Im unterirdischen Gestein will man Stau vermeiden
Gasspeicher. Alte Erdgasfelder sind gute Lagerstätten für Wasserstoff und Biomethan aus erneuerbarer Energie. Ein Leobener Team erforscht, wie Bakterien, die Methan produzieren, die Poren im Sandgestein verändern. Wo können sie gut arbeiten, wo verstopfen
Ich vergleiche diese Poren im Sandgestein gern mit Stadtgeografie“, sagt Holger Ott, der das Department „Petroleum Engineering“an der Montan-Uni Leoben leitet. „Eine Stadt braucht eine Autobahn, um die Menschen zu versorgen. Die Geschwindigkeit direkt auf der Autobahn ist aber so hoch, dass dort keiner wohnen kann. Doch die Menschen brauchen die Nähe zur Autobahn und siedeln sich dort verstärkt an. So ähnlich kann man sich Bakterien in den Poren von Gaslagerstätten vorstellen“, beschreibt Ott. Sein Team erforscht derzeit, wie sich Mikroorganismen in porösem Untergrund verhalten: Wo wachsen sie gut, in welchen Ecken bekommen sie genug Gas als Nahrung, an welchen Abzweigungen wuchern sie übermäßig und verstopfen Wege?
Diese Fragen sind wichtig, wenn es um die Speicherung von erneuerbarer Energie geht. Sonne und Wind liefern bekanntlich nicht gleichmäßig Strom, sondern erzeugen oft einen Überschuss an Energie, die es für wolkige oder windstille Tage zu speichern gilt. Das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderte Projekt „Underground Sun Storage“zeigte bereits, dass unterirdische Gesteine gute Lagerstätten sind:
Den überschüssigen Strom aus Solar- und Windkraftanlagen kann man zur Elektrolyse von Wasser (H2O) zu Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) einsetzen, den Wasserstoff in alte Erdgas-Felder „einpressen“und ihn dann wieder herausholen, wenn man ihn braucht. Ein Aspekt dieses Leitprojekts war aber, dass das unterirdische Gestein nicht klinisch rein vorliegt, sondern von Bakteriengemeinschaften besiedelt ist, die den Wasserstoff „auffressen“können: Sie nehmen H2 und CO2 auf und scheiden Methangas (CH4) aus.
Bakterien-Cluster sind unerwünscht
Nun ist Methan ja auch ein wertvoller Stoff in Zeiten der Energiewende: Wenn es nicht aus fossilen Lagerstätten genommen, sondern von Bakterien produziert wird, nennt man es Biomethan und kann es in Erdgasnetze einspeisen. Das will das Folgeprojekt „Underground Sun Conversion“erreichen, und das Team um Holger Ott untersucht einen Teilaspekt davon im FFG-Projekt „BioPore“: Es geht um die Physik rund um Methan produzierende Bakterien – um die Fließeigenschaften der Gase in den Poren der Gesteine. Die biochemische Seite deckt dabei die Gruppe um Andreas Loibner vom Institut für Umweltbiotechnologie der Boku Wien ab.
Der Autobahn-Vergleich erklärt, dass sich an Stellen mit hoher Fließgeschwindigkeit gar keine Bakterien ansetzen werden, sondern sie eher in der Nähe solcher „Autobahnen“wachsen, wo sie genug Nahrung bekommen, aber nicht weggeschwemmt werden. Je mehr Bakterien wuchern, umso höher wird aber die Gefahr für einen Verkehrsstau bzw. Gasstau, da die Bakterienbeläge den Durchfluss der Gase blockieren. Im Mikroskop schaut das fast aus wie verstopfte Blutgefäße, wo Ablagerungen die Arterien verengen können. An manchen Stellen wachsen mehr Bakterien, an anderen weniger, doch ihre Ausdehnung hat stets Einfluss auf das gesamte System.
„Es kommt auch zur Bildung von Clustern“, sagt Ott, also zu großen Klumpen mit Bakterienpopulationen, die einerseits Staus verursachen, andererseits sehr ineffizient als Methan-Umwandler arbeiten. Denn je flacher der Bakterienbelag am Gestein ist, umso besser werden Bakterien darin mit Wasserstoff versorgt und können Methan abgeben. In einer dicken Kugel gelangen aber nur die äußersten Mikroorganismen zum „Futter“, die Kollegen im Inneren tragen wenig zur Methanproduktion bei.
Die Arbeit des BioPore-Teams findet nun in verschiedenen Größenordnungen statt. In feinsten porösen Glasmodellen (Mikrofluidik) werden Bakterienwachstum und Gasfluss mikroskopisch beobachtet. Die Dissertanten Patrick Jasek und Gerald Stiedl untersuchen den Zusammenhang von Bakterienbelag und Methanproduktion nicht nur in Glasmodellen, sondern auch in ein Meter langen Bohrkernen aus natürlichem Gestein. Und das hohe Ziel ist, die Effizienz von großen Gaslagerstätten zu steigern, wo methanproduzierende Bakterien gut arbeiten können, aber weder dem Gas den Platz wegnehmen noch die Gänge in den Poren verstopfen.