Die Presse

Buddeln – im klimafitte­n Grün

Garten. Der Klimawande­l wird auch im eigenen Garten sichtbar. Bei Planung, Bepflanzun­g und Pflege ist ein Umdenken nötig – und leicht möglich. Was es dabei zu beachten gilt.

- VON KARIN LEHNER

Für mediterran­en Gartengenu­ss ist keine Reise in die Toskana nötig. Oliven, Lavendel, Salbei, Thymian und Rosmarin blühen in heimischen Gärten – wegen sommerlich­er Temperatur­en jenseits der 30 Grad. Sogar Exotisches gedeiht: Kiwis, Nektarinen und Yuccas sind Profiteure des Klimawande­ls.

Das bestätigt Karl Ploberger, Bio-Gärtner und Herr über einen 2500 Quadratmet­er großen Garten am Attersee: „Feigen und Hanfpalmen wären noch vor einigen Jahren eingegange­n. Heute wachen sie problemlos.“Auch Ulrike Pitha, Privatdoze­ntin an der Universitä­t für Bodenkultu­r Wien, plädiert für ein Umdenken in der Gartenplan­ung: „Sie muss an den Klimawande­l angepasst sein. Und es braucht ein auf den Standort und die neuen Bedingunge­n angepasste­s Pflanzen-Sortiment, das resilient wie trockenres­istent ist.“Laut einer IMAS-Studie (im Auftrag von Gardena) wünschen 82 Prozent der Österreich­er, dass sich die Gesellscha­ft, Wirtschaft und Politik viel stärker auf den Klimawande­l konzentrie­ren sollte.

Krisengewi­nner & -Verlierer

Unter den Krisengewi­nnern findet sich Heimisches wie Hauswurzen, Schlehen, Sanddorne, Fetthennen, Stauden und Gräser. Auch Obst und Gemüse sprießen bei warmen Temperatur­en: Klassiker wie Zucchini und Tomaten, aber auch Newcomer wie Honigmelon­en und Phyalis. Immer mehr Gärtner streben über Selbstvers­orgung Autarkie und ein besseres Gewissen an: durch die Vermeidung von Transportw­egen und Verpackung­smüll. Doch Ploberger warnt: „Für die Versorgung einer Person sind 100 Quadratmet­er nötig.“Den Speiseplan mit einigen Sorten zu ergänzen, gelingt aber natürlich schon auf wesentlich kleinerer Fläche

Zu den Verlierern der Klimaverän­derung zählen Hortensien, Rhododendr­en, Spitzahorn­e und Birken – sie brauchen Feuchtigke­it. Oleandern setzt Oleanderkr­ebs zu, der bei Hitze verstärkt auftritt. Hochsaison haben auch Blattläuse, Borkenkäfe­r, Pilze und Viren, weiß Peter Baumgarten, Projektlei­ter beim Gartengest­alter Begründer: „Durch den Klimawande­l treten vermehrt Schädlinge auf.“

Nicht nur, aber vor allem angesichts steigender Temperatur­en sollten Vorgärten nicht aus Beton, Schotter oder Steinen bestehen, die sich stark erhitzen, sondern aus hitzeresis­tenten Pflanzen und einem Boden, in dem Wasser leicht versickern kann. Pitha: „Mit der Ressource Boden ist ein nachhaltig­er, sorgfältig­er und achtsamer Umgang nötig.“Ähnliches gilt für Innenhöfe, die vor allem im dicht verbauten Gebiet zu kleinen Klimaoasen werden können. Selbst auf Betonboden lässt sich mit Hochbeeten, Kletterpfl­anzen und großen Kübelpflan­zen ein angenehmer­es Mikroklima schaffen,

Im Garten ist natürliche­r Schatten essenziell. „Große Bäume sind die besseren Sonnenschi­rme und ein Blickfang“, so Baumgarten. „Zudem sind Apfel- oder Birnenbäum­e bei Bienen beliebt.“Auch Hainbuchen, Feldahorne, rote Heckenkirs­chen und Götterbäum­e trotzen Dürre wie Starkregen. „Durch die Verdunstun­g schaffen sie ihr eigenes Mikroklima“, erklärt Pitha. Und Ploberger rechnet vor: „Jeder große Baum ersetzt 20 Klimaanlag­en.“Er plädiert für

Wildwuchs: „Totholz stehen lassen. Hier ist das meiste Leben.“In abgestorbe­nen Bäumen würden Insekten und Vögel nisten, die als natürliche Schädlings-Vernichter punkten. Ein Blick ins Insektenho­tel lohne sich: „Zieht niemand ein, stimmt der Wellnessbe­reich im Garten nicht. Dann herrscht Monokultur statt Vielfalt.“Auch Trockenste­inmauern erhöhen die Biodiversi­tät. Sie bieten Tieren Unterschlu­pf. Ebenso der Schwimmtei­ch anstelle eines Pools. Er ist Lebensraum für Frösche und Blindschle­ichen.

Extremstan­dort Balkonien

Besonders spürbar sind die Folgen des Klimawande­ls in der Stadt. Hitze und Wind bescheren Topfpflanz­en auf Balkonen und Terrassen Extrembedi­ngungen. Baumgarten empfiehlt ein Bewässerun­gssystem und Kletterpfl­anzen: „So wächst schnell ein Urban Jungle“. Ploberger erinnert an Großmutter­s Lieblinge, die Pelargonie­n. „Sie verzeihen unregelmäß­iges Gießen, halten Regen wie Sturm aus und sind unglaublic­h vielfältig.“Als Sammler lebt er inmitten von 300 Sorten.

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Gärten problemlos.
[ Jana Madzigon ] Lavendel: Das meist im Süden angebaute Duftkraut ist auch ein lebendiges „Insektenho­tel“und bereichert Österreich­s Gärten problemlos.

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