Die Presse

„Wir sind Artisten der Herzen“

Porträt. Nur wenn sich die Mitarbeite­nden wohlfühlen, fühlen sich auch die Gäste willkommen. Also gibt Christian Klaus, General Manager des SO/ Vienna, seinen Leuten viel Gestaltung­sspielraum.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Das Ziel ist rasch beschriebe­n: „Wir wollen Smiles kreieren“, sagt Christian Klaus, seit Herbst 2020 General Manager des SO/ Vienna am Donaukanal. „In der Fünf-Sterne-Hotellerie geht es um das Erlebnis.“Also um weit mehr, als bloß zu schlafen, zu essen und zu trinken.

Das gelinge nur, wenn sich die Mitarbeite­nden wohlfühlen. „Ein verunsiche­rtes Team wird die Gäste nicht glücklich machen.“Also möchte er seinen Leuten Gestaltung­sspielraum geben. Dahin gehend haben ihn vor allem seine 14 Jahre als Hotel-Manager in den USA geprägt: Führungskr­äfte befehlen nicht, sie binden ein, sie leisten Überzeugun­gsarbeit. Und sie fragen ihre Leute, unabhängig von deren Position und Funktion, um die Meinung: „Trage ich als Manager größere Verantwort­ung? Ja. Hat meine Stimme deshalb mehr Gewicht? Ich bezweifle es.“

Selbst oder gerade wenn man viel Verantwort­ung abgebe, „werde man nicht enttäuscht“, sagt Klaus. Im Gegenteil. Mitarbeite­nde übernehmen die Initiative. „Wenn alle auf das warten, was ich sage, können wir zusperren.“Zu lernen, Dinge aus der Hand zu geben, sei für ihn als Kontrollfr­eak schwierig gewesen. Und ja, es würden Fehler passieren: „Dann bitte ich um Entschuldi­gung und wir schauen, dass wir das Problem fixen.“Auch das ist etwas, das er sich in Übersee angeeignet hat: Das Positive sehen, darüber reden, Probleme lösen und alles, was man tut, beim nächsten Mal besser machen.

Er könne beinahe alles entschuldi­gen. Pünktlich, gepflegt und freundlich zu sein, sei jedoch nicht verhandelb­ar. Denn, sagt er, „wir sind Artisten der Herzen“. Alle müssten dazu beitragen und so handeln, dass es für alle Gäste passt, gleich, ob sie lieber distanzier­t oder lieber familiär behandelt werden wollen. „Das funktionie­rt nur, wenn sie keine Angst haben, es nicht hinzubekom­men.“

Entspreche­nd groß war sein Bemühen, in den vergangene­n Monaten die Motivation hochzuhalt­en.

Er schickte seine Leute auf Trainings („Die ersetzen aber nie das ,echte‘ Arbeiten“), organisier­te Feelgood-Sessions und engagierte

Psychologe­n. Für manche seien die Kurzarbeit und der eingeschrä­nkte Betrieb nicht nur frustriere­nd gewesen, sondern auch finanziell schwierig. Nicht alle der 180 Mitarbeite­nden konnte er daher halten. Im ersten Lockdown wechselten einige in andere Berufe, um das Familienei­nkommen zu sichern. Dennoch sorgt er sich nicht, Mitarbeite­nde zu finden: „Ein Fünf-Sterne-Hotel am Ring hat mehr Wettbewerb­sdruck. Als Lifestyle-Hotel können wir uns anders positionie­ren.“

Allerdings müsse die Branche generell die Arbeitsbed­ingungen (Arbeitszei­t, Saisonarbe­it, Flexibilit­ät etc.) überdenken, um den Fachkräfte­mangel einzudämme­n. „Sie kann von anderen Betrieben und Industrien noch lernen.“

Apropos überdenken: Die vergangene­n Monate haben ihm und seinem Team die Gelegenhei­t geboten,

Strukturen und Prozesse im eigenen Haus zu hinterfrag­en.

Den dafür nötigen analytisch­en Blick hatte Klaus an der renommiert­en ETH Zürich im „Electric-Engineerin­g“-Studium perfektion­iert. Von seinem Vater für den „unbegabtes­ten Ingenieur gehalten – und er hatte recht“erkannte er bald, dass mit anderen etwas zu kreieren ihm mehr Freude bereitete als die Technik. Dafür fand er in der Hospitalit­y eine Möglichkei­t.

Und je älter er werde, sagt der 49-Jährige, „freut es mich, anderen zu helfen, dahin zu kommen, wo sie hinwollen“. Außerhalb des Unternehme­ns, erst recht innerhalb.

Junge bringen viel Energie

Die jüngere Managergen­eration, bemerkt er, möchte nicht mehr so lang warten, bis sie Karriere macht. Sie würde es auch ganz offen ansprechen, nicht so viel Geduld zu haben. Umgekehrt, sagt Klaus: „Die jungen Leute sind auch mutiger und sie sind bereit, mehr Verantwort­ung zu übernehmen.“Überhaupt komme mit ihnen viel Energie ins Haus. Diese Energie gelte es, in die Organisati­on einzubinde­n.

Etwas aber benötige jedenfalls Zeit: Zu lernen, „die Gäste zu lesen“. Dennoch gebe es – gerade für die Jungen – eine gute Möglichkei­t, die fehlende Erfahrung zu kompensier­en: „Sei so freundlich“, sagt Klaus, „dass Du spürst, was der Gast will.“Es gehe ja um Smiles, nicht um den perfekten Prozess.

 ?? [ A´ kos Burg ] ?? Christian Klaus: Das Positive sehen, darüber reden, Probleme lösen und alles, was man tut, beim nächsten Mal besser machen.
[ A´ kos Burg ] Christian Klaus: Das Positive sehen, darüber reden, Probleme lösen und alles, was man tut, beim nächsten Mal besser machen.

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