„Quasi blind“signiert: China-Koch haftet nicht
Steuern. Asiate, der ahnungslos als Geschäftsführer unterschrieb, muss nicht für Steuerschuld einstehen.
Wien. Rund 2500 Euro an offener Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe sollte der Koch eines Chinarestaurants zahlen, nachdem ein anderes Restaurant dieser Art in Konkurs gegangen war. Der Mann war dort eine Zeit lang offiziell als Geschäftsführer geführt worden. Der Verwaltungsgerichtshof hatte zu prüfen, ob das genüge, um ihn für die offene Steuerschuld haftbar zu machen.
GmbH-Geschäftsführer können zur Zahlung von Steuerschulden der Gesellschaft herangezogen werden, wenn diese – etwa wegen Insolvenz – uneinbringlich sind. Der Asiate, der deshalb Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe hätte zahlen sollen, bestritt jedoch ein Verschulden an den Ausfällen. Er habe nicht gewusst, zum Geschäftsführer bestellt worden zu sein, und in dem Moment, wo es ihm klar geworden sei, habe er seinen Rücktritt erklärt.
Das Bundesfinanzgericht stellte zwar fest, dass der Mann über keinerlei Deutschkenntnisse verfügte und die lateinische Schrift nicht lesen konnte. Es genüge jedoch, dass er im Firmenbuch als alleiniger Geschäftsführer der Restaurant-GmbH vermerkt gewesen sei. Dies beruhte immerhin auf einer Musterzeichnungserklärung vor einem Notar, bei der sich der Mann allerdings weder eines Dolmetschers bedient noch danach erkundigt hatte, wozu seine Unterschrift benötigt wurde. Er vertraute vielmehr auf die Angaben eines Dritten, wonach dieser eigentlich als Geschäftsführer eingesetzt werde, und unterschrieb „quasi blind“.
Zweiseitiger Bestellungsakt
Wie der VwGH nun entschied, haftet der Koch nicht. Die Geschäftsführerbestellung sei ein zweiseitiger Akt, der neben dem Beschluss der Gesellschafter auch der Annahme durch den Bestellten bedarf. Nun könne diese zwar auch schlüssig erfolgen, etwa durch Abgabe der Mustersignatur. Dabei komme es aber darauf an, wie ein redlicher Empfänger die schlüssige Erklärung auffassen dürfe. Hat der Empfänger den Erklärenden getäuscht und bei diesem bewusst eine falsche Vorstellung geweckt, kann er nicht darauf vertrauen, dass sein Gegenüber den unbekannten Inhalt der Urkunde in Kauf genommen habe. Mangels Annahme der Erklärung und trotz Eintragung im Firmenbuch wurde die Geschäftsführerbestellung daher nie wirksam (Ra 2021/13/0078). Statt des Kochs könnte nun der Dritte, der sich als faktischer Gesellschafter gerierte, haften. (kom)