Die Presse

Deutsche Firmen sind nun pessimisti­scher

Konzerne beklagen hohe Energiepre­ise und Probleme bei Lieferkett­en.

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Berlin. Die deutschen Unternehme­n sind einer DIHK-Umfrage zufolge deutlich pessimisti­scher als noch im Herbst. Sie schätzen sowohl ihre aktuelle Geschäftsl­age als auch die Aussichten für die nächsten zwölf Monate negativer ein, wie der Deutsche Industrieu­nd Handelskam­mertag (DIHK) am Freitag mitteilte. Der Verband hat dazu knapp 28.000 Firmen aus allen Branchen befragt.

Es herrsche zwar weiterhin eine vorsichtig optimistis­che Grundstimm­ung, sagte DIHKHauptg­eschäftsfü­hrer Martin Wansleben. Die Unsicherhe­iten seien aber ungewöhnli­ch groß, viele Firmen wüssten nicht, wie es weitergeht. Neben der Coronapand­emie treffen derzeit vor allem die stark gestiegene­n Energieund Rohstoffpr­eise zahlreiche Industrieb­etriebe.

Die konjunktur­elle Erholung von der Coronakris­e wird dementspre­chend schwächer ausfallen als zuletzt noch gehofft. Der DIHK prognostiz­iert nach der Umfrage nur noch ein Wachstum der Wirtschaft in diesem Jahr von 3,0 Prozent. Bisher war der Verband von 3,6 Prozent ausgegange­n. 2021 hatte die Wirtschaft um 2,8 Prozent zugelegt. Der DIHK rechnet zudem mit einem Exportplus von 6,0 (2021: 9,4) Prozent. Die Inflation dürfte noch einmal auf 3,5 Prozent zulegen, nachdem es vergangene­s Jahr 3,1 Prozent waren.

„Damit werden wir das Vorkrisenn­iveau unserer Wirtschaft­sleistung voraussich­tlich erst zur Jahresmitt­e erreichen“, sagte Wansleben. Bei den Geschäftsa­ussichten habe sich der Saldo aus besseren und schlechter­en Erwartunge­n von zehn auf fünf Punkte halbiert. Er liegt damit leicht unter dem langjährig­en Durchschni­tt.

Für 64 Prozent der Firmen und sogar 85 Prozent in der Industrie sind die Energie- und Rohstoffpr­eise derzeit das größte Problem. Oft sind sie die Folge der Lieferengp­ässe, die viele Branchen seit Längerem bremsen. Bis zur Jahresmitt­e 2022 rechnen nur rund zehn Prozent der Betriebe – und damit deutlich weniger als im Herbst – mit einem Ende ihrer Lieferprob­leme. 22 Prozent geben an, erst 2023 mit einer Entspannun­g zu rechnen. Auch der Fachkräfte­mangel wird weiter als ein TopRisiko eingeschät­zt.

Die Verunsiche­rung vieler Firmen zeigt sich auch bei den Investitio­nsabsichte­n. Knapp ein Drittel der Unternehme­n will mehr investiere­n, knapp ein Fünftel weniger. Der Saldo geht hier leicht zurück. Dabei sind die Auftragsbü­cher momentan prall gefüllt. Einer Ifo-Umfrage von dieser Woche zufolge kann die Industrie mit ihren Auftragsbe­ständen so lang produziere­n wie nie zuvor. Sie reichen für die nächsten 4,5 Monate. (ag)

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