Braucht ein Taxler noch Ortskunde?
Fahrtendienste. Eine EU-Leitlinie empfiehlt, Taxlern den Berufszugang zu erleichtern und die Anforderungen ans Navi-Zeitalter anzupassen. Auch Österreich sei hier zu streng, beklagt Uber.
Wien. Das Taxigewerbe auf der einen Seite – und Online-Fahrtenvermittler wie Uber auf der anderen: Das bleibt auch ein Jahr nach der Zusammenführung von Mietwagenund Taxibranche eine spannungsgeladene Beziehung. Aktueller Stein des Anstoßes: die Anforderungen für die Taxilizenz, die nun auch Uber-Fahrer brauchen. Genauer: die dafür erforderliche Ortskundeprüfung.
Der Aufwand dafür sei enorm hoch, lautet die Kritik. Ein Großteil der Mietwagenfahrer habe daher bis heute keinen Taxischein erwerben können und werde faktisch aus dem Markt gedrängt. Und das, obwohl Leitlinien der EU-Kommission genau davor warnen und ein Zurückfahren der Anforderungen empfehlen.
Uber verweist dazu auf die „Bekanntmachung der Kommission zu einem gut funktionierenden und nachhaltigen lokalen Bedarfsverkehr für die Personenbeförderung“(2022/C 62/01). Diese geht tatsächlich recht konkret auf die Anforderungen für Taxi- und Mietwagenfahrer ein. Sie sollten „nicht über das heutzutage erforderliche Maß hinausgehen“, heißt es da. Ihr Zweck sei es, „sichere Personenverkehrsdienste von guter Qualität“sicherzustellen – aber nicht, „die Zahl der verfügbaren qualifizierten Fahrer zu begrenzen“. Zu prüfen sei hier auch, ob etwa umfassende und detaillierte geografische Kenntnisse – wie sie in der Vergangenheit benötigt wurden – „heute, in einer Zeit, in der es App-gestützte Buchungsund Navigationsmöglichkeiten gibt, noch notwendig sind“.
„Zugang soll einfacher werden“
„Die Leitlinie fordert die EU-Länder auf, die nationalen Vorschriften zu überprüfen, um den Zugang und die Ausübung des Fahrer-Berufs zu vereinfachen“, sagt ein Uber-Sprecher zur „Presse“. Auch darüber hinaus werde die Beseitigung von Markthindernissen, die den Zugang zum Beruf beeinträchtigen können, empfohlen – da geht es etwa um Anforderungen an Flottengrößen und ähnliche Vorgaben.
Solche Leitlinien sind allerdings nicht rechtsverbindlich. Inwieweit sich diese Empfehlungen auf die künftige Gesetzgebung, etwaige Novellierungen bzw. die Evaluierungsphasen in den Bundesländern auswirken werden, ist dennoch ein Thema. Kritisiert wird etwa, dass zwar in der neuen Bundesbetriebsordnung der maximale Vorbereitungsaufwand für die Prüfung auf 15 bis 25 Stunden begrenzt werde. Der Prüfungsprozess sei jedoch seitens der Kammer noch nicht angepasst worden.
Und das betreffe keineswegs nur Mietwagenfahrer, sondern die gesamte Branche, verlautet von Uber: „Grundsätzlich stellt sich die Frage einer Unterscheidung jetzt nicht mehr, da es nach Vorgabe des Gelegenheitsverkehrsgesetzes seit Anfang 2021 nur noch Taxifahrer gibt.“Und für alle gehe es nun darum, „wie zeitgemäß und notwendig es in Zeiten von Navigationsgeräten überhaupt ist, Straßennamen und -lagen auswendig zu lernen. Diese Anforderung führt bei Taxifahrern regelmäßig zu einer hohen Durchfallquote“. Sie stelle daher vor allem eine Eintrittsbarriere dar – während es in der Praxis dann doch die Navigationstechnik sei, die den Fahrer im Zweifel schneller von A nach B dirigiert. Auch, weil sie inzwischen so ausgefeilt sei, dass sie auch Verkehrssituationen wie Staus oder Sperren berücksichtige.
„Fahrer soll auch Tipps geben“
„Die Presse“fragte auch Erwin Leitner, Bundesobmann für das Taxigewerbe in der WKO. Er sieht die Sache etwas anders: Um die Qualifikation der Fahrer zu gewährleisten, brauche es die Prüfung. „Ein Taxifahrer sollte z. B. Touristen, die gerade in Wien angekommen sind, bei Bedarf Tipps geben können – über Hotels, Gastronomie, Sehenswürdigkeiten. Dazu muss man sich in der Stadt auskennen.“
Navis seien in Wien indes sogar vorgeschrieben – und die Ortskundeprüfung habe man hier schon erleichtert. Die Zahl der Routen, die Fahrer wissen müssen, sei reduziert worden, die Prüfung laufe im Multiple-Choice-Verfahren ab. Auf eine „vernünftige Ausbildung“könne man jedoch nicht verzichten, wenn die Qualität weiter steigen solle, sagt Leitner. „Sonst wird die Qualität eher sinken.“