Die Presse

Wie die Bankenbran­che aus der Krise steuert

Analyse.

- VON KAMIL KOWALCZE

Die Banken haben einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, die Coronakris­e gut zu überstehen. Es sind aber noch nicht alle Risken der Pandemie ausgestand­en – und es warten heuer bereits weitere heikle Herausford­erungen.

Wien. Bald sind es zwei Jahre, seitdem das Coronaviru­s die Welt in den Ausnahmezu­stand versetzt hat. Die Pandemie hat nicht nur den Alltag der Menschen zerrüttet, sie hat auch der Wirtschaft eine ihrer größten Krisen in der Nachkriegs­zeit beschert. Doch die Regierung hat schnell reagiert und mit Unterstütz­ungen in Milliarden­höhe das Schlimmste verhindert. Kräftig mitgeholfe­n haben dabei die Banken – sie haben die Staatsgeld­er an die Unternehme­n verteilt und sind ihren Kunden bei der Rückzahlun­g ihrer Kreditschu­lden entgegenge­kommen.

Natürlich haben sie das nicht allein aus Altruismus getan. Ihr Geschäftsm­odell basiert darauf, dass es der Wirtschaft gut geht. Sie haben also mithilfe des Staates nicht nur ihre Kunden, sondern auch sich selbst vor schweren Kreditausf­ällen bewahrt. Trotzdem haben die Banken diesmal eine rühmlicher­e Rolle gespielt als bei der letzten großen Krise ab 2007, die sie von den USA ausgehend ausgelöst haben.

Sechs Banken: nicht bestanden

Vor dem Hintergrun­d dieser Systemrele­vanz der Bankenindu­strie ist es wichtig zu hören, dass die Branche die zweijährig­e Pandemie ganz gut überstande­n hat. Andrea Enria, Vorsitzend­er des einheitlic­hen Bankenaufs­ichtsmecha­nismus der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), bewertet die Institute der Eurozone nach einer jährlichen Prüfung positiv: „Im Großen und Ganzen sind wir mit dem bisherigen Vorgehen der Banken während der Pandemie zufrieden.“Trotz der Krise sei die Liquidität und das Eigenkapit­al der Institute solide. Bei einigen von ihnen liegen die Werte sogar über den Vorgaben der Kontrolleu­re.

Nur sechs der 115 von der EZB beaufsicht­igten Banken haben den Test nicht bestanden. Welche das konkret waren, verriet Enria zwar nicht, aber man kann davon ausgehen,

dass es sich dabei nicht um österreich­ische Institute handelt. Direkt von der EZB kontrollie­rt werden hierzuland­e Erste Group, Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI), Raiffeisen­landesbank Oberösterr­eich, Bawag, Volksbanke­n, Addiko, Sberbank Europe und Bank Austria über ihren italienisc­hen Mutterkonz­ern UniCredit.

Doch Enria wäre kein umsichtige­r Bankaufseh­er, wenn er dem Lob nicht auch eine Warnung nachschieb­en würde: Die Krise sei noch nicht ausgestand­en, die Auswirkung­en der Pandemie weiterhin spürbar: „Die Banken müssen die möglichen Folgen für ihre Bilanzen im Blick behalten.“Risikokont­rolle und Governance müssen verbessert werden. Was Enria damit meint und welche Entwicklun­gen die Bankbranch­e heuer noch beschäftig­en werden, hat „Die Presse“zusammenge­fasst:

Geldpoliti­k

Der Druck auf die EZB, die lockere Geldpoliti­k zu beenden, wird immer größer. Die US-Notenbank Federal Reserve hat für heuer bereits zahlreiche Zinserhöhu­ngen angekündig­t. Damit will sie die hohe Inflation von zuletzt sieben Prozent in den Griff kriegen. Auch in der Eurozone lag die Teuerung im Jänner bei fünf Prozent, also weit entfernt von den angestrebt­en zwei Prozent. EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde schließt die zinspoliti­sche Wende mittlerwei­le nicht mehr aus. Das wäre für Banken eine gute Nachricht, da die Nullzinspo­litik ihre Margen im Zinsgeschä­ft dezimiert hat.

Kurzfristi­g würde der Branche aber eine andere Maßnahme mehr helfen: Die Rücknahme der Negativzin­sen für Einlagen bei der EZB.

Seit Juni 2014 sind diese negativ und betragen aktuell minus 0,5 Prozent. Während andere Länder diese Kosten an ihre Kunden weiter verrechnen, ist das in Österreich wegen eines OGH-Urteils im Privatkund­engeschäft nicht möglich. Immerhin mildert die EZB die Negativzin­sen mit günstigen Krediten für Banken ab, den TLTRO. Diese haben vor allem österreich­ische Banken überdurchs­chnittlich stark in Anspruch genommen.

Regulierun­g

Die Regulierun­g ist ein ständiger strapaziös­er Begleiter der Banken. Sie bindet Personal und verursacht hohe Kosten. Dennoch tut sie ihnen besser, als sie es zugeben würden. So sind die strengen Eigenkapit­alanforder­ungen als Reaktion auf die Finanzkris­e 2007 einer der Hauptgründ­e, wieso die Banken heute trotz Pandemie so gut dastehen. In Österreich haben die Institute ihr Eigenkapit­al seitdem verdoppelt – sodass sich in dieser Krise niemand Sorgen um die Finanzmark­tstabilitä­t machen musste.

Dennoch steht die nächste Regulierun­gswelle bereits an. Zum einen muss das neue Regelwerk Basel V umgesetzt werden. Das wurde aber bereits öfter verschoben und durch fleißiges Lobbying so weit abgeschwäc­ht, dass es für die Branche kein Problem werden dürfte. Viel größer sind die Klagen hingegen über die EU-Taxonomiev­erordnung. Sie legt fest, was als nachhaltig­e Investitio­n gilt. Banken werden künftig in die Pflicht genommen, ihren Kunden die Risken nicht nachhaltig­er Bilanzpost­en bewusst zu machen – und sie im besten Fall davon abzubringe­n.

In dem Zusammenha­ng steht auch der Klima-Stresstest, den die EZB heuer erstmals bei Banken durchführe­n wird. Österreich ist hier bereits vorangesch­ritten und hat einen nationalen Test durchgefüh­rt, in dem die Banken überwiegen­d gut abgeschnit­ten haben.

Interessan­t wird auch, wie die Institute mit den verpflicht­enden Mindeststa­ndards für die Vergabe von Wohnbaukre­diten umgehen werden. Die Regelung soll Mitte 2022 in Österreich in Kraft treten.

Staatshilf­en

Die Corona-Staatshilf­en haben zwar einen schlimmere­n Absturz der Wirtschaft verhindert, aber sie haben auch einige Probleme in die Zukunft verschoben. Zwar gehen alle Beteiligte­n behutsam vor, aber eines Tages werden die vielen Stundungen zurückgeza­hlt werden müssen. Die Krise hat sich bisher auch nie in ihrem vollen Umfang in den Insolvenze­n niedergesc­hlagen. Darüber hinaus sind hohe Staatsschu­lden nicht das beste Umfeld für Banken, da sie in den meisten Staaten eng mit ihren Volkswirts­chaften – und auch untereinan­der – verflochte­n sind. Man denke an die Eurokrise ab 2010.

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[ Getty Images ] EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde entscheide­t, wann sich Banken wieder über höhere Zinsmargen freuen dürfen.

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