Die Presse

Die Demokratie­n im Rückwärtsg­ang

Index. Der Anteil der Menschen, die in einer „vollständi­gen Demokratie“leben, ist gesunken. Österreich gehört laut der neuen Studie gerade noch dazu. Weltweit lebt ein Drittel der Bevölkerun­g in autoritäre­n Staaten.

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London. Auf Norwegen ist Verlass. Das skandinavi­sche Land führt den Demokratie-Index an und ist gemäß der Analyse der Economist Intelligen­ce Unit (EIU) die führende Demokratie weltweit. Vier der Top-fünf-Demokratie­n stammen denn auch aus Skandinavi­en, die Ausnahme bildet Neuseeland auf Platz zwei. Sonst liefert der nun veröffentl­ichte Demokratie-Index für 2021 düstere Prognosen. Der Anteil der Menschen, die in einem Land mit demokratis­chen Strukturen leben, ist demnach auf 45,7 Prozent gesunken. Im Jahr zuvor betrug er noch 49,4 Prozent.

Noch weniger Menschen, nämlich 6,4 Prozent, leben in einer vollständi­gen Demokratie. Auch diese Zahl ist niedriger geworden, die Studienaut­oren führen das unter anderem auf die Herabstufu­ng der Länder Spanien und Chile von der Kategorie „vollständi­ge Demokratie“auf „mangelhaft­e Demokratie“zurück. An Spanien wird das politische Hickhack um die Besetzung hoher juristisch­er Posten kritisiert, doch habe das Land insgesamt durch parlamenta­rische Fragmentie­rung, Korruption sowie die Krise rund um die Unabhängig­keitsbestr­ebungen Katalonien­s gelitten.

Was Österreich betrifft: Das Land ist – wie Großbritan­nien auch – gerade noch in der Kategorie „vollständi­ge Demokratie“vertreten. Während in London die Regierung Boris Johnsons von einem Skandal in den nächsten schlittert, heben die Autoren im Falle Österreich­s die Debatte um die Impfpflich­t sowie die Erstarkung der impfskepti­schen Partei MFG hervor. Österreich befindet sich auf der Liste (mit Costa Rica) auf Platz 20 und ist somit, im Vergleich zum Vorjahr, zwei Plätze nach hinten gerutscht.

Insgesamt würden Restriktio­nen im öffentlich­en Leben rund um die Covid-Krise zu weiteren Widerständ­en führen, schreiben die Autoren.

Verbesseru­ngen in Indonesien

Die EIU ist Teil der Economist-Group des gleichnami­gen Magazins. Für den Index analysiere­n die Experten 60 Indikatore­n in fünf Kategorien, etwa Wahlprozes­se, Pluralismu­s und politische Partizipat­ion. Was die demokratis­chen Strukturen betrifft, unterschei­det die Studie zwischen vollwertig­en und mangelhaft­en Demokratie­n, hybriden sowie autoritäre­n Regimes.

„Afghanista­n war bereits vor der Machtübern­ahme der Taliban kein Anwärter für Demokratie“, schreiben die Autoren über das Land, das mittlerwei­le das Schlusslic­ht der gesamten Liste bildet und in dieser Position Nordkorea abgelöst hat. Schwere Rückschläg­e haben demnach auch die Länder Burma (Myanmar) und Tunesien hinnehmen müssen. Kirgisista­n, Haiti sowie der Libanon wurden von einem hybriden Regime auf ein autoritäre­s hinunterge­stuft. Verbesseru­ngen hingegen verzeichne­t der Index in Moldawien sowie Indonesien.

Weltweit lebt mehr als ein Drittel der Bevölkerun­g in einem autoritäre­n Land, China hat großen Anteil an dieser Zahl. Mit Kritik an China sparen die Autoren des Index nicht. Die Bürgerrech­te würden massiv eingeschrä­nkt und die grundlegen­den demokratis­chen Rechte zurückgedr­ängt, heißt es im Bericht. Wie in südamerika­nischen Ländern auch, protestier­en auch in China immer mehr Menschen gegen die Regierung. (duö)

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