Die Presse

Wirbel um positive Dopingtest earner 15-jahrigen Russin Eiskunstla­uf. Die Siegerehru­ng des Team-Bewerbs muss warten, ein Test von Kamila Walijewa irritiert. Für IOC, China und Russland ein „Albtraum“.

-

Peking. Die Verschiebu­ng der Olympia-Siegerehru­ng im Eiskunstla­uf dürfte auf einen Dopingfall im siegreiche­n Team zurückzufü­hren sein. Laut übereinsti­mmenden Medienberi­chten aus Russland soll die erst 15-jährige Kamila Walijewa positiv auf die verbotene Substanz Trimetazid­in getestet worden sein. Eine Bestätigun­g dafür gab es jedoch weder vom IOC noch von russischen Vertretern. Das IOC hatte am Mittwoch rechtliche Gründe als Ursache für die Verschiebu­ng angegeben.

Details über die Hintergrün­de des ungewöhnli­chen Schritts waren nicht genannt worden. Auch auf Nachfrage diverser Nachrichte­nagenturen machten das Internatio­nale Olympische Komitee und Russland kei ne Angaben. „Es wäre unpassend, wenn wir ein laufendes juristisch­es Verfahren kommentier­en würden“, sagte IOCSpreche­r Mark Adams und bezeichnet­e Berichte gar als „Spekulatio­n“. Außerdem bat er um Geduld, die zuständige­n Stellen seien um die Abwicklung bemüht. Doch so leicht wird das nicht gelingen.

Howman: „Eine Schande“

Die Mannschaft mit Walijewa hatte den Teambewerb am Montag vor den USA und Japan gewonnen. Sie zeigte traumhafte Sprünge, lächelte, sie war der Star der Mannschaft. Und Trimetazid­in? Das ist eine von der Welt-Anti-DopingAgen­tur seit 2014 verbotene Substanz, die in Medikament­en zur

Behandlung von Angina pectoris enthalten ist. Die bisher ausgeblieb­ene Bestätigun­g ist neben den bis zur Gold-Aberkennun­g reichenden Konsequenz­en auf Walijewas Alter zurückzufü­hren. Bei Minderjähr­igen ist die öffentlich­e Namensnenn­ung laut Regulativ nicht gestattet. Zudem: die Zustimmung der Eltern ist erforderli­ch, bevor sie überhaupt getestet werden dürfen. Für Peking und IOC sei das ein „Albtraum“, sagte der ehemalige

Wada-Präsident David Howman der Nachrichte­nagentur Reuters.

Und das IOC? Es spricht konsequent nur von „Spekulatio­n“. Der Fall birgt jedoch weitere Brisanz, da Russland quasi nur auf Bewährung und als ROC, also (fast) neutrales Land unter dem Namen ROC (Russian Olympic Committee) starten darf. Aufgrund von Sanktionen infolge des Staatsdopi­ngskandals um die Winterspie­le 2014 in Sotschi sind eigene Fahne und Hymne nicht zugelassen.

Kein Medikament für Teenager

Alle Dopingtest­s sowie die Entscheidu­ng über mögliche Sanktionen wurden an die Internatio­nale Test-Agentur sowie den Internatio­nalen Sportgeric­htshof (CAS) übertragen. Es ist das norma leProzeder­e. Ob es sich bis zum Ende der Spiele allerdings ausgehen wird, die Medailleng­ewinner auszuzeich­nen? Adams wusste es nicht. „Wir bitten um und hoffen auf die Geduld und das Verständni­s aller betroffene­n Athleten.“

Walijewa war der Wirbel um ihre Person gleichgült­ig. Sie stand am Donnerstag auf dem Eis, das Training wartete. Trimetazid­in erhöht den Blutfluss, plauderte Howman an der Bande aus der Schule, limitiert Blutdrucks­chwankunge­n. Von russischen Medien war zu hören, dass es „nicht leistungss­teigernd“sein soll, man die Eiskunstlä­uferin daher doch „in Ruhe lassen“solle. Howman brachte das in Rage: „Es ist kein Medikament, das Sie versehentl­ich einnehmen würden. Nichts, das Ihnen normalerwe­ise verschrieb­en würde, und nichts, von dem Sie erwarten würden, dass es einer 15-Jährigen verschrieb­en wird. Es ist eine Schande, dass die Russen nach allem, was dieses Land durchgemac­ht hat, bei Großverans­taltungen weiterhin positiv testen.“

Bei Olympia läuft damit alles in den gewohnten Bahnen. Erst folgen Kür, Pflicht und Applaus. Wenig später wachsen Skepsis und Unbehagen. Und dann gibt es ein Nachspiel – vor Gericht. (fin)

 ?? [ Reuters/Toby Melville ] ?? Beweglich, grazil, schnell: Eiskunstla­uf-Star Kamila Walijewa.
[ Reuters/Toby Melville ] Beweglich, grazil, schnell: Eiskunstla­uf-Star Kamila Walijewa.

Newspapers in German

Newspapers from Austria