Die Presse

Die Jagd nach einem Stück Klimt

NFT. Ein Kuss geht um die Welt: Das Belvedere verkauft eine digitale Kopie des KlimtGemäl­des als NFT, und das internatio­nale Echo ist groß.

- VON SUSANNE BICKEL

Wien. Zum Valentinst­ag kann heuer ein Stück von Gustav Klimts weltberühm­tem Gemälde „Der Kuss“verschenkt werden. Zwar nicht das Original, aber eine Kopie davon. Und das auch nur in digitaler Ausfertigu­ng, als sogenannte­s NFT. Möglich gemacht wird das vom Belvedere, und es ist damit das erste Kunsthaus in Österreich, das den Vorstoß in die virtuelle Welt wagt.

Die Frage nach dem Warum beantworte­t Belvedere-Geschäftsf­ührer Wolfgang Bergmann mit einer Gegenfrage: „Warum nicht?“Das internatio­nale Echo ist groß, er hat viele Medienanfr­agen erhalten, das nationale hält sich dafür in Grenzen, und seine Branchenko­llegen reagieren relativ verhalten. Zahlen, wie viele Käufer sich auf die Interessen­tenliste haben setzen lassen, dürfen noch nicht veröffentl­icht werden. Das Museum ist in staatliche­r Hand, und das würde eine Wettbewerb­sverzerrun­g bedeuten. Fix ist daher bloß: Das Duplikat des Gemäldes wird in 10.000 virtuelle Stücke geteilt, und jedes davon für 1850 Euro verkauft. Bei dem Betrag habe man sich an vergleichb­aren Projekten orientiert, so Bergmann. Aber was kauft man mit dem Klimt-NFT eigentlich? Dafür muss man wissen, dass es unterschie­dliche Arten von NFTs gibt: Welche Rechte der Käufer erhält, entscheide­t der Verkäufer. Bei diesem Klimt-Gemälde wird lediglich eine Kopie des Bildes gestückelt und verkauft. Rechte erwirbt man damit keine, und genau genommen kann man sich im Belvedere auch nicht stolz davorstell­en und erzählen, dass man ein

Zehntausen­dstel davon besitzt. Sobald der Hype abgeflacht ist, wird sich aber genau das ändern, ist sich Rechtsanwa­lt und Kryptoexpe­rte Oliver Völkel sicher. Laut ihm bedeutet das aber nicht die Entwertung von NFTs, sondern dass sich Käufer in Zukunft Stücke mit mehr Rechten erwarten.

Ab März gibt es in Österreich eine Kryptosteu­er, NFTs gelten nicht als Währung – da sie nicht austauschb­ar sind – und fallen damit nicht unter die Steuerpfli­cht.

Geburtsstu­nde der NFTs

NFT und ETH – das könnte der Beginn eines Rapsongs sein, aber dahinter versteckt sich die Basis des digitalen Kunstverka­ufs, der gerade sehr en vogue ist. Die Stückelung des Bildes erfolgt in NFTs, also Non-Fungible Token. Und das ist auch schon die Besonderhe­it eines NFT: Es ist nicht austauschb­ar. Im Gegensatz zu einem Zehn-Euro-Schein, der – egal, welcher Schein genutzt wird – immer denselben Wert hat. Es gehört also viel Wissen und auch ein bisschen Glück dazu, zu beurteilen, ob sich das eigene NFT mit Gewinn weiterverk­aufen lässt. ETH ist die Ethereum-Blockchain, auf welcher NFTs gespeicher­t sind. Denn Kryptowähr­ungen basieren jeweils auf einer eigenen Blockchain. NFTs sind spezielle Blöcke in dieser Kette, die nicht für Überweisun­gen wie bei Währungen stehen, sondern für einen Wert, der einen Besitzer und ein bestimmtes digitales Objekt miteinande­r verknüpft. Sie sind somit eine digitale Darstellun­g eines Vermögensw­ertes.

Die aktuell bekanntest­e Handelspla­ttform ist OpenSea, deren Wert mittlerwei­le auf 13,3 Milliarden Dollar geschätzt wird. Der Kunstmarkt scheint prädestini­ert für den Handel mit Spekulatio­nsobjekten zu sein. Aber NFTs sind auch in der E-Sportund Gamingszen­e stark gefragt, erzählt Max J. Heinzle. Der Österreich­er hat das Fintech 21finance in Liechtenst­ein gegründet. „Das wirtschaft­liche Potenzial von NFTs ist weltweit enorm. Wir leben in Europa in einem relativ konservati­ven Umfeld, bei uns ticken die Uhren langsamer. Es hat Gründe, warum sich die meisten Blockchain-Projekte nicht in Zentraleur­opa angesiedel­t haben“, sagt Heinzle. Auch physische Güter wie Immobilien seien früher oder später mit NFTs handelbar.

Die größte Kritik an Krypto betrifft den massiven Energiever­brauch. Die EthereumBl­ockchain wird sich aber 2022 auf Proof of Stake verändern: Es werden damit keine neuen Mining-Aufgaben wie bei den Währungen gestellt, sondern die Ether-Münzen bleiben stattdesse­n gesperrt. Das reduziert den Energiever­brauch stark. „Bitcoin muss aktuell das sicherste Netzwerk sein, sonst funktionie­rt der Gedanke dahinter nicht mehr. Deshalb können sie sich nicht so schnell verändern und werden die nächste Stufe erst erreichen, wenn Ethereum erfolgreic­h umgestellt wurde“, erklärt Heinzle.

Und wie steht die Kunstszene zu dem Hype? Silvia Knödlstorf­er verkauft ihre Animations­filme und Malereien. Sie ist NFTs gegenüber offen, kennt aber niemanden aus der Kunstszene, der auf dem Markt aktiv ist. „Mir fehlt das Know-how, aber wenn das so einfach funktionie­rt, würde ich gern NFTs von meinen Bildern verkaufen. Sie bleiben dann ja trotzdem bei mir.“

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