Donald Trumps zerrissene Blätter und hinuntergespülte Notizen
USA. Kisten mit Top-Secret-Dokumenten und Kim Jong-uns „Liebesbriefen“werfen ein Schlaglicht auf den Umgang des Ex-Präsidenten mit der Macht.
Wien/Washington. An diesem SuperBowl-Wochenende wartet der Privatklub Mar-a-Lago in Palm Beach mit einer speziellen Attraktion auf: Donald Trump, der Hausherr, hat sich als DJ angekündigt. Wer die Musikvorlieben des Ex-Präsidenten kennt, weiß, was er auflegen wird: Frank Sinatra und Elton John.
Das programmatische „My Way“gilt als einer seiner Lieblingssongs. Und mit der Verunglimpfung „Litte Rocket Man“, in Anlehnung an einen Elton-John-Hit, hatte Trump einst Kim Jong-un bedacht – bis die bizarre Brieffreundschaft und die politische Romanze mit Nordkoreas Diktator begannen. Trump schätzte die Schmeicheleien aus Pjöngjang so sehr, dass er Kims „Liebesbriefe“nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus nach Mar-a-Lago mitnahm. Angeblich pflegt er weiterhin Kontakt mit dem Machthaber.
Dass Trump 15 Kisten mit Dokumenten, mitunter versehen mit dem Vermerk „Top Secret“, aus dem Weißen Haus nach Florida schaffen ließ – inklusive der KimKorrespondenz und einer Notiz Barack Obamas zur Amtsübergabe –, sorgt nun für eine neue peinliche Affäre. Zugleich wirft sie ein Schlaglicht auf Trumps Umgang mit der Macht und seine Verwechslung von Staatseigentum mit Privatbesitz. US-Museen und das Nationalarchiv bewahren Staatsgeschenke und Dokumente auf.
Immerhin geht es dabei auch um Staatsgeheimnisse, was Trump kaum je gekümmert hat. In Mar-a-Lago zeigte er Gästen mitunter brisantes Geheimdienstmaterial. Auch in den Kisten steckt neben Souvenirs wohl ein historischer Schatz.
Pikante Klo-Affäre
Derlei Probleme gab es bereits mit den Clintons, die Geschenke zum Teil als Privateigentum ansahen. Trump und die Republikaner fielen über Hillary Clinton als Außenministerin her, weil sie E-Mails auch über einen privaten Account abgeschickt hatte. Bei den Trumps – Ehefrau Melania, Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner mit offiziellen Funktionen im Weißen Haus – war das indessen Usus.
Noch achtloser ging Trump selbst mit Akten und Notizen um, wenn er sie in Rage zerriss. Seine Mitarbeiter sahen sich gezwungen, Papierschnipsel zusammenzufügen, um sie schließlich dem Nationalarchiv zu übergeben. Im Jänner hat Trump das gesamte Konvolut ausgehändigt. Das Nationalarchiv startete eine Untersuchung, was die Demokraten im Jahr der Zwischenwahlen hellhörig werden ließ. Die Trump-Gegner wittern jedenfalls eine wahre Fundgrube für weitere Enthüllungen.
Maggie Haberman, die „Spürnase“, die die „New York Times“eigens für die Trump-Berichterstattung abgestellt hatte, lieferte eine Kostprobe aus dem Buch „Confidence Man“, das im Herbst erscheinen soll. Sie schilderte, wie der Präsident Notizen und Vermerke im Klo heruntergespült hat, sodass die Toilette im Privatgemach regelmäßig verstopft gewesen sein soll. Trump ließ die pikante Anekdote dementieren.
Dass sich die vermeintliche Privatsache für den Ex-Präsidenten als verhängnisvoll erweisen könnte, ahnen auch die Republikaner. Zuletzt tauchten immer wieder Details aus der erratischen Spätphase der Präsidentschaft Trumps auf. Im verzweifelten Versuch, das Wahlergebnis zu manipulieren, soll er gemeinsam mit Berater Rudy Giuliani erwogen haben, die Wahlurnen mithilfe des Heimatschutzministeriums konfiszieren zu lassen oder die Abgesandten für das Wahlleutegremium auszutauschen.
Mysteriöse Lücken
Nun sorgen mysteriöse Lücken im Telefonprotokoll des Weißen Hauses am 6. Jänner 2021 – dem Tag des Sturms auf das Kapitol – für Spekulationen in Washington. Telefonierte Trump mit einem Privathandy, und umging er so die offiziellen Aufzeichnungen?
Trumps Amtszeit ist seit mehr als einem Jahr vorbei, aber sie beschäftigt die USA weiterhin im Übermaß. Er selbst gibt sich ungerührt. Neulich bezeichnete er Deutschland als „Geisel“Russlands: „Deutschland wird die Nato auseinanderbrechen.“Paradox für einen Mann, der die Nato für obsolet erklärt hatte und Putin als Duzfreund gewinnen wollte.