Der Pate des Silicon Valley
In seiner Biografie beschreibt der Journalist Max Chafkin den Werdegang und die Schattenseiten des Tech-Unternehmers Peter Thiel.
Peter Thiel ist in Österreich vor allem durch die Anstellung von Sebastian Kurz zum Gesprächsthema geworden. In den USA sorgt der Unternehmer schon seit Jahren durch geschäftliche Erfolge und umstrittene politische Umtriebe für Furore.
Der Sohn deutscher Einwanderer studierte nach einer Schulzeit, in der er einerseits durch hohe Intelligenz aufgefallen, andererseits Opfer von Mobbing-Attacken geworden war, an der Elite-Universität Stanford. Nachdem ihn die ersten Arbeitserfahrungen in New York enttäuscht hatten, landete er im Silicon Valley seinen ersten Coup als Mitbegründer und Investor des Zahlungsdienstleisters PayPal. Darin sah der libertäre Investor das Potenzial, die Macht von Nationalstaaten zu erschüttern. Wie wir heute wissen, ist das nicht eingetreten.
Max Chafkin zufolge ist PayPal der Geburtsort einer Unternehmenskultur, die im Silicon Valley mittlerweile vorherrschend ist und die Verstöße gegen gesetzliche und moralische Richtlinien als Mittel zum Zweck heiligt, um an wirtschaftliche Ziele zu gelangen. So stürzte Thiel den damaligen CEO Elon Musk während dessen Hochzeitsreise vom Thron, um selbst das Ruder zu übernehmen. Ebenso war PayPal für besonders lasche Sicherheitsrichtlinien bekannt, welche Betrügereien durch Identitätsdiebstahl mit Leichtigkeit ermöglichten. Später entschied sich Thiel, PayPal für Summen in Milliardenhöhe an eBay zu verkaufen. Daraufhin gründete er den Hedgefonds Clarium Capital.
PayPal sollte nur eines von vielen erfolgreichen Unternehmen sein, an deren Erfolgsgeschichte der Investor mit dem Riecher für vielversprechende Start-ups maßgeblich beteiligt war oder ist. 2004 war er mit einem Darlehen von einer halben Million US-Dollar Facebooks erster Geldgeber und wurde zu einer einflussreichen Figur in Mark Zuckerbergs Geschäftsleben. Weitere Investments umfassen den Online-Übernachtungsservice Airbnb sowie den Fahrdienstvermittler Lyft. Ebenso ist Thiel Mitgründer des Datenanalyse-Unternehmens Palantir, welches unter anderem für militärische Zwecke genutzt wird.
Vor dem Hintergrund seines Ausstiegs aus dem Verwaltungsrat von Facebook zugunsten verstärkter politischer Aktivitäten sind vor allem jene Teile der Biografie interessant, die Thiels politische Genese beleuchten. 1987 gründete er während seiner Studienzeit die bis heute bestehende Studentenzeitung „Stanford Review“. Dort wurde etwa gegen „unnatürliche Sexualpraktiken“in Zeiten der Aids-Epidemie gewettert. Weitere Zielscheiben der Zeitschrift waren Frauen und deren Rolle in der Gesellschaft, Immigranten und die Immigrationspolitik der USA sowie Liberale, welche nach Thiels Vorstellung den Mainstream bildeten und vor allem Verachtung verdienten. Ehemalige Mitwirkende der Zeitung sollten später auffallend häufig in Thiels Unternehmen in hochrangigen Positionen zu finden sein.
Der Milliardär unterstützt seit Jahren die Ambitionen ideologisch ihm nahestehender Politiker. 2012 gelang es ihm, dem Republikaner Ted Cruz zu einem Sitz im texanischen Senat zu verhelfen. 2016 involvierte sich Thiel prominent – und finanziell – in Donald Trumps Wahlkampf. Der revanchierte sich, indem er ihn als Berater holte und einige seiner Gefolgsleute in öffentlichen Positionen unterbrachte. Und auch Thiels Firma Palantir profitierte von staatlichen Aufträgen.
Chafkins sorgfältig recherchierte Biografie gewährt tiefe Einblicke in das Wesen Peter Thiels – für den der österreichische ExKanzler nun als Global Strategist tätig ist.