Leonardo da Vinci kannte die Kieferhöhle
Universalgenie skizzierte sie 150 Jahre vor „Entdeckung“.
Einer Überblicksarbeit von Kremser Zahnforschern zufolge identifizierte Leonardo da Vinci die Kieferhöhle lang vor ihrer offiziellen „Entdeckung“korrekt – ebenso wie den Zusammenhang zwischen Zahnform und Funktion der Zähne.
Für diese Erkenntnis gingen der Anthropologe und Direktor des Zentrums für Natur- und Kulturgeschichte des Menschen, Kurt W. Alt von der Danube Private University in Krems, und die Kunsthistorikerin und Zahnärztin, Iris Schuez, weniger bekannten Aspekten des anatomischen und physiologischen Erbes von da Vinci (1452–1519) nach. Die Resultate veröffentlichten sie im Journal of Anatomy.
Zähne kein „totes Gewebe“
Fünf 1489 angefertigte Skizzen zeigen die Zahnanatomie, das Nerven- und Blutgefäßsystem und die Nasennebenhöhlen bereits sehr detailliert, schreiben die beiden Studienautoren. Eine handschriftliche Seite mit Schlussfolgerungen zu den Zeichnungen datiert aus dem Jahr 1508. Zwei der Zeichnungen befassen sich u. a. mit den Kieferhöhlen – und das 150 Jahre bevor der britische Anatom Nathaniel Highmore sie wissenschaftlich dokumentierte.
Da Vincis Aufzeichnungen würden auch zeigen, dass er die Zähne nicht als „totes Gewebe“, sondern als lebende Strukturen gesehen hat. In den Zeichnungen findet sich laut dem Autorenteam auch die erste korrekte Angabe zu der Zusammensetzung des menschlichen Gebisses mit vier Schneidezähnen, zwei Eckzähnen, vier Vorbackenzähnen und sechs Backenzähnen pro Kiefer.
In der Renaissance war die Zahnheilkunde aber noch kein eigenes wissenschaftliches Feld. Daher – und aufgrund des Umfangs von da Vincis Vermächtnis – wurde die Bedeutung seiner Erkenntnis wohl bis dato nicht erkannt. (APA/gral)