Staat legt Kriterien für Beteiligungen fest
Um angeschlagenen Unternehmen durch die Krise zu helfen, bietet der Bund eine stille Beteiligung an.
Wien. Mit mehr als sieben Milliarden Euro haftet der Staat für Kredite, die Unternehmen im Zuge der Coronapandemie aufnehmen mussten. Bei kleineren Darlehen bis zu 500.000 Euro können die staatlichen Garantien bis zu 100 Prozent ausmachen, bei größeren sind es bis zu 90 Prozent der Kreditsumme.
Lang hat die Koalition überlegt und verhandelt, wie man diesen Unternehmen längerfristig helfen kann. Eine Überlegung, für die die ÖVP, die stets „weniger Staat“in der Wirtschaft propagiert, über einen großen Schatten springen musste: eine teilweise Verstaatlichung, in der die Kreditgarantien in stille Beteiligungen umgewandelt werden. Damit verbessert man die Eigenkapitalquote dieser Unternehmen.
Still und heimlich haben sich ÖVP und Grüne nun auf Kriterien für die Umwandlung der Garantien in Beteiligungen geeinigt. Eine entsprechende Verordnung des Finanzministers wurde bereits Ende September 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (Nr. 416/2021, VO Rekapitalisierungsmaßnahmen).
Laut der 13 Seiten langen Verordnung übernimmt die Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH, kurz Cofag, die Organisation und die Abwicklung. Es gibt verschiedene Arten von Rekapitalisierungsmaßnahmen: Neben der Umwandlung der Garantie in eine stille Einlage ist auch die Gewährung von Genussrechten möglich, die Gewährung von nachrangigen Krediten und die Stundung von Kapitaltilgungen. Wenn die Cofag eine Beteiligung des Staates an einem Unternehmen plant, muss der neunköpfige Cofag-Beirat zustimmen.
Wesentlicher Zweck der Maßnahmen, wie der Minister in der Verordnung erklärt: Sie müssen „geeignet sein, die Lebensfähigkeit eines Unternehmen zu erhalten oder wiederherzustellen“. Genehmigt werden dürfen sie nur, wenn „ihre Rückführung durch das Unternehmen aus eigener Kraft überwiegend wahrscheinlich ist“.
Für die Unternehmen, an denen eine Beteiligung des Staates möglich ist, gelten strenge Auflagen. Sie müssen unter anderem ein weitreichendes Buchprüfungs- und Einsichtsrecht gewähren; sie dürfen sich Ende 2019 nicht in finanziellen Schwierigkeiten befunden haben; sie dürfen ihren Sitz nicht in einem Staat haben, der in der EUListe der nicht kooperativen Staaten für Steuerzwecke aufscheint.
Die Hilfen sind mit 1,8 Millionen Euro pro Unternehmen begrenzt, insgesamt hat der Bund für die Rekapitalisierungsmaßnahmen eine Milliarde Euro vorgesehen.
Solange ein Unternehmen eine der Hilfsmaßnahmen der Cofag in Anspruch nimmt, muss es sich zu verschiedenen Einschränkungen verpflichten: So dürfen beispielsweise keine Dividenden ausgeschüttet werden. Ausgenommen sind davon nur Klein- und Kleinstunternehmen, wenn die Ausschüttung von Gewinnen für die Deckung des Lebensunterhalts des Gesellschafters erforderlich ist.
Die Vergütung der Geschäftsleitung darf, solange die Rekapitalisierungsmaßnahmen nicht vollständig abgelöst sind, nicht über jene von Ende Dezember 2019 hinausgehen. Und: „Unter keinen Umständen dürfen Boni oder andere variable oder vergleichbare Vergütungsbestandteile gezahlt werden.“
Interessant ist die Regelung für die Laufzeit und die Vergütung der Hilfen. Hier erkennt man die Handschrift der Grünen, weil es bei Erfüllung bestimmter Öko-Bonuskriterien Erleichterungen gibt. So verlängert sich die Laufzeit auf zehn Jahre (normalerweise höchstens sechs Jahre), und bei den Zinsen fällt nur der halbe Aufschlag auf den Zwölf-Monats-Euribor an.
Ökokriterien bringen Erleichterung
KMU bezahlen im ersten Jahr einen Aufschlag von 25 Basispunkten (also 0,25 Prozent) auf den Zwölf-Monats-Euribor, erfüllen sie die Öko-Bonuskriterien, fällt kein Aufschlag an. Große Unternehmen zahlen 50 Basispunkte zusätzlich (bzw. 25 Basispunkte). Die Aufschläge steigen jährlich, im sechsten Jahr werden für KMU 150 Basispunkte zusätzlich zum Euribor fällig, für Großunternehmen 300 (bzw. 75 und 150 bei Erfüllung der Ökokriterien).
Bisher laufen noch viele staatlichen Kreditgarantien, für die keine Entgelte fällig sind. Das und das mangelnde Wissen über die Möglichkeit der Umwandlung könnten Gründe sein, warum es laut Auskunft des Finanzministeriums bisher „keine nennenswerte Nachfrage“nach den Maßnahmen gibt. Wie wichtig sie aber sind, kann man an internen Kalkulationen erahnen. Die Experten des Finanzministeriums gehen davon aus, dass es bei 20 bis 30 Prozent (abhängig von der Branche) der Kreditgarantien zu einem Totalausfall kommt.