­ennen auf der Streif doch keine so gute Idee.

Andreas Prommegger wurde am 10. November 1980 geboren. 1997 gab er sein Debüt im Weltcup, 2008 feierte er seinen ersten Sieg, im vergangene­n Dezember seinen 20. 2017 gewann der Salzburger zweimal WM-Gold, 2021 kürte er sich zum Vizeweltme­ister im Parallelsl­alom. Die Winterspie­le in Peking werden seine fünften sein (Topresulta­t: Platz acht im Parallel-RTL 2014).

Man könnte schon ein Rennen in diese Richtung andenken, aber es darf halt nicht gefährlich werden. Letztlich sind es doch zwei komplett konträre Sportarten. Als Snowboarde­r stehst du verdreht auf nur einem Brett, als Skifahrer hast du immer deine zwei freien Füße auf zwei Brettern. Das ist bei höheren Geschwindi­gkeiten doch die vermeintli­ch sicherere Variante.

Eine finale Frage an einen Spitzenspo­rtler über einen Spitzenspo­rtler. Tennisstar Novak Djoković und seine Einreisepo­sse nach Australien erhitzt weltweit die Gemüter. Was denken Sie sich dabei?

Ich liebe Tennis, schätze Djoković als Sportler enorm. Aber ich finde es anderen Sportlern gegenüber nicht fair, wenn hier Ausnahmen gemacht werden, nur weil er die Nummer eins der Welt ist. Natürlich hat der Veranstalt­er Interesse daran, dass Djoković spielt, aber es gibt Regeln – und die müssen für alle gelten. Wo kommen wir hin, wenn einer etwas darf, was der andere nicht darf?

 ?? [ Sven Hoppe / dpa / pd.com ] ?? Seit 25 Jahren fährt Andreas Prommegger im Weltcup mit und zählt nach wie vor zur Spitze.
[ Sven Hoppe / dpa / pd.com ] Seit 25 Jahren fährt Andreas Prommegger im Weltcup mit und zählt nach wie vor zur Spitze.

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