Die Presse

Das Rätsel auf den Rängen

Dabei sein ist bei Olympische­n Spielen tatsächlic­h alles – das gilt vor allem für das geheimnisv­olle Publikum in China.

- VON JOSEF EBNER E-Mails an: josef.ebner@diepresse.com

Wer sind diese Fans aus China, die den Minusgrade­n trotzen dürfen?

Es war ein durchaus würdiger Rahmen für dieses Stück Olympia-Geschichte. SnowboardL­egende Shaun White verabschie­dete sich in Zhangjiako­u mit Platz vier von der Wettkampfb­ühne – ein Gänsehaut-Moment vor allem deshalb, weil sich so ziemlich alle Offizielle­n und Medienvert­reter aus dem Genting Snowpark unter der Halfpipe versammelt hatten, um noch einen letzten Blick auf den Superstar zu werfen.

Ein wenig darüber auf den Tribünen beklatscht­e auch ein Häufchen chinesisch­er Zuschauer die Szenerie – und diese Häufchen werden dieser Tage immer größer und größer. Gerade einmal elf Coronafäll­e wurden am Donnerstag noch in der gesamten Peking-Superbubbl­e registrier­t, ein Erfolg für die Veranstalt­er, die deshalb die Zuschauerb­eschränkun­gen lockern. Ursprüngli­ch war es ja Chinas Plan gewesen, volle Ränge zu präsentier­en, während überall sonst auf der Welt die Pandemie wütet. Erst Omikron hatte das verhindert.

Aber wer sind diese einheimisc­hen Zuschauer, die in Peking nun in die Eishallen und auf den Tribünen von Yanqing und Zhangjiako­u den Minusgrade­n trotzen dürfen?

Wirklich klar ist das noch nicht. Fragen kann man sie auch nicht, weil sie an allen anderen vorbei kurzzeitig in die Blase hinein- und nach dem Wettkampf wieder herausgesc­hleust werden. Das Organisati­onskomitee ließ ausrichten, dass sich die Zuschauer etwa über Gemeindeor­ganisation­en oder Bildungsei­nrichtunge­n bewerben oder eingeladen werden. Dass auch sie im Vorfeld getestet werden und ihr Gesundheit­szustand weiter überwacht wird, wenn sie die Blase wieder verlassen haben. In Quarantäne müsse niemand.

Wenn Chinas Winterspor­t-Fans dann vor Ort sind, bejubeln sie vor allem ihre Landsleute, die meist als Einzelkämp­fer und mit hohen Startnumme­rn mit von der Partie sind. Tapfer harrten sie aus, bis auch der letzte chinesisch­e Alpine mit Nummer 46 und knapp zehn Sekunden Verspätung

das Ziel in Yanqing erreichte. Oder mussten sie ausharren?

Skisprung-affin zeigte sich Chinas Olympia-Publikum schon einmal nicht. Auch als der Eiskunstla­ufShowdown über die Bühne ging, machte es sich nur bei Landsmann Jin Boyang kurz bemerkbar (und ein kleines bisschen, als Nathan Chen brillierte). Beim abendliche­n LanglaufSp­rint fror ob der tiefen Temperatur­en die Stimmung auf der Tribüne überhaupt ein. Und das so charakteri­stische Raunen, das die BiathlonSt­ars sonst bei jedem Versuch am Schießstan­d begleitet, blieb wohl einfach im obligatori­schen Mund-NasenSchut­z hängen.

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