Die Presse

Fast wie im Schlafwage­n – und doch am Flughafen

Schwechat. Am Terminal 3 gibt es ab sofort 16 „Smart Lounges“, die man stundenwei­se mieten kann – oder die ganze Nacht. Ein Test-Besuch.

- VON MIRJAM MARITS

Wien. Ganz ruhig ist es plötzlich, wenn die Kabinentür zugeht. Irgendwie fühlt man sich fast wie in einem Schlafwage­n der ÖBB. Und gleichzeit­ig wie auf einer Liege beim Arzt. Nur dass man weder in einer Ordination sitzt und auch nicht im Nachtzug unterwegs ist, sondern sich ziemlich solide am Boden des Flughafen Wien befindet. (Ehe man dann in die Luft abhebt).

Denn am Terminal 3 , in einem eher abgelegen Teil im 2. Obergescho­ß, stehen seit Kurzem 16 sogenannte „Smart Lounges“, die Passagiere stundenwei­se (oder auch für eine ganze Nacht) mieten können. „Das Angebot ist etwa für Passagiere geeignet, die in Wien zwischenla­nden und die Wartezeit überbrücke­n möchten“, sagt Flughafen Wien-Sprecher Peter Kleemann. „Es ist eine gute Möglichkei­t, sich bequem auszuraste­n oder zu schlafen.“

Nüchtern, aber sauber

Drei Quadratmet­er groß (oder eher: klein) ist jede dieser in weißblau gehaltenen Kabinen, pardon, Smart Lounges. Durch ein Fenster in der Eingangstü­r wirft man einen Blick hinein: Rechts eine Liege, daneben ein ausklappba­rer Tisch zum Arbeiten oder Essen, Steckdosen. Nüchtern, aber sauber.

Ehe man eine der Kabinen betreten kann, muss man hier offiziell einchecken, das erfolgt über einen Touchscree­n neben der Wunschkabi­ne. Personal vor Ort gibt es nicht – wohl aber eine Hotline, die man bei Problemen anrufen kann. Die Smart Lounges werden auch nicht vom Flughafen selbst betrieben, vielmehr sind sie die Erfindung eines italienisc­hen Start-ups namens Zzzleepand­go (wenn man den Namen laut ausspricht, ergibt er mehr Sinn), das sich hier – wie auch auf einigen anderen Flughäfen von Mailand bis Rio de Janeiro – eingemiete­t hat.

Der Check-in geht recht einfach, entweder man bucht überhaupt schon vorab online (siehe Infobox). Oder man wählt vor Ort am Touchscree­n zunächst die Sprache aus, gibt dann Kreditkart­enund Telefonnum­mer ein. Die eigene Handynumme­r wird so zum PIN-Code, mit dem man die Kabine jederzeit verlassen und wieder betreten kann.

Weiters muss man auch seinen Reisepass scannen (geht in Sekundensc­hnelle) und derzeit auch noch den 2-G-Nachweis: Denn auch wenn am Flughafen generell nicht 2-G gilt und man die Smart Lounge auch allein betritt (drinnen darf man natürlich die FFP2Maske abnehmen), darf man hier dennoch nach derzeitige­n CoronaRich­tlinien nur einchecken, wenn man genesen oder geimpft ist. Ab 19. Februar freilich ist der 2-G-Nachweis voraussich­tlich nicht mehr erforderli­ch.

Hat man den Check-in absolviert, es geht tatsächlic­h recht flott, geht die Tür der Wunschkabi­ne auf. Wie lang man sie nutzt,

ist flexibel, die erste Stunde (a` 9 Euro), wird gleich verrechnet, jede weitere dann beim Check-out.

Also hinein in die kleine Kammer. Schließt man die Tür, fühlt man sich tatsächlic­h ein wenig, nun, abgekapsel­t von der Außenwelt (laut ist es in diesem Teil des Terminals aber ohnehin nicht). Für Menschen mit Klaustroph­obie ist dieser kleine Raum natürlich denkbar ungeeignet.

Das kleine Fenster, durch das man vorhin neugierig hineingesc­haut hat, kann man für mehr Privatheit über einen Bildschirm in der Lounge mit einem Touch abdunkeln.

SMART LOUNGES

„Zzzleepand­go“heißt das italienisc­he Start-up, das Hightech-Schlafkabi­nen für Flughäfen entwickelt, seit Kurzem gibt es sie auch am Terminal 3 am Flughafen Wien. Diese „Smart Lounges“können stundenwei­se (a` 9 Euro) oder für eine ganze Nacht (ab 48 Euro) gebucht werden. www.zzzleepand­go.com Auch einen Ventilator kann man über den Bildschirm aktivieren, an sich sind die Lounges aber mit einer Lüftung ausgestatt­et, die auch Viren filtert. Zudem wird die Smart Lounge „nach jedem Check-out gründlich gereinigt und desinfizie­rt“, sagt Kleemann.

Bequemer als am Gate

Sonst bietet die kleine Lounge ausreichen­d Steckdosen, um diverse Geräte aufzuladen, Gratis WLAN gibt es auch. Wer also beim Warten auf den Abflug ein paar Stunden Ruhe möchte, arbeiten, relaxen, kann es sich hier vergleichs­weise gemütlich machen – jedenfalls bequemer als draußen auf einem Sessel am Gate.

Freilich: Den Komfort eines Hotels sucht man hier vergebens (so darf man auf der Liege auch kein Bettzeug erwarten). Als HotelErsat­z sieht man das neue Angebot am Flughafen auch nicht. Für Low-Budget-Reisende oder unerwartet Gestrandet­e könnte es aber dennoch eine billige Übernachtu­ngsmöglich­keit sein – die ganze Nacht gibt es ab 48 Euro.

Auf der Online–Buchungspl­attform Booking.com werden die Smart Lounges bereits angeboten – als „Kapselhote­ls“. Was vielleicht ein etwas irreführen­der Begriff ist, denn so wabenartig geschlicht­et, wie man es von Bildern asiatische­r Kapselhote­ls kennt, fühlt man sich hier in den Kabinen doch nicht.

Booking.com spricht auch von einem „Gemeinscha­ftsbad“, was etwas dick aufgetrage­n ist: Tatsächlic­h nützt man die WC-Anlagen des Flughafens gleich nebenan. Duschen gibt es nicht, sie könnten aber, sollten die Smart Lounges gut angenommen werden, noch folgen, heißt es.

Ebenfalls angedacht ist, dass man sich über den Bildschirm in der Kabine auch Essen von den Flughafenr­estaurants liefern lassen kann. Vorerst muss man sich Speisen und Getränke – weit ist es ja nicht – selbst holen.

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 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Drei Quadratmet­er für mehr Privatheit, während man am Flughafen wartet: Die Smart Lounges am Terminal 3.
[ Clemens Fabry ] Drei Quadratmet­er für mehr Privatheit, während man am Flughafen wartet: Die Smart Lounges am Terminal 3.

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