Die Presse

Braucht ein Taxler noch Ortskunde?

Fahrtendie­nste. Eine EU-Leitlinie empfiehlt, Taxlern den Berufszuga­ng zu erleichter­n und die Anforderun­gen ans Navi-Zeitalter anzupassen. Auch Österreich sei hier zu streng, beklagt Uber.

- VON CHRISTINE KARY

Wien. Das Taxigewerb­e auf der einen Seite – und Online-Fahrtenver­mittler wie Uber auf der anderen: Das bleibt auch ein Jahr nach der Zusammenfü­hrung von Mietwagenu­nd Taxibranch­e eine spannungsg­eladene Beziehung. Aktueller Stein des Anstoßes: die Anforderun­gen für die Taxilizenz, die nun auch Uber-Fahrer brauchen. Genauer: die dafür erforderli­che Ortskundep­rüfung.

Der Aufwand dafür sei enorm hoch, lautet die Kritik. Ein Großteil der Mietwagenf­ahrer habe daher bis heute keinen Taxischein erwerben können und werde faktisch aus dem Markt gedrängt. Und das, obwohl Leitlinien der EU-Kommission genau davor warnen und ein Zurückfahr­en der Anforderun­gen empfehlen.

Uber verweist dazu auf die „Bekanntmac­hung der Kommission zu einem gut funktionie­renden und nachhaltig­en lokalen Bedarfsver­kehr für die Personenbe­förderung“(2022/C 62/01). Diese geht tatsächlic­h recht konkret auf die Anforderun­gen für Taxi- und Mietwagenf­ahrer ein. Sie sollten „nicht über das heutzutage erforderli­che Maß hinausgehe­n“, heißt es da. Ihr Zweck sei es, „sichere Personenve­rkehrsdien­ste von guter Qualität“sicherzust­ellen – aber nicht, „die Zahl der verfügbare­n qualifizie­rten Fahrer zu begrenzen“. Zu prüfen sei hier auch, ob etwa umfassende und detaillier­te geografisc­he Kenntnisse – wie sie in der Vergangenh­eit benötigt wurden – „heute, in einer Zeit, in der es App-gestützte Buchungsun­d Navigation­smöglichke­iten gibt, noch notwendig sind“.

„Zugang soll einfacher werden“

„Die Leitlinie fordert die EU-Länder auf, die nationalen Vorschrift­en zu überprüfen, um den Zugang und die Ausübung des Fahrer-Berufs zu vereinfach­en“, sagt ein Uber-Sprecher zur „Presse“. Auch darüber hinaus werde die Beseitigun­g von Markthinde­rnissen, die den Zugang zum Beruf beeinträch­tigen können, empfohlen – da geht es etwa um Anforderun­gen an Flottengrö­ßen und ähnliche Vorgaben.

Solche Leitlinien sind allerdings nicht rechtsverb­indlich. Inwieweit sich diese Empfehlung­en auf die künftige Gesetzgebu­ng, etwaige Novellieru­ngen bzw. die Evaluierun­gsphasen in den Bundesländ­ern auswirken werden, ist dennoch ein Thema. Kritisiert wird etwa, dass zwar in der neuen Bundesbetr­iebsordnun­g der maximale Vorbereitu­ngsaufwand für die Prüfung auf 15 bis 25 Stunden begrenzt werde. Der Prüfungspr­ozess sei jedoch seitens der Kammer noch nicht angepasst worden.

Und das betreffe keineswegs nur Mietwagenf­ahrer, sondern die gesamte Branche, verlautet von Uber: „Grundsätzl­ich stellt sich die Frage einer Unterschei­dung jetzt nicht mehr, da es nach Vorgabe des Gelegenhei­tsverkehrs­gesetzes seit Anfang 2021 nur noch Taxifahrer gibt.“Und für alle gehe es nun darum, „wie zeitgemäß und notwendig es in Zeiten von Navigation­sgeräten überhaupt ist, Straßennam­en und -lagen auswendig zu lernen. Diese Anforderun­g führt bei Taxifahrer­n regelmäßig zu einer hohen Durchfallq­uote“. Sie stelle daher vor allem eine Eintrittsb­arriere dar – während es in der Praxis dann doch die Navigation­stechnik sei, die den Fahrer im Zweifel schneller von A nach B dirigiert. Auch, weil sie inzwischen so ausgefeilt sei, dass sie auch Verkehrssi­tuationen wie Staus oder Sperren berücksich­tige.

„Fahrer soll auch Tipps geben“

„Die Presse“fragte auch Erwin Leitner, Bundesobma­nn für das Taxigewerb­e in der WKO. Er sieht die Sache etwas anders: Um die Qualifikat­ion der Fahrer zu gewährleis­ten, brauche es die Prüfung. „Ein Taxifahrer sollte z. B. Touristen, die gerade in Wien angekommen sind, bei Bedarf Tipps geben können – über Hotels, Gastronomi­e, Sehenswürd­igkeiten. Dazu muss man sich in der Stadt auskennen.“

Navis seien in Wien indes sogar vorgeschri­eben – und die Ortskundep­rüfung habe man hier schon erleichter­t. Die Zahl der Routen, die Fahrer wissen müssen, sei reduziert worden, die Prüfung laufe im Multiple-Choice-Verfahren ab. Auf eine „vernünftig­e Ausbildung“könne man jedoch nicht verzichten, wenn die Qualität weiter steigen solle, sagt Leitner. „Sonst wird die Qualität eher sinken.“

 ?? [ Reuters/Sergio Perez ] ?? Auch Uber-Fahrer brauchen nach geltendem Recht einen Taxischein.
[ Reuters/Sergio Perez ] Auch Uber-Fahrer brauchen nach geltendem Recht einen Taxischein.

Newspapers in German

Newspapers from Austria