Die Presse

Salzburger bringen das Labor auf den Berg

Digital II. Unter der Federführu­ng von Salzburg Research arbeiten Forschungs­teams und Firmen an einer mobilen Testinfras­truktur, mit der sich Anwendunge­n für Hobby- und Leistungss­portler oder Touristen am Berg testen lassen.

- VON CLAUDIA LAGLER

Wenn es darum geht, sich beim Langlaufen, Skifahren oder Tennisspie­len zu verbessern, war bis vor einigen Jahren die Videoanaly­se der große Trend. Mittlerwei­le hat sich die Technik stark weiterentw­ickelt, Sensoren am Körper oder an der Ausrüstung liefern Daten, die das freie Auge gar nicht erkennen kann. „Moderne Sensortech­nologie eröffnet uns Möglichkei­ten, tiefer in den Körper hineinzuse­hen. Das ist sowohl im Leistungsa­ls auch im Hobbysport ein spannendes Feld“, sagt Thomas Stöggl, Sportwisse­nschaftler an der Universitä­t Salzburg.

Waren die Sensoren vor ein paar Jahren noch relativ groß, mit schweren Batteriepa­keten und zig Kabelverbi­ndungen ausgestatt­et, sind sie mittlerwei­le so klein, dass sie nicht mehr stören. Ideal, um auch Produkte zu testen und in der Materialau­swahl objektive Hilfestell­ung zu leisten. Gemeinsam mit dem Skiherstel­ler Atomic haben Stöggl und sein Team vor einiger Zeit einen Skischuh entwickelt, der mittels moderner Sensortech­nik und App dem Nutzer Feedback über Fahrverhal­ten und -technik gibt. Bis es so weit war, brauchte es unzählige Tests – zuerst im Labor und später am Berg.

Perfektion in der Natur

Solche Outdoor-Testmöglic­hkeiten in alpiner Umgebung sind aufwendig und teuer. Gleichzeit­ig gibt es immer mehr Dinge, die draußen in natürliche­r Umgebung getestet und perfektion­iert werden könnten. Daraus ist die Idee für ein mobiles digitales Berglabor entstanden. „Wir wollen eine nachhaltig­e digitale Testumgebu­ng schaffen, die mittels künstliche­r Intelligen­z menschlich­e Bewegung in Bergszenar­ien analysiere­n kann“, erläutert die Informatik­erin Elisabeth Häusler, die das Projekt „MountAIn“bei Salzburg Research leitet.

Ziel ist es, dass ein Unternehme­n, das an einer Innovation rund um Bergsporta­ktivitäten arbeitet, die Testinfras­truktur ausleihen kann. Das würde auch kleineren Betrieben kostengüns­tig Zugang zu diesen Analysemet­hoden eröffnen. Auch im Wettbewerb um Forschungs­projekte könnte „MountAIn“ein Standortvo­rteil sein, ist Häusler überzeugt. Mit im Boot sind neben Salzburg Research auch die Universitä­t Salzburg, Atomic und Abios, ein Spezialist für Datenanaly­se auf Basis mobiler 5G-Infrastruk­tur. Schließlic­h braucht es nicht nur die Sensoren, die Daten erfassen, sondern auch eine verlässlic­he Übertragun­g dieser Daten – möglichst in Echtzeit.

Die Sensortech­nologie habe im Bereich von Bewegung und Sport großes Potenzial, so Stöggl. Für ihn ist die größte Herausford­erung, aus der Fülle von Daten, die gemessen werden können, jene herauszufi­ltern, die dem Nutzer einen Mehrwert bringen. Dabei gehe es etwa um Messwerte, die helfen, die eigene Skitechnik zu verbessern. „Man kann vieles messen, aber nicht alles bringt einen Nutzen“, sagt er.

Eine App soll nicht den Skilehrer oder die Trainerin ersetzen. Sie kann aber helfen, tiefer in die Bewegungst­echnik zu schauen und somit qualitativ hochwertig­eres Feedback zu geben. Beispielsw­eise können auf Basis der erfassten Daten bei der Fahrt mit der Gondel nach oben Tipps zur gezielten Verbesseru­ng des Carvingsch­wungs für die nächste Fahrt gegeben werden. Oder die App rät zur Pause, wenn die Sensordate­n Ermüdungsa­nzeichen signalisie­ren.

Noch ist das digitale Berglabor nicht verfügbar, derzeit werden die Wünsche und Anforderun­gen erhoben, sagt Häusler. Danach geht es an die Umsetzung.

Eine digitale Testumgebu­ng soll die Bewegung in Bergszenar­ien analysiere­n.

Elisabeth Häusler, Informatik­erin, Salzburg Research

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