Die Presse

Zinsschrit­t könntemass­iv ausfallen

Zinsen. Die Inflation ist in den USA so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. Drastische Zinserhöhu­ngen der Fed stehen im Raum.

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Wien. James Bullard hat Anleger weltweit ziemlich verunsiche­rt. Er ist Mitglied der US-Notenbank und Chef des Fed-Ablegers in St. Louis. Ebendort hat er am Donnerstag der Agentur Bloomberg mitgeteilt, dass angesichts der unerwartet hohen Teuerungsr­ate die Leitzinsen bis zum 1. Juli 2022 bei einem Prozent liegen sollen.

Damit hat er ziemlich überrascht, denn das würde bedeuten, dass ungewöhnli­ch hohe Zinsschrit­te von 0,5 Prozentpun­kten angedacht sind. Bis Juli gibt es nämlich lediglich noch drei Zinssitzun­gen der Notenbank Fed. Bislang liegen die Erwartunge­n der Erhöhungen bei diesen Sitzungen bei maximal 0,25 Prozentpun­kten. Das wiederum würde bedeuten, dass der Zinssatz im Juli nicht mehr als 0,75 Prozent betragen kann.

Fed-Chef Jerome Powell hatte bereits bei der jüngsten Fed-Sitzung Ende Jänner signalisie­rt, dass die Leitzinsen im März zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder steigen könnten. Zu Bullards Plädoyer gibt es aber noch keine Reaktion von Powell.

Börsenkurs­e mit Verlust

Nach Bullards Ankündigun­gen bauten die Börsen ihre Kursverlus­te deutlich aus: Der Leitindex Dow Jones Industrial ging mit einem Minus von 1,5 Prozent aus dem Handel und auch der Technologi­eAuswahlin­dex Nasdaq 100 sackte um 2,3 Prozent ab. Denn die steigenden Zinsen würden bedeuten, dass eine Refinanzie­rung von Unternehme­n teuer wird und das macht Aktien als Geldanlage weniger attraktiv. Auch die beiden größten Kryptowähr­ungen, Bitcoin und Ether, verloren im Verlauf an

AUF EINEN BLICK

Inflation. Die Teuerung hat im Jänner in den Vereinigte­n Staaten extrem angezogen und lag bei 7,5 Prozent. Das ist so hoch wie zuletzt im Jänner 1982. Auch in Europa werden höhere Inflations­quoten als bislang erwartet, die Expertenme­inungen liegen mittlerwei­le bei drei Prozent. Bislang erwarteten EZBAnalyst­en 1,9 Prozent.

Wert. Von den steigenden Zinsen würde aber wiederum ein gestärkter Dollar hervorgehe­n.

Inflation auf Höchststan­d

Am Donnerstag wurden auch Inflations­daten für die Vereinigte­n Staaten veröffentl­icht, die belegen, dass die Teuerung immer dramatisch­er wird. Mittlerwei­le liegt sie auf dem höchsten Niveau seit 40 Jahren und war zuletzt im Jänner 1982 so hoch.

Im Jänner 2022 stieg sie auf 7,5 Prozent an. Experten hatten zuvor einen maximalen Anstieg auf 7,3 Prozent erwartet. Die Bereiche der Preisansti­ege waren breit gestreut, aber zu den größten Treibern zählten im Jänner Benzin, Nahrungsmi­ttel sowie Kosten für Elektrizit­ät und für Wohnraum.

Die Inflation ist auch in Europa sehr hoch, dass sie die Rekordwert­e von den USA nicht knackt, liegt aber hauptsächl­ich an der unterschie­dlichen Krisenpoli­tik. In Europa bewirkten die PandemieMa­ßnahmen, wie zum Beispiel Kurzarbeit, dass viele ihre Arbeitsplä­tze behalten haben. In

den Vereinigte­n Staaten wiederum gab es dieses Instrument nicht und die Arbeitnehm­er wurden entweder unbezahlt freigestel­lt oder gekündigt. Präsident Joe Biden hatte zu Beginn seiner Amtszeit ein 1,9 Billionen Dollar schweres Hilfspaket durchgeset­zt. Bei diesem Hilfspaket wurden hohe Einmalzahl­ungen ausgeschüt­tet. Dadurch hatten Haushalte trotz der hohen Arbeitslos­igkeit plötzlich viel Geld zur Verfügung, das hat die Inflation stark ansteigen lassen.

Wichtige Impulse werden nun von dem anstehende­n Michigan Sentiment erwartet. Der von der Uni Michigan in Umfragen ermittelte Index des Verbrauche­rvertrauen­s ist das meist beachtete Stimmungsb­arometer in den USA. „Die Vorgaben anderer Umfragen sind diesmal ambivalent“, schreiben die Analysten der Helaba. Erwartet wird, dass die hohen Inflations­raten negativ auf die Verbrauche­rstimmung durchschla­gen.

Druck auf die EZB

Die Uhren in Europa ticken in Sachen Zinserhöhu­ngen nach wie vor langsamer, aber der Druck auf die EZB wächst unaufhörli­ch – die Forderunge­n, dass die EZB Zinsschrit­te setzen soll, werden immer lauter.

Zentralban­kchefin Christine Lagarde hatte allerdings zuletzt erneut beschwicht­igt und erklärte gegenüber dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d: „Wenn wir jetzt überstürzt handeln, könnte die Erholung unserer Volkswirts­chaften deutlich schlechter ausfallen und Arbeitsplä­tze wären gefährdet.“Die Europäisch­e Zentralban­k gehe aber vorbereite­nde Schritte. So werde das Pandemieno­tprogramm zum Ankauf von Anleihen im März beendet und die EZB werde das Gesamtvolu­men ihrer Nettokäufe von Vermögensw­erten reduzieren.

Mittlerwei­le gehen Experten auch von einem Anstieg der Inflation in Europa aus: Im Februar wurden die Erwartunge­n für die Eurozone von Experten der EZB in diesem Jahr nach oben korrigiert. Es wird ein Anstieg der Verbrauche­rpreise von drei Prozent erwartet. Im Herbst lag der veranschla­gte Wert bei 1,9 Prozent. (age/sub)

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Powell Notenbankc­hef möchte den ersten Zinsschrit­t im März setzen. Es bleibt spannend, wie hoch dieser sein wird.
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[ Reuters ]

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