Mundet besser als ein Kapaun!
Ein Festschmaus, der gar nicht als solcher daherkommt, aber sich von Anfang an großer Beliebtheit erfreute – vom Fußvolk über die Hautevolee und gar bis zu Hoheiten. Um
1800 erschien in einer Wiener Zeitung eine Meldung, dass im Schaufenster eines Fachgeschäfts Am Schottenfeld (heute Neustiftgasse) „merkwürdige Gebilde“zu begutachten seien, die man nirgends zuvor gesehen habe, und über die noch niemand Näheres wisse.
Erfunden hat die „Gebilde“ein junger Mann aus Oberfranken, der nach Ende seiner Lehr- und Wanderjahre den Meistertitel erwarb und nach Sesshaftwerdung donauabwärts in Altlerchenfeld – einem Wiener Stadtteil – sein eigenes Geschäft errichtete. Möglich war die Eröffnung dank eines Darlehens einer Baronin, die nicht näher bekannt ist.
Ja, und kaum hatte sich die Nachricht über diese „Gebilde“verbreitet und hatten die Menschen sich ans Kosten gewagt, war es auch schon zum Lieblingsessen vieler Menschen geworden. Etwa wurden einem Künstler aus Linz zwanzig der „Gebilde“für einen Gulden und vierzig Kronen per Eilgut in der Postkutsche geliefert – was aber wegen der kurzen Haltbarkeit nur saisonal möglich war. Da es zu dieser Sendung erst Mitte des 19. Jahrhunderts kam, erlebte der Erfinder den Boom gar nicht mehr, denn zu dem Zeitpunkt war er schon 13 Jahre tot.
Jedenfalls schrieb der erfreute Künstler seinem Freund, der ihm das Paket hatte zukommen lassen, Folgendes: „Die Dinge schmecken uns so sehr, dass unser Mühmchen Josefine sagte, sie seien besser als ein Kapaun (ich sage das nicht), und dass meine Frau ewig beim Mittagessen im ganzen Februar sagte: Siehst du, die Kälte hält an, wir hätten noch der Dinger genug bekommen.“
Die Speise wurde erst auf der Pariser und später auf der Chicagoer Weltausstellung präsentiert – und noch heute sind sich nicht einmal feine Damen zu schade, in nobler Ballrobe zuzugreifen. Eine Köstlichkeit made in Austria – und dennoch kommt der österreichische Bezug hierzulande nie heraus. Im Französischen gilt dasselbe wie für Österreich, nur auf Englisch werden beide Namen synonym verwendet.