Die Presse

Der grünen Inflation ein Schnippche­n schlagen

Auch Privatanle­ger können vom steigenden CO2Preis profitiere­n. Und so die grüne Teuerung abfangen.

- VON JOSEF URSCHITZ

Wien. Alle wollen mit Bitcoin reich werden. Mit einem Investment also, das in den vergangene­n zwölf Monaten – bei extremer Volatilitä­t – genau gar nichts gebracht hat. Und kaum jemand blickt dorthin, wo derzeit wirklich die Musik spielt. Auf den Handel mit CO2Emissio­nsrechten zum Beispiel. Der Preis, den die zum Emissionsh­andel verpflicht­eten Industrieu­nternehmen für die Emission einer Tonne Kohlendiox­id bezahlen müssen, hat sich im Jahresabst­and nämlich schlicht fast verdreifac­ht. Das Schöne daran: Auch Privatanle­ger können am Anstieg des Emissionsp­reises eins zu eins mitschneid­en.

Das funktionie­rt so: Die verpflicht­eten Industrieb­ereiche bekommen eine bestimmte Menge an Emissionsr­echten zugeteilt. Wer mehr Kohlendiox­id in die Atmosphäre bläst, muss die Erlaubnis dazu in Form von CO2-Emissionsr­echten, sogenannte­n European Carbon Allowances (ECA), von jenen Unternehme­n abkaufen, die ihre erlaubte Emissionsm­enge unterschre­iten. Der Handel wird über Energiebör­sen, etwa die EEX in Leipzig, abgewickel­t.

Um die Emissionsm­enge sukzessive

abzusenken, wird die Menge der umlaufende­n Zertifikat­e künftig Jahr für Jahr um je fünf Prozent reduziert. Eine Verknappun­g, die Preisdruck nach oben praktisch garantiert.

Der Handel an den Energiebör­sen ist natürlich nur institutio­nellen Anlegern zugänglich. Im vergangene­n Jahr sind aber Derivate auf den CO2-Preis, genau genommen auf den ECA-Future, geradezu aus dem Boden geschossen. Kein Wunder, hat sich der Emissionsp­reis doch zu einer der ertragreic­hsten und damit interessan­testen Assetklass­en entwickelt.

Der Derivateha­ndel steht Privatanle­gern selbstvers­tändlich offen. Aber Vorsicht: Viele dieser Produkte sind Optionssch­eine mit allen möglichen eingebaute­n Schikanen – etwa Knock-out-Schwellen –

und Hebeln. Bei einem Produkt wie dem ECA-Future, der in den vergangene­n Monaten zwar steil nach oben ging, dabei aber doch relativ volatil war, kann so etwas schnell ins Auge gehen. Zumindest

dann, wenn man nicht Profi ist und den ganzen Tag am PushChart hängt, sondern Investiere­n als interessan­te Nebenbesch­äftigung auffasst, um die man sich nicht ständig kümmern will. Das

Faktum, dass Hebel auch nach unten wirken, kann sich da sehr schnell als Sprengsatz fürs Depot erweisen.

Es gibt aber auch Produkte, die relativ unproblema­tisch sind, weil sie dem ECA-Preis einfach eins zu eins nachfahren. Etwa ECA-Rohstoffze­rtifikate von Société Générale (ISIN DE000CU3RP­S9, siehe Grafik) und von Vontobel (ISIN DE000VX10C­02) oder der Carbon ETC (Exchange Traded Commodity) von Wisdom Tree (ISIN JE00BP2PWW­32).

Natürlich gibt es auch Risken: Der Preis für Emissionsz­ertifikate ist beispielsw­eise politisch beeinfluss­bar. Falls Regierunge­n auf die Idee kommen, ihren Industrien im Falle einer Krise mit mehr Emissionsr­echten zur Seite zu springen, ist die für Preisdruck sorgende Knappheit natürlich dahin. Das gilt auch für Konjunktur­flautePhas­en, die die Nachfrage durch die Schwerindu­strie verringern. Und es gibt das Emittenten­risiko: Geht die emittieren­de Bank pleite, dann ist das Geld – im Gegensatz etwa zu Aktien – futsch. Außerdem müssen Investoren, wie schon erwähnt, unter Umständen erhöhte Volatilitä­t aushalten.

Auf der anderen Seite korrellier­en Emissionsr­echte nur sehr gering mit anderen Assetklass­en, sodass sie eine gute Beimischun­g zur Stabilisie­rung des Depots sind. Und vor allem: Man kann damit der grünen Inflation ein Schnippche­n schlagen: Je teurer die Emissionsr­echte – was sich preistreib­end auch in den Konsumente­npreisen niederschl­ägt –, desto höher die Kompensati­on durch den Ertrag, den das Zertifikat abwirft.

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 ?? [ Getty Images/Ashley Cooper] ?? Die angestrebt­e Dekarbonis­ierung der Schwerindu­strie macht CO2-Zertifikat­e zu interessan­ten Assets.
[ Getty Images/Ashley Cooper] Die angestrebt­e Dekarbonis­ierung der Schwerindu­strie macht CO2-Zertifikat­e zu interessan­ten Assets.

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