Frau erbt nicht, weil sie Mann zu nahe stand
Letzter Wille. Hätte eine Frau eine lockerere Beziehung mit ihrem Ex gehabt, wäre ihr ein Erbe zugestanden. Weil es laut Gericht aber eine Lebensgemeinschaft war, geht sie leer aus.
Wien. Seit rund fünf Jahren gelten neue Erbregeln. Und eine davon besagt, dass zugunsten eines Partners abgefasste Testamente automatisch ungültig werden, wenn man mit ihm verheiratet oder in einer Lebensgemeinschaft war, diese Partnerschaft aber nach Abfassung des letzten Willens endete.
Doch nun stand man in einem aktuellen Fall vor dem Problem, dass eine in der letztwilligen Verfügung bedachte Frau einwandte, dem Verblichenen doch gar nie so nah gestanden zu sein. Und tatsächlich hatten die beiden, obwohl sie jahrzehntelang eine Beziehung führten, nie zusammen gewohnt. Sie hatten auch nicht gemeinsam geurlaubt und keinen gemeinsamen Haushalt geführt. War das also keine Lebensgemeinschaft, sondern nur eine lockerere Beziehung, an deren Ende der Gesetzgeber aber offenbar keine erbrechtlichen Folgen knüpfen wollte?
Das Paar war mehr als zwei Jahrzehnte liiert. 2015 hatte der Mann eine letztwillige Verfügung zugunsten seiner Freundin abgefasst. Sie solle zwei Wohnungen erben. Im Folgejahr war es aber zu einem Streit zwischen dem älteren Herrn (Jahrgang 1931) und seiner jüngeren Partnerin (geboren 1959) gekommen. Dokumentiert dadurch, dass sie ihm einen Ring und einen Garagenöffner zurückgab. Ein Jahr später verstarb der Mann.
Die drei Töchter des Mannes wollten nicht, dass die Exfreundin miterbt. Um das zu verhindern, musste man beweisen, dass es sich früher um eine Lebens gemeinschaft gehandelt hatte. Nun verfügte das Paar zu keiner Zeit überein gemeinsames Konto, auch beteiligte man sich nie wechselseitig an den Haushaltskosten des anderen. Aber die Frau besuchte den Mann zwei bis drei Mal die Woche und übernachtete ab und zu bei ihm. Zunächst half sie ihm nur bei der Wäsche, als er älter wurde, führte sie auch seinen übrigen Haushalt.
Der Mann war umgekehrt nur sehr selten bei ihr. Bei Familienfesten trat das Paar auch kaum gemeinsam auf. In der Freizeit waren Tagesausflüge das Highlight. Gern hörte man zusammen Musik oder ging spazieren.
Als Lebensgefährtin tituliert
Sex hatte man, bis dies beim Mann aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ging. Geld ließ der Mann zweimal für Autos der Frau springen. Sie durfte ihn dafür chauffieren. Wenn man andere Leute traf, stellte der Mann die Frau als seine Lebensgefährtin vor. Und auch in seinem letzten Willen hatte er sie als „meine Lebensgefährtin“tituliert.
Das Landesgericht Feldkirch befand, dass dieser letzte Wille nicht mehr gilt. Zwar umfasse eine Lebensgemeinschaft laut Judikatur eine Lebens-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft. Und das Paar habe eigentlich nur eine „dauerhafte Lebenspartnerschaft“geführt. Der Gesetzgeber habe in dem Paragrafen unabsichtlich eine Lücke geschaffen, doch eigentlich den Begriff „Lebensgefährte“nur im umgangssprachlichen Sinn gemeint, sagte das Gericht. Nämlich so, dass alle Geschlechtsbeziehungen darunter fielen; darum sei der letzte Wille auch hier ungültig.
Das Oberlandesgericht Innsbruck kippte das Urteil. Denn der Gesetzgeber habe Beziehungen, die keine Lebensgemeinschaft darstellten, eben nicht unter den Paragrafen fallen lassen. Im Gesetz (ABGB) stehe die Passage unter dem Begriff „Angehörigenstellung“. Also müsste die Beziehung zu dem Lebenspartner ähnlich intensiv wie bei Angehörigen gewesen sein, damit der letzte Wille automatisch als aufgehoben gelte.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) betonte, dass man den Begriff der „Lebensgemeinschaft“in dem Paragrafen wirklich nach den bisherigen Regeln auslegen solle. Es müsse sich um eine eheähnliche Verbindung handeln, bei der in der Regel die Merkmale einer Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft vorliegen. Allerdings müssten nicht immer alle drei Punkte vorhanden sein, es komme auf den Einzelfall an.
Lang seelisch verbunden
Und hier sei relevant, dass der Mann seine frühere Freundin selbst als „Lebensgefährtin“titulierte. Dazu kam, dass das Paar 22 Jahre lang eine Beziehung führte und seelisch verbunden war. Zwar hatten sie nie miteinander gelebt. Aber man müsse dabei den hohen Altersunterschied und das „sehr hausbezogene“Wesen des Mannes betrachten, meinten die Richter. Unter dem Strich lag laut OGH (2 Ob 173/21m) eine Lebensgemeinschaft vor. Weil diese aufgehoben wurde, erhält die Frau nun nichts.