Der Maulwurf-Akt: Gute Oppositionskontakte ins Innenressort
Netzwerke. Ex-BVT-Beamte, gegen die wegen Geheimnisverrats ermittelt wird, pflegten auch gute Kontakte zur Politik.
Wien. Die Ermittlungsakte Egisto Ott ist auf Zigtausende Seiten angewachsen. Der Mann war einst BVT-Beamter, Attaché im Ausland und verfügt über ein exzellentes Netzwerk. Das nutzte er neben Auftraggebern aus der Wirtschaft (wiez.B.W ire card)offenba rauch, um Politiker vieler Couleur mit Informationen zu beliefern.
Im Fokus der Ermittlungen stehen Otts Verbindungen zur FPÖ. Er pflegte vor allem mit dem Ex Nationalrats abgeordneten Hans Jörg Jene wein einen regen Informationsaustausch. Gegen beide wird ermittelt. Sein Freund aus dem BVT und Vertrauter Martin W. sagte aber auch aus, dass Ott „praktisch die gesamte Opposition“mit Informationen versorge. Und dass er sich nicht vorstellen könnte, dass er das gratis gemacht habe. Alle von der „Presse“Befragten
hatten das entrüstet von sich gewiesen. Zumindest bei Jenewein verdichten sich für die Staatsanwaltschaft aber Hinweise, dass dem doch anders sein könnte.
Pinke Beziehungen
Auch der Neos-Abgeordnete Helmut Brandstätter kannte Ott besser, als er zunächst zugeben wollte. Vor Monaten von der „Presse“dazu befragt, sagte er zuerst, dass er Ott nur zwei Mal flüchtig getroffen habe. Chats belegen anderes. So chattete er etwa mit Ott nach der Verhaftung von Martin W. Ihm wird vorgeworfen, Wirecard-Vorstand Jan Marsalek zur Flucht verholfen zu haben. In einer ersten Reaktion stellt Brandstätter nicht die dubiose Rolle des ehemaligen BVT-Mitarbeiters infrage – dieser soll immerhin einem Hauptverantwortlichen des größten Wirtschaftsskandals der deutschen Republik bei der Flucht geholfen haben –, sondern diskutierte mit Ott über die Integrität jener Ermittler, die W. verhaftet hatten. Zuerst behauptet Ott, dass jemand anderer den Flug für Marsalek organisiert habe. Nämlich ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter von ÖVP-Innenminister Ernst
Strasser, dessen Firma Geschäftsbeziehungen zu Wirecard hatte. Er war in Marsaleks Flucht nachweislich nicht involviert – Otts Freund Martin W. aber schon. Und auch Otts Rolle ist nicht restlos geklärt.
Brandstätter: „Soll ich das twittern, um das zu beschleunigen?“Ott bezweifelt daraufhin Zuständigkeit und Integrität der Ermittler. Brandstätter bietet ihm dann an, eine parlamentarische Anfrage zu machen. Darauf angesprochen sagt er, dass er in seinem Leben viele Menschen treffe. Immerhin gelte es, Korruption aufzuklären. Auf die Frage, ob er einen Martin W. kenne, sagt er Ja. Der sei Diplomat. Dieser Mann – mit gleichem Namen – war freilich nicht gemeint.
Chatgruppen
Auch Peter Pilz bekommt von Ott viele Informationen. Es finden sich gemeinsame Chatgruppen mit Hans-Jörg Jenewein. Pilz wollte einmal etwas zu einem V-Mann wissen – und Ott holte die Informationen ein. Auch zuletzt bekam Pilz offenbar von Ott direkt oder indirekt heikle Daten. Es geht um das Handy des langjährigen Ex-Innenressort-Kabinettschefs Michael Kloibmüller. Dieser hatte sein Telefon bei einem Betriebsausflug im Wasser versenkt. Es wurde einem IT-Techniker im BVT übergeben, um Daten zu sichern. Der behauptete, dass es nicht zu retten sei, machte aber offenbar Kopien. Zwei Jahre später, im Herbst 2019, versuchte der Mann die Daten gemeinsam mit Ott auszulesen. Die FPÖ war damals nach dem Ibiza-Skandal gerade aus der Regierung geflogen, ein U-Ausschuss eingesetzt.
Die Daten landeten vor Kurzem bei Pilz, der die Inhalte mit seinem Medium „ZackZack“zuerst exklusiv aufarbeitete. In den Auswertungen finden sich berichtenswerte Vorgänge im Innenministerium – aber auch sehr sensible dienstliche Vorgänge, die geeignet sind, um die Sicherheit Österreichs zu gefährden. Gegen Ott wird wegen Russland-Spionage ermittelt. Ott arbeitete für Jan Marsalek. Marsaleks Aufenthaltsort wird in Russland vermutet.
Ich habe Informanten getroffen, weil sehr viel an Korruption aufzuklären ist.
Brandstätter zu seinem Verhältnis zu Ott