Salzburger bringen das Labor auf den Berg
Digital II. Unter der Federführung von Salzburg Research arbeiten Forschungsteams und Firmen an einer mobilen Testinfrastruktur, mit der sich Anwendungen für Hobby- und Leistungssportler oder Touristen am Berg testen lassen.
Wenn es darum geht, sich beim Langlaufen, Skifahren oder Tennisspielen zu verbessern, war bis vor einigen Jahren die Videoanalyse der große Trend. Mittlerweile hat sich die Technik stark weiterentwickelt, Sensoren am Körper oder an der Ausrüstung liefern Daten, die das freie Auge gar nicht erkennen kann. „Moderne Sensortechnologie eröffnet uns Möglichkeiten, tiefer in den Körper hineinzusehen. Das ist sowohl im Leistungsals auch im Hobbysport ein spannendes Feld“, sagt Thomas Stöggl, Sportwissenschaftler an der Universität Salzburg.
Waren die Sensoren vor ein paar Jahren noch relativ groß, mit schweren Batteriepaketen und zig Kabelverbindungen ausgestattet, sind sie mittlerweile so klein, dass sie nicht mehr stören. Ideal, um auch Produkte zu testen und in der Materialauswahl objektive Hilfestellung zu leisten. Gemeinsam mit dem Skihersteller Atomic haben Stöggl und sein Team vor einiger Zeit einen Skischuh entwickelt, der mittels moderner Sensortechnik und App dem Nutzer Feedback über Fahrverhalten und -technik gibt. Bis es so weit war, brauchte es unzählige Tests – zuerst im Labor und später am Berg.
Perfektion in der Natur
Solche Outdoor-Testmöglichkeiten in alpiner Umgebung sind aufwendig und teuer. Gleichzeitig gibt es immer mehr Dinge, die draußen in natürlicher Umgebung getestet und perfektioniert werden könnten. Daraus ist die Idee für ein mobiles digitales Berglabor entstanden. „Wir wollen eine nachhaltige digitale Testumgebung schaffen, die mittels künstlicher Intelligenz menschliche Bewegung in Bergszenarien analysieren kann“, erläutert die Informatikerin Elisabeth Häusler, die das Projekt „MountAIn“bei Salzburg Research leitet.
Ziel ist es, dass ein Unternehmen, das an einer Innovation rund um Bergsportaktivitäten arbeitet, die Testinfrastruktur ausleihen kann. Das würde auch kleineren Betrieben kostengünstig Zugang zu diesen Analysemethoden eröffnen. Auch im Wettbewerb um Forschungsprojekte könnte „MountAIn“ein Standortvorteil sein, ist Häusler überzeugt. Mit im Boot sind neben Salzburg Research auch die Universität Salzburg, Atomic und Abios, ein Spezialist für Datenanalyse auf Basis mobiler 5G-Infrastruktur. Schließlich braucht es nicht nur die Sensoren, die Daten erfassen, sondern auch eine verlässliche Übertragung dieser Daten – möglichst in Echtzeit.
Die Sensortechnologie habe im Bereich von Bewegung und Sport großes Potenzial, so Stöggl. Für ihn ist die größte Herausforderung, aus der Fülle von Daten, die gemessen werden können, jene herauszufiltern, die dem Nutzer einen Mehrwert bringen. Dabei gehe es etwa um Messwerte, die helfen, die eigene Skitechnik zu verbessern. „Man kann vieles messen, aber nicht alles bringt einen Nutzen“, sagt er.
Eine App soll nicht den Skilehrer oder die Trainerin ersetzen. Sie kann aber helfen, tiefer in die Bewegungstechnik zu schauen und somit qualitativ hochwertigeres Feedback zu geben. Beispielsweise können auf Basis der erfassten Daten bei der Fahrt mit der Gondel nach oben Tipps zur gezielten Verbesserung des Carvingschwungs für die nächste Fahrt gegeben werden. Oder die App rät zur Pause, wenn die Sensordaten Ermüdungsanzeichen signalisieren.
Noch ist das digitale Berglabor nicht verfügbar, derzeit werden die Wünsche und Anforderungen erhoben, sagt Häusler. Danach geht es an die Umsetzung.
Eine digitale Testumgebung soll die Bewegung in Bergszenarien analysieren.
Elisabeth Häusler, Informatikerin, Salzburg Research