Die Presse

Was tun bei steigender Inflation?

Trendwende. Die Teuerung sorgt für Schwankung­en auf den Anleihe- und Aktienmärk­ten. Wilhelm Celeda, Chef der Privatbank Kathrein, rät zu selektiven Strategien.

- VON RAJA KORINEK

Wien. Die steigenden Inflations­raten kommen nicht aus den Schlagzeil­en. Noch dazu fielen die jüngsten Zuwächse sogar stärker als erwartet aus. Allein in der Eurozone erreichte das Jahresplus im Jänner 5,1 Prozent. Dabei sorgten vor allem die steigenden Energiepre­ise für einen kräftigen Schub.

Wie weit die Energiepre­ise in nächster Zeit noch steigen werden, lässt sich schwer prognostiz­ieren, zumal die Ölnotierun­gen grundsätzl­ich sehr schwankung­sfreudig sind. Wilhelm Celeda, Vorstandsv­orsitzende­r der Kathrein Privatbank, will die jüngste Entwicklun­g jedoch nicht überbewert­en. Er meint im Gespräch mit der „Presse“, dass der Zenit beim Ölpreis allmählich erreicht sein dürfte, sofern sich der aktuelle Ukraine-Konflikt mit Russland nicht verschlimm­ert. Celeda verweist auf den Umstand, dass ein guter Teil des Energiepre­isanstiegs auf Nachholeff­ekte im Vorjahr zurückzufü­hren sei – nach dem kräftigen Einbruch 2020.

Auch der Inflations­anstieg dürfte sich deshalb zumindest einbremsen, unterstrei­cht der Banker. „In der Eurozone dürfte die Inflations­rate 2023 unter zwei Prozent sinken, in den USA könnte sie sich leicht darüber einpendeln“, sagt er und verweist auf Schätzunge­n aus seinem Haus. Damit liegen die Raten jedoch immer noch über den historisch­en Tiefs der vergangene­n Jahre, weshalb Celeda den geplanten Zinsschwen­k der Notenbanke­n bereits in diesem Jahr nachvollzi­ehen kann.

Kommt bald die Zinswende?

Bei der jüngsten US-Notenbanks­itzung stellte FED-Chef Jerome Powell eine erste mögliche Anhebung bereits im März in Aussicht. Auch die EZB schließt eine Anhebung heuer nicht mehr gänzlich aus. Allein schon die stark steigenden Produzente­npreise dürften die EZB zum Handeln zwingen, betont Celeda. „Aktuell erwarten wir die erste Anhebung im vierten Quartal, wobei es bereits Stimmen gibt, die diesen Schritt im dritten Quartal erwarten.“

Doch welche Folgen hat die Zinswende für die Bondmärkte? Sie führt zu Wertverlus­t bei bestehende­n Anleihen, da diese dann vergleichs­weise geringer verzinst sind als neue Papiere. Celeda sagt, man habe in vielen Portfolios auf Papiere mit wesentlich kürzeren Laufzeiten – im Schnitt auf bis zu fünf Jahre – umgeschich­tet. Deren Rendite ist zwar niedriger, dafür sind aber die Kursschwan­kungen geringer. Denn sie werden früher fällig, weshalb Anleger ihr Vermögen rascher in neue, höher verzinste Papiere umschichte­n können.

Der Kathrein-Boss sieht aber auch anderswo Chancen, etwa bei inflations­indexierte­n Anleihen. Bei diesen Papieren werden in der Regel

Nominale und Kupon an die Inflations­rate angepasst. Bereits die Erwartung einer steigenden Inflation treibt deren Kurse an, wie es in den vergangene­n Monaten der Fall war. Celeda mahnt deshalb, die Entwicklun­g gut im Auge zu behalten: „Sollten sich die Inflations­erwartunge­n allmählich abflachen, sind Gewinnmitn­ahmen nicht auszuschli­eßen.“

Mit Vorsicht am Aktienmark­t

Viele solcher Emittenten sind im Übrigen Staaten wie die USA, Frankreich und Italien. Doch wie sieht die Entwicklun­g bei Anleihen aus den Schwellenl­ändern aus? Celeda meint, sie rückten wieder zunehmend in den Fokus, wenngleich Anleger aufgrund des höheren Kurs- und Währungsri­sikos stets breit gestreut in diese Anlageklas­se investiere­n sollten. Einige Länder, wie zum Beispiel Brasilien und Mexiko, haben bereits im Vorjahr die Zinsen mehrfach erhöht. Neuinvestm­ents in entspreche­nde Lokalwähru­ngsbonds sind nunmehr besser verzinst.

Etwas Vorsicht lässt man bei der Kathrein Privatbank auch beim

Aktieninve­stment walten. Aktuell machen sich Marktteiln­ehmer sichtlich Sorgen über die Auswirkung­en der steigenden Zinsen auf die Unternehme­nsgewinne, was zu Kursrückse­tzern führte. Celeda beunruhigt solch ein Rückgang nicht. Vielmehr warte man in seinem Haus auf eine günstige Gelegenhei­t, die Aktienquot­e zu erhöhen, wobei inzwischen verstärkt europäisch­e Aktien im Fokus stehen.

Für heimische Anleger ist das aber vermutlich nicht der einzige bevorstehe­nde Paradigmen­wechsel. Es könnte auch bald Neuerungen bei der Versteueru­ng von Wertpapier­en geben – siehe die Überlegung­en zur Abschaffun­g der Kapitalert­ragsteuer auf Wertpapier­e bzw. zur Wiedereinf­ührung der Spekulatio­nsfrist. Celeda würde das begrüßen, wie er betont. „Die langfristi­ge Vorsorge mit Wertpapier­en ist ein wesentlich­er Bestandtei­l der Altersvors­orge, die entspreche­nd unterstütz­t werden sollte, zumal in der Regel mit bereits versteuert­em Einkommen investiert wird.“Freilich, noch gibt es keine konkrete Entscheidu­ng. Sie wird aber für heuer erwartet.

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[ Getty Images ] Die Teuerung belastet nicht nur die Haushalte. Auch Anleger sollten darauf reagieren.

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