Die Jagd nach einem Stück Klimt
NFT. Ein Kuss geht um die Welt: Das Belvedere verkauft eine digitale Kopie des KlimtGemäldes als NFT, und das internationale Echo ist groß.
Wien. Zum Valentinstag kann heuer ein Stück von Gustav Klimts weltberühmtem Gemälde „Der Kuss“verschenkt werden. Zwar nicht das Original, aber eine Kopie davon. Und das auch nur in digitaler Ausfertigung, als sogenanntes NFT. Möglich gemacht wird das vom Belvedere, und es ist damit das erste Kunsthaus in Österreich, das den Vorstoß in die virtuelle Welt wagt.
Die Frage nach dem Warum beantwortet Belvedere-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann mit einer Gegenfrage: „Warum nicht?“Das internationale Echo ist groß, er hat viele Medienanfragen erhalten, das nationale hält sich dafür in Grenzen, und seine Branchenkollegen reagieren relativ verhalten. Zahlen, wie viele Käufer sich auf die Interessentenliste haben setzen lassen, dürfen noch nicht veröffentlicht werden. Das Museum ist in staatlicher Hand, und das würde eine Wettbewerbsverzerrung bedeuten. Fix ist daher bloß: Das Duplikat des Gemäldes wird in 10.000 virtuelle Stücke geteilt, und jedes davon für 1850 Euro verkauft. Bei dem Betrag habe man sich an vergleichbaren Projekten orientiert, so Bergmann. Aber was kauft man mit dem Klimt-NFT eigentlich? Dafür muss man wissen, dass es unterschiedliche Arten von NFTs gibt: Welche Rechte der Käufer erhält, entscheidet der Verkäufer. Bei diesem Klimt-Gemälde wird lediglich eine Kopie des Bildes gestückelt und verkauft. Rechte erwirbt man damit keine, und genau genommen kann man sich im Belvedere auch nicht stolz davorstellen und erzählen, dass man ein
Zehntausendstel davon besitzt. Sobald der Hype abgeflacht ist, wird sich aber genau das ändern, ist sich Rechtsanwalt und Kryptoexperte Oliver Völkel sicher. Laut ihm bedeutet das aber nicht die Entwertung von NFTs, sondern dass sich Käufer in Zukunft Stücke mit mehr Rechten erwarten.
Ab März gibt es in Österreich eine Kryptosteuer, NFTs gelten nicht als Währung – da sie nicht austauschbar sind – und fallen damit nicht unter die Steuerpflicht.
Geburtsstunde der NFTs
NFT und ETH – das könnte der Beginn eines Rapsongs sein, aber dahinter versteckt sich die Basis des digitalen Kunstverkaufs, der gerade sehr en vogue ist. Die Stückelung des Bildes erfolgt in NFTs, also Non-Fungible Token. Und das ist auch schon die Besonderheit eines NFT: Es ist nicht austauschbar. Im Gegensatz zu einem Zehn-Euro-Schein, der – egal, welcher Schein genutzt wird – immer denselben Wert hat. Es gehört also viel Wissen und auch ein bisschen Glück dazu, zu beurteilen, ob sich das eigene NFT mit Gewinn weiterverkaufen lässt. ETH ist die Ethereum-Blockchain, auf welcher NFTs gespeichert sind. Denn Kryptowährungen basieren jeweils auf einer eigenen Blockchain. NFTs sind spezielle Blöcke in dieser Kette, die nicht für Überweisungen wie bei Währungen stehen, sondern für einen Wert, der einen Besitzer und ein bestimmtes digitales Objekt miteinander verknüpft. Sie sind somit eine digitale Darstellung eines Vermögenswertes.
Die aktuell bekannteste Handelsplattform ist OpenSea, deren Wert mittlerweile auf 13,3 Milliarden Dollar geschätzt wird. Der Kunstmarkt scheint prädestiniert für den Handel mit Spekulationsobjekten zu sein. Aber NFTs sind auch in der E-Sportund Gamingszene stark gefragt, erzählt Max J. Heinzle. Der Österreicher hat das Fintech 21finance in Liechtenstein gegründet. „Das wirtschaftliche Potenzial von NFTs ist weltweit enorm. Wir leben in Europa in einem relativ konservativen Umfeld, bei uns ticken die Uhren langsamer. Es hat Gründe, warum sich die meisten Blockchain-Projekte nicht in Zentraleuropa angesiedelt haben“, sagt Heinzle. Auch physische Güter wie Immobilien seien früher oder später mit NFTs handelbar.
Die größte Kritik an Krypto betrifft den massiven Energieverbrauch. Die EthereumBlockchain wird sich aber 2022 auf Proof of Stake verändern: Es werden damit keine neuen Mining-Aufgaben wie bei den Währungen gestellt, sondern die Ether-Münzen bleiben stattdessen gesperrt. Das reduziert den Energieverbrauch stark. „Bitcoin muss aktuell das sicherste Netzwerk sein, sonst funktioniert der Gedanke dahinter nicht mehr. Deshalb können sie sich nicht so schnell verändern und werden die nächste Stufe erst erreichen, wenn Ethereum erfolgreich umgestellt wurde“, erklärt Heinzle.
Und wie steht die Kunstszene zu dem Hype? Silvia Knödlstorfer verkauft ihre Animationsfilme und Malereien. Sie ist NFTs gegenüber offen, kennt aber niemanden aus der Kunstszene, der auf dem Markt aktiv ist. „Mir fehlt das Know-how, aber wenn das so einfach funktioniert, würde ich gern NFTs von meinen Bildern verkaufen. Sie bleiben dann ja trotzdem bei mir.“