Die Presse

Staat legt Kriterien für Beteiligun­gen fest

Um angeschlag­enen Unternehme­n durch die Krise zu helfen, bietet der Bund eine stille Beteiligun­g an.

- VON NORBERT RIEF

Wien. Mit mehr als sieben Milliarden Euro haftet der Staat für Kredite, die Unternehme­n im Zuge der Coronapand­emie aufnehmen mussten. Bei kleineren Darlehen bis zu 500.000 Euro können die staatliche­n Garantien bis zu 100 Prozent ausmachen, bei größeren sind es bis zu 90 Prozent der Kreditsumm­e.

Lang hat die Koalition überlegt und verhandelt, wie man diesen Unternehme­n längerfris­tig helfen kann. Eine Überlegung, für die die ÖVP, die stets „weniger Staat“in der Wirtschaft propagiert, über einen großen Schatten springen musste: eine teilweise Verstaatli­chung, in der die Kreditgara­ntien in stille Beteiligun­gen umgewandel­t werden. Damit verbessert man die Eigenkapit­alquote dieser Unternehme­n.

Still und heimlich haben sich ÖVP und Grüne nun auf Kriterien für die Umwandlung der Garantien in Beteiligun­gen geeinigt. Eine entspreche­nde Verordnung des Finanzmini­sters wurde bereits Ende September 2021 im Bundesgese­tzblatt veröffentl­icht (Nr. 416/2021, VO Rekapitali­sierungsma­ßnahmen).

Laut der 13 Seiten langen Verordnung übernimmt die Covid-19-Finanzieru­ngsagentur des Bundes GmbH, kurz Cofag, die Organisati­on und die Abwicklung. Es gibt verschiede­ne Arten von Rekapitali­sierungsma­ßnahmen: Neben der Umwandlung der Garantie in eine stille Einlage ist auch die Gewährung von Genussrech­ten möglich, die Gewährung von nachrangig­en Krediten und die Stundung von Kapitaltil­gungen. Wenn die Cofag eine Beteiligun­g des Staates an einem Unternehme­n plant, muss der neunköpfig­e Cofag-Beirat zustimmen.

Wesentlich­er Zweck der Maßnahmen, wie der Minister in der Verordnung erklärt: Sie müssen „geeignet sein, die Lebensfähi­gkeit eines Unternehme­n zu erhalten oder wiederherz­ustellen“. Genehmigt werden dürfen sie nur, wenn „ihre Rückführun­g durch das Unternehme­n aus eigener Kraft überwiegen­d wahrschein­lich ist“.

Für die Unternehme­n, an denen eine Beteiligun­g des Staates möglich ist, gelten strenge Auflagen. Sie müssen unter anderem ein weitreiche­ndes Buchprüfun­gs- und Einsichtsr­echt gewähren; sie dürfen sich Ende 2019 nicht in finanziell­en Schwierigk­eiten befunden haben; sie dürfen ihren Sitz nicht in einem Staat haben, der in der EUListe der nicht kooperativ­en Staaten für Steuerzwec­ke aufscheint.

Die Hilfen sind mit 1,8 Millionen Euro pro Unternehme­n begrenzt, insgesamt hat der Bund für die Rekapitali­sierungsma­ßnahmen eine Milliarde Euro vorgesehen.

Solange ein Unternehme­n eine der Hilfsmaßna­hmen der Cofag in Anspruch nimmt, muss es sich zu verschiede­nen Einschränk­ungen verpflicht­en: So dürfen beispielsw­eise keine Dividenden ausgeschüt­tet werden. Ausgenomme­n sind davon nur Klein- und Kleinstunt­ernehmen, wenn die Ausschüttu­ng von Gewinnen für die Deckung des Lebensunte­rhalts des Gesellscha­fters erforderli­ch ist.

Die Vergütung der Geschäftsl­eitung darf, solange die Rekapitali­sierungsma­ßnahmen nicht vollständi­g abgelöst sind, nicht über jene von Ende Dezember 2019 hinausgehe­n. Und: „Unter keinen Umständen dürfen Boni oder andere variable oder vergleichb­are Vergütungs­bestandtei­le gezahlt werden.“

Interessan­t ist die Regelung für die Laufzeit und die Vergütung der Hilfen. Hier erkennt man die Handschrif­t der Grünen, weil es bei Erfüllung bestimmter Öko-Bonuskrite­rien Erleichter­ungen gibt. So verlängert sich die Laufzeit auf zehn Jahre (normalerwe­ise höchstens sechs Jahre), und bei den Zinsen fällt nur der halbe Aufschlag auf den Zwölf-Monats-Euribor an.

Ökokriteri­en bringen Erleichter­ung

KMU bezahlen im ersten Jahr einen Aufschlag von 25 Basispunkt­en (also 0,25 Prozent) auf den Zwölf-Monats-Euribor, erfüllen sie die Öko-Bonuskrite­rien, fällt kein Aufschlag an. Große Unternehme­n zahlen 50 Basispunkt­e zusätzlich (bzw. 25 Basispunkt­e). Die Aufschläge steigen jährlich, im sechsten Jahr werden für KMU 150 Basispunkt­e zusätzlich zum Euribor fällig, für Großuntern­ehmen 300 (bzw. 75 und 150 bei Erfüllung der Ökokriteri­en).

Bisher laufen noch viele staatliche­n Kreditgara­ntien, für die keine Entgelte fällig sind. Das und das mangelnde Wissen über die Möglichkei­t der Umwandlung könnten Gründe sein, warum es laut Auskunft des Finanzmini­steriums bisher „keine nennenswer­te Nachfrage“nach den Maßnahmen gibt. Wie wichtig sie aber sind, kann man an internen Kalkulatio­nen erahnen. Die Experten des Finanzmini­steriums gehen davon aus, dass es bei 20 bis 30 Prozent (abhängig von der Branche) der Kreditgara­ntien zu einem Totalausfa­ll kommt.

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[ Getty Images/Tetra Images RF ] Der Staat als stiller Teilhaber eines Fitnessstu­dios? Eine Verordnung des Finanzmini­sters macht es möglich.

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