„Dreckige“Streifen und die blinden Flecken in der Klimapolitik
Die Atomkraft wird grüngewaschen und die verheerenden Auswirkungen des Flugverkehrs ignoriert. Eine zielführende Politik sieht anders aus.
Im Frühjahr 2001 gingen die Wogen zwischen Österreich und dem Nachbarland Tschechien hoch. Auslöser war der geplante Ausbau des Atomkraftwerks Temel´ın. Grenzblockaden und Proteste belasteten die Beziehungen. Die Haltung Österreichs stieß bei unseren Nachbarn auf Unverständnis. Die Atomkraft sei eine saubere Energie und die Lösung des Umweltproblems. Dadurch habe man die Braunkohlekraftwerke stilllegen können, die durch die Luftverschmutzung und den sauren Regen ganze Wälder vernichtet hätten.
Spätestens nach dem Reaktorunfall in Japan schien die Atomenergie endgültig in Verruf geraten zu sein. Deutschland begann über Nacht mit dem
Ausstieg. Doch nun folgt die EU-Kommission wieder dem alten Narrativ. Möglich macht dies die Fokussierung auf CO2 als vorgeblich einzigem Umweltsünder. Und da es mit dem Wind und der Sonne als neuen Energiequellen – wie zu erwarten – nicht ganz funktioniert, braucht es eine „Brückentechnologie“. Die Atomlobbyisten haben offenbar in Brüssel ganze Arbeit geleistet.
Über die Umweltpolitik der EU kann man nur den Kopf schütteln. Da werden die Privaten mit ständig neuen Vorschriften und exorbitant steigenden Kosten für Heizung und Pkw konfrontiert, um das Klima zu schonen. Zugleich sollen Privatjets und Luxusyachten von der CO2Steuer ausgenommen werden. Hier keimt der Verdacht, dass es sich Superreiche und Einflussreiche mit guten Kontakten zur EU-Spitze richten wollen.
Interessant ist, dass der Flugverkehr in der Klimafrage weitgehend ausgeblendet wird. Neueste Berechnungen ergeben, dass der negative Einfluss auf das Klima um ein Vielfaches höher ist als die Berechnung je Tonne CO2. Mittlerweile ist erwiesen, dass der Feinstaub in den Abgasen wesentlich weitreichendere Folgen für die Erwärmung hat als das ausgestoßene CO2. Besonders in jener Höhe, in der die Flugzeuge unterwegs sind, verhindert der Feinstaub die Abstrahlung der Wärme ins All. Ruß und Wasserdampf der Flugzeuge erzeugen sogenannte Kondensstreifen-Zirren. Dies ist eine „künstliche“Wolkenart, die nun erstmals untersucht wurde und die in Westeuropa und dem Süden der USA besonders häufig auftritt. Das deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum hat errechnet, dass die negativen Auswirkungen über den Alpen besonders dramatisch sind. Von den Forschern wird der Effekt auf die zusätzliche Erwärmung um das Neunfache des CO2-Ausstoßes angesetzt. Der Zirrus-Effekt wird allerdings in keiner Klimaberechnung berücksichtigt. Selbst wenn also das Kerosin klimaneutral wäre, wäre der Flugverkehr weiterhin sehr klimaschädlich. Ein Fokus allein auf das CO2 ist daher unsinnig.
Diese Beispiele zeigen, wie Lobbys es geschickt verstehen, sich aus der Verantwortung zu stehlen oder sogar noch Nutzen aus einer Krise zu ziehen. Denn es ist gelungen, dass in der CO2Berechnung der Flugverkehr komplett ausgenommen wurde. Das Argument: Der internationale Flugverkehr könne keinem Land zugeschlagen werden.
Aber es kommt noch besser: Durch den Einbruch bei den Passagierzahlen im Zuge der Pandemie fliegen seit 2020 sogenannte „Geisterflugzeuge“um die Welt. Das sind komplett leere Linienmaschinen, die nur fliegen, um Landerechte nicht zu verlieren. Allein die Lufthansa mit ihrer Tochter AUA wird diesen Winter an die 18.000 solcher Flüge durchführen. Seit zwei Jahren wird eine Aussetzung der Regelung gefordert, vergeblich.
Hier keimt der Verdacht, dass es sich Superreiche und Einflussreiche mit guten Kontakten zur EUSpitze richten wollen.
A uch Österreich, das gegen die Atomenergie lautstark und zurecht protestiert, kommt der LuftfahrtLobby entgegen. So ist etwa der Flughafen Wien die neue Heimat eines internationalen Frächters und damit die Drehscheibe des europäischen Cargo-Flugverkehrs. Nicht vergessen werden darf, dass auch Billigfluglinien mit großzügigen Hilfen aus Steuergeld „gerettet“wurden. Entgegen den Beteuerungen der Umweltministerin wird also weiterhin billig und teils sinnlos um die Welt geflogen. Eine ehrliche Klimapolitik sieht anders aus.
Morgen in „Quergeschrieben“: Andrea Schurian