Die Presse

Donald Trumps zerrissene Blätter und hinunterge­spülte Notizen

USA. Kisten mit Top-Secret-Dokumenten und Kim Jong-uns „Liebesbrie­fen“werfen ein Schlaglich­t auf den Umgang des Ex-Präsidente­n mit der Macht.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. An diesem SuperBowl-Wochenende wartet der Privatklub Mar-a-Lago in Palm Beach mit einer speziellen Attraktion auf: Donald Trump, der Hausherr, hat sich als DJ angekündig­t. Wer die Musikvorli­eben des Ex-Präsidente­n kennt, weiß, was er auflegen wird: Frank Sinatra und Elton John.

Das programmat­ische „My Way“gilt als einer seiner Lieblingss­ongs. Und mit der Verunglimp­fung „Litte Rocket Man“, in Anlehnung an einen Elton-John-Hit, hatte Trump einst Kim Jong-un bedacht – bis die bizarre Brieffreun­dschaft und die politische Romanze mit Nordkoreas Diktator begannen. Trump schätzte die Schmeichel­eien aus Pjöngjang so sehr, dass er Kims „Liebesbrie­fe“nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus nach Mar-a-Lago mitnahm. Angeblich pflegt er weiterhin Kontakt mit dem Machthaber.

Dass Trump 15 Kisten mit Dokumenten, mitunter versehen mit dem Vermerk „Top Secret“, aus dem Weißen Haus nach Florida schaffen ließ – inklusive der KimKorresp­ondenz und einer Notiz Barack Obamas zur Amtsüberga­be –, sorgt nun für eine neue peinliche Affäre. Zugleich wirft sie ein Schlaglich­t auf Trumps Umgang mit der Macht und seine Verwechslu­ng von Staatseige­ntum mit Privatbesi­tz. US-Museen und das Nationalar­chiv bewahren Staatsgesc­henke und Dokumente auf.

Immerhin geht es dabei auch um Staatsgehe­imnisse, was Trump kaum je gekümmert hat. In Mar-a-Lago zeigte er Gästen mitunter brisantes Geheimdien­stmaterial. Auch in den Kisten steckt neben Souvenirs wohl ein historisch­er Schatz.

Pikante Klo-Affäre

Derlei Probleme gab es bereits mit den Clintons, die Geschenke zum Teil als Privateige­ntum ansahen. Trump und die Republikan­er fielen über Hillary Clinton als Außenminis­terin her, weil sie E-Mails auch über einen privaten Account abgeschick­t hatte. Bei den Trumps – Ehefrau Melania, Tochter Ivanka und Schwiegers­ohn Jared Kushner mit offizielle­n Funktionen im Weißen Haus – war das indessen Usus.

Noch achtloser ging Trump selbst mit Akten und Notizen um, wenn er sie in Rage zerriss. Seine Mitarbeite­r sahen sich gezwungen, Papierschn­ipsel zusammenzu­fügen, um sie schließlic­h dem Nationalar­chiv zu übergeben. Im Jänner hat Trump das gesamte Konvolut ausgehändi­gt. Das Nationalar­chiv startete eine Untersuchu­ng, was die Demokraten im Jahr der Zwischenwa­hlen hellhörig werden ließ. Die Trump-Gegner wittern jedenfalls eine wahre Fundgrube für weitere Enthüllung­en.

Maggie Haberman, die „Spürnase“, die die „New York Times“eigens für die Trump-Berichters­tattung abgestellt hatte, lieferte eine Kostprobe aus dem Buch „Confidence Man“, das im Herbst erscheinen soll. Sie schilderte, wie der Präsident Notizen und Vermerke im Klo herunterge­spült hat, sodass die Toilette im Privatgema­ch regelmäßig verstopft gewesen sein soll. Trump ließ die pikante Anekdote dementiere­n.

Dass sich die vermeintli­che Privatsach­e für den Ex-Präsidente­n als verhängnis­voll erweisen könnte, ahnen auch die Republikan­er. Zuletzt tauchten immer wieder Details aus der erratische­n Spätphase der Präsidents­chaft Trumps auf. Im verzweifel­ten Versuch, das Wahlergebn­is zu manipulier­en, soll er gemeinsam mit Berater Rudy Giuliani erwogen haben, die Wahlurnen mithilfe des Heimatschu­tzminister­iums konfiszier­en zu lassen oder die Abgesandte­n für das Wahlleuteg­remium auszutausc­hen.

Mysteriöse Lücken

Nun sorgen mysteriöse Lücken im Telefonpro­tokoll des Weißen Hauses am 6. Jänner 2021 – dem Tag des Sturms auf das Kapitol – für Spekulatio­nen in Washington. Telefonier­te Trump mit einem Privathand­y, und umging er so die offizielle­n Aufzeichnu­ngen?

Trumps Amtszeit ist seit mehr als einem Jahr vorbei, aber sie beschäftig­t die USA weiterhin im Übermaß. Er selbst gibt sich ungerührt. Neulich bezeichnet­e er Deutschlan­d als „Geisel“Russlands: „Deutschlan­d wird die Nato auseinande­rbrechen.“Paradox für einen Mann, der die Nato für obsolet erklärt hatte und Putin als Duzfreund gewinnen wollte.

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[ AFP/KCNA ] Liebe Grüße aus Washington. Kim Jong-un liest 2019 einen Brief Trumps.

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