Die Presse

Der Unmut unter den Händlern wird lauter

Die Branche fordert eine raschere Auszahlung offener Entschädig­ungszahlun­gen.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER

Wien. Die Angst vieler Händler vor den 2-G-Kontrollen, die seit Dienstag verpflicht­en d sin d, war groß. Eine Überprüfun­g beim Geschäftse­ingang würde viele Kunden abschrecke­n, befürchtet­en die Handelsver­treter und warnten vor weiteren Umsatzverl­usten. Allein durch den Lockdown für Ungeimpfte, der seit Mitte November gilt, sei die Besucherfr­equenz um ein Viertel eingebroch­en. Mehr als zwei Millionen Menschen sind derzeit vom stationäre­n Handel ausgeschlo­ssen, von einem Normalbetr­ieb kön ne also keine Rede sein. Die neuen Kontrollen seien nun ein weiterer Dolchstoß, Kunden würden sich nachhaltig von den Geschäften abwenden.

Wie so oft zeichnet die Realität ein anderes Bild. Händler berichten gegenüber der „Presse“, dass die Kontrollen von allen Seiten gut aufgenomme­n werden. Die allermeist­en Kunden zeigen Verständni­s für das obligatori­sche Zeigen des Grünen Passes, die befürchtet­en Schlangen vor den Geschäften blieben aus.

„Problemati­sche Kunden dürfen ohnehin schon länger nicht mehr herei n“, sagt Ernst Mayr, Chef von Fussl Modestraße. Das reduziere Ärgernisse und mache den zusätzlich­en Aufwand für das kontrollie­rende Verkaufspe­rsonal in den meisten Fällen überschaub­ar. Kritik gab es aber am späten Zeitpunkt, zu dem die Politik die neuen Spielregel­n festgelegt hat. Die Verordnung zu den Kontrollen wurde erst am Montagaben­d veröffentl­icht – wenige Stunden, bevor diese umzusetzen waren.

Diese Vorgangswe­ise sorgt im Handel für enormen Ärger. Das Verständni­s gegenüber den neuen Auflagen schwindet, der Ton gegenüber den politisch Verantwort­lichen wird rauer. „Die gesamte Branche erfüllt seit Beginn der

Pandemie sämtliche Hygienevor­gaben“, sagt C&A-Österreich-Chef Norbert Scheele. „Im Gegenzug erwarten wir uns aber zumindest faire und treffsiche­re Entschädig­ungen.“

Branche wartet auf Hilfsgelde­r

Diese kommen mit Ausnahme der Kurzarbeit­sgelder aber offenbar kaum dort an, wo sie gebraucht werden, berichtete­n mehrere Händl erbeieinem­Pr essegesprä­ch am Mittwoch. Handelsver­bandChef Rainer Will fürchtet, dass angesichts der ausstehend­en Entschädig­ungszahlun­gen eine Insolvenzw­elle auf die Branc he zur ollt. Zieht man die Neueröffnu­ngen von den Schließung­en ab, hätten allein im Jahr 2020 mehr als 4000 Geschäfte schließen müssen. Das entspricht rund fünf Prozent der gesamten heimischen Handelslan­dschaft. Für 2021 gibt es noch keine genauen Daten, die Entwicklun­g dürfte aber anhalten.

„Wir haben keine Goldesel in den Filialen stehen. Selbst große Traditions­häuser existieren teils nur noch auf dem Papier“, so Will. Auf Fussl Modestraße treffe das nicht zu, sagt Geschäftsf­ührer Ernst Mayr. Die Ausfälle der vergangene­n beiden Jahre konnte der Kleiderhän­dler durch Rücklagen abfedern, für 2022 rechnet Mayr gar mit einem Umsatzplus von drei bis vier Prozent im Vergleich zu vor der Krise.

Im November und Dezember schrieb der Modehändle­r mit einem Umsatzrück­gang von 30 Prozent jedoch tiefrote Zahlen. Entschädig­ungsgelder werde er aber trotz Lockdown keine bekommen, weil er die Kriterien nicht erfülle, so Mayr. Sein Unternehme­n warte zudem immer noch auf Beihilfen aus der Zeit des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020. Insgesamt seien noch 2,7 Millionen Euro an beantragte­n Ausgleichs­zahlungen ausständig. Dem Modemanage­r schwinde inzwischen das Verständni­s für die langsame Abwicklung der zuständige­n Cofag-Finanzieru­ngsagentur. Die „leeren Versprechu­ngen der Politik“habe er mittlerwei­le satt.

Damit ist er nicht allein. Auch bei C&A warte man immer noch auf Hilfsgelde­r in Millionenh­öhe aus dem ersten Coronajahr. Das gelte vor allem für den Fixkostenz­uschuss 1 sowie den Verlusters­atz, erklärt Norbert Scheele.

Der Handelsver­band drängt auf eine rasche Auszahlung der Hilfsgelde­r und warnt vor einem „Financial Long Covid“für die gesamte Branche.

 ?? [ APA/Hans Punz ] ?? Die Polizei kontrollie­rt, ob die 2-G-Kontrollen durchgefüh­rt werden. In den allermeist­en Fällen war das bisher der Fall.
[ APA/Hans Punz ] Die Polizei kontrollie­rt, ob die 2-G-Kontrollen durchgefüh­rt werden. In den allermeist­en Fällen war das bisher der Fall.

Newspapers in German

Newspapers from Austria