„Ich mag es nicht so angeräumt“
Welchen Wohntraum sich die Kindermöbel-Restauratorin Katrina Gietl mit ihrer Familie in Korneuburg erfüllt hat. Und warum Vintage für sie viel mehr als ein Stil ist.
Einen Berg vor dem Fenster zu haben, das schwebte Katrina Gietl schon lang vor. Sich mit dem Grundstück nahe bei Wien und einem Hausbau darauf anzufreunden, fiel ihr vor zwölf Jahren, hochschwanger und dadurch begrenzten Energiereserven, dennoch nicht leicht. „Jetzt bin ich superfroh, dass mein Mann mich dazu ermutigt hat. Wir haben die schönste Aussicht, sind in 25 Minuten in der Innenstadt.“
Das 220 Quadratmeter große Haus wurde mit Architektenhilfe erbaut. „Wir hatten sehr klare Vorstellungen, benötigten aber jemanden, der unsere Ideen auf dem schmalen Grundstück richtig umsetzen konnte.“Wichtig war ihnen vor allem, ein Wohnzimmer als stillen Rückzugsort vom Trubel zu haben, getrennt von der belebten Küche und dem Essbereich. „Und, dass die Küchenkredenz des Großvaters aus den 1920er-Jahren einen guten Platz bekommt.“
Solider Stilmix
Im Untergeschoß sind heute Büro, WC, Heizraum sowie eine kleine Garderobe untergebracht. Küche und Wohnzimmer haben jeweils 40 m2 und sind auf einer Seite zu einer Terrasse ausgerichtet. Die gemütliche Küche besteht neben der Kredenz aus Küchenfront, langem Tresen und großem Küchentisch mit Eckbank und Sesseln. „Das ist quasi mein Kraftplatz, weil ich so gern hier sitze und lese, arbeite oder mit Freunden Kaffee trinke.“Das längliche Wohnzimmer ist ein ruhiger Raum mit großem Sofa, alter Kommode und einem offenen Kamin. Unterschiedliche Lichtquellen sorgen für gemütliche Stimmung.
Im oberen Stock befinden sich zwei Kinderzimmer, ein kleines und ein großes Bad, Waschraum, Gästezimmer und Schlafzimmer. Schon beim Hausbau, aber auch bei der Inneneinrichtung und Wahl der Möbel wurde auf hochwertige
Materialen geachtet: Holzböden, edle Fliesen, solide Fenster und langlebige Einbauten, wie die Steinplatte in der Küche. „Die war nicht billig, schaut aber nach zwölf Jahren noch immer aus wie neu. Auch bei den Einbaumöbeln wollten wir keine Kompromisse eingehen. Schließlich wollten wir nicht nach ein paar Jahren wieder von vorn beginnen und alles neu machen müssen.“Weil Gietl und ihr Mann in früheren Zeiten sehr oft umgezogen waren, hatten sie anfangs nur wenige Möbel. „Nur unsere Vintagemöbel – von der Biedermeierhochzeitskommode bis zum Sessel aus den 1960ern – und die waren eingelagert.“
Bei der Inneneinrichtung war die neutrale Gestaltung in dezenten Farben sehr wichtig. Ein paar Designklassiker dürfen natürlich auch nicht fehlen. Der Eames Chair war die erste große Investition. „Bei uns hat fast jedes Stück eine Geschichte: Den PEZ Automat in der Küche habe ich mit meinem ersten Gehalt direkt von Ferry Ebert gekauft.“Der alte Holzkasten, den ihr Urgroßvater
damals für die kleine Katharina in einem leuchtendem Blau gestrichen hatte, kam ins Zimmer der Tochter. Dazu wurde ein Vintagehighboard, in „iceblue“neu gestrichten, kombiniert.
Seltener Weinbergblick
„Dass es sinnvoll ist und sehr schön sein kann, alte Möbel und Sachen wiederzuverwenden, haben die Kinder recht schnell verstanden.“Und dass man nicht dauernd etwas Neues brauche. Da weder Keller noch Dachboden
vorhanden sind, habe man auch den Vorteil, nicht zu sammeln oder unnütze Sachen zu kaufen. „Bevor etwas Neues ins Haus kommt, muss etwas anderes weichen. Mit zwei Kindern, Freunden und Familie, die oft zu Besuch kommen, muss alles im Haus funktionell sein. Ich mag es nicht, wenn alles angeräumt ist. Obwohl, auf dem Flohmarkt kann ich an alten Vasen oder Geschirr kaum vorübergehen.“Wenn Gietl die Haustür hinter sich zumacht, möchte sie in ihrer Welt sein. „So sollte Wohnen sein“, findet sie. „Wenn das Heim die Welt seiner Bewohner widerspiegelt, dann fühlt man sich wohl.“Familienbilder sind wenige zu finden. „Die Möbel und die Deko-Objekte sind ja quasi wir, und auch die Weste oder die Puppe, die mal herumliegen dürfen. Wir leben hier, und das sieht auch so aus.“
Ihr Lieblingsplatz ist übrigens das Schlafzimmer – mit Blick auf die Weinberge, „wo man beim Rausschauen einfach den ganzen Tag vorüberziehen lassen könnte. Leider ist das nur selten möglich“.