„Wir sind Artisten der Herzen“
Porträt. Nur wenn sich die Mitarbeitenden wohlfühlen, fühlen sich auch die Gäste willkommen. Also gibt Christian Klaus, General Manager des SO/ Vienna, seinen Leuten viel Gestaltungsspielraum.
Das Ziel ist rasch beschrieben: „Wir wollen Smiles kreieren“, sagt Christian Klaus, seit Herbst 2020 General Manager des SO/ Vienna am Donaukanal. „In der Fünf-Sterne-Hotellerie geht es um das Erlebnis.“Also um weit mehr, als bloß zu schlafen, zu essen und zu trinken.
Das gelinge nur, wenn sich die Mitarbeitenden wohlfühlen. „Ein verunsichertes Team wird die Gäste nicht glücklich machen.“Also möchte er seinen Leuten Gestaltungsspielraum geben. Dahin gehend haben ihn vor allem seine 14 Jahre als Hotel-Manager in den USA geprägt: Führungskräfte befehlen nicht, sie binden ein, sie leisten Überzeugungsarbeit. Und sie fragen ihre Leute, unabhängig von deren Position und Funktion, um die Meinung: „Trage ich als Manager größere Verantwortung? Ja. Hat meine Stimme deshalb mehr Gewicht? Ich bezweifle es.“
Selbst oder gerade wenn man viel Verantwortung abgebe, „werde man nicht enttäuscht“, sagt Klaus. Im Gegenteil. Mitarbeitende übernehmen die Initiative. „Wenn alle auf das warten, was ich sage, können wir zusperren.“Zu lernen, Dinge aus der Hand zu geben, sei für ihn als Kontrollfreak schwierig gewesen. Und ja, es würden Fehler passieren: „Dann bitte ich um Entschuldigung und wir schauen, dass wir das Problem fixen.“Auch das ist etwas, das er sich in Übersee angeeignet hat: Das Positive sehen, darüber reden, Probleme lösen und alles, was man tut, beim nächsten Mal besser machen.
Er könne beinahe alles entschuldigen. Pünktlich, gepflegt und freundlich zu sein, sei jedoch nicht verhandelbar. Denn, sagt er, „wir sind Artisten der Herzen“. Alle müssten dazu beitragen und so handeln, dass es für alle Gäste passt, gleich, ob sie lieber distanziert oder lieber familiär behandelt werden wollen. „Das funktioniert nur, wenn sie keine Angst haben, es nicht hinzubekommen.“
Entsprechend groß war sein Bemühen, in den vergangenen Monaten die Motivation hochzuhalten.
Er schickte seine Leute auf Trainings („Die ersetzen aber nie das ,echte‘ Arbeiten“), organisierte Feelgood-Sessions und engagierte
Psychologen. Für manche seien die Kurzarbeit und der eingeschränkte Betrieb nicht nur frustrierend gewesen, sondern auch finanziell schwierig. Nicht alle der 180 Mitarbeitenden konnte er daher halten. Im ersten Lockdown wechselten einige in andere Berufe, um das Familieneinkommen zu sichern. Dennoch sorgt er sich nicht, Mitarbeitende zu finden: „Ein Fünf-Sterne-Hotel am Ring hat mehr Wettbewerbsdruck. Als Lifestyle-Hotel können wir uns anders positionieren.“
Allerdings müsse die Branche generell die Arbeitsbedingungen (Arbeitszeit, Saisonarbeit, Flexibilität etc.) überdenken, um den Fachkräftemangel einzudämmen. „Sie kann von anderen Betrieben und Industrien noch lernen.“
Apropos überdenken: Die vergangenen Monate haben ihm und seinem Team die Gelegenheit geboten,
Strukturen und Prozesse im eigenen Haus zu hinterfragen.
Den dafür nötigen analytischen Blick hatte Klaus an der renommierten ETH Zürich im „Electric-Engineering“-Studium perfektioniert. Von seinem Vater für den „unbegabtesten Ingenieur gehalten – und er hatte recht“erkannte er bald, dass mit anderen etwas zu kreieren ihm mehr Freude bereitete als die Technik. Dafür fand er in der Hospitality eine Möglichkeit.
Und je älter er werde, sagt der 49-Jährige, „freut es mich, anderen zu helfen, dahin zu kommen, wo sie hinwollen“. Außerhalb des Unternehmens, erst recht innerhalb.
Junge bringen viel Energie
Die jüngere Managergeneration, bemerkt er, möchte nicht mehr so lang warten, bis sie Karriere macht. Sie würde es auch ganz offen ansprechen, nicht so viel Geduld zu haben. Umgekehrt, sagt Klaus: „Die jungen Leute sind auch mutiger und sie sind bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen.“Überhaupt komme mit ihnen viel Energie ins Haus. Diese Energie gelte es, in die Organisation einzubinden.
Etwas aber benötige jedenfalls Zeit: Zu lernen, „die Gäste zu lesen“. Dennoch gebe es – gerade für die Jungen – eine gute Möglichkeit, die fehlende Erfahrung zu kompensieren: „Sei so freundlich“, sagt Klaus, „dass Du spürst, was der Gast will.“Es gehe ja um Smiles, nicht um den perfekten Prozess.