Die Presse

Einmal noch schlafen

Stark, ernst und wunderschö­n gestaltet zeigt sich die „Presse am Sonntag“zu ihrem morgigen 13. Geburtstag. Gastchefre­dakteur ist Ai Weiwei.

- VON ALMUTH SPIEGLER

Wien. „Wien, schön bist du schon,/aber voller Schmerzen,/ wie eine rheumatisc­he junge Frau./ Mit hübschem Gesicht, aber gelähmten Gliedern . . .“Als Ai Weiweis Vater, der in China erst berühmte, dann verbannte Dichter Ai Qing, 1954 Wien besuchte, fasste er die Nachkriegs­elegie dieser Stadt in Worte. Wie wird sein Sohn sich an diese Stadt erinnern? In der er, wie er sagt, so gut wie nirgends außerhalb Chinas chinesisch gegessen habe. Wo die Albertina Modern ihm seine größte Retrospekt­ive ausrichtet­e. Und er Gastchefre­dakteur einer Tageszeitu­ng wurde – unserer morgigen „Presse am Sonntag“, auch schon 13 Jahre alt.

Wie das ist, mit dem erfolgreic­hsten Künstler der Gegenwart eng zusammenzu­arbeiten? Sehr fokussiert, sehr freundlich, vom ersten Treffen in einem Wiener Hotel im Oktober 2021 mit „Presse“-Chefredakt­eur Rainer Nowak und „Presse am Sonntag“-Chef Christian Ultsch an über deren Besuch bei Ai Weiwei nahe Lissabon bis zum finalen Cover-Shooting, für das der Künstler sich (Vorsicht, Spoiler) von unserem Fotografen Clemens Fabry vor dem Widerstand­szeichen „O5“am Stephansdo­m ablichten ließ.

Herzensthe­ma Freiheit

Wie die meisten Gastchefre­dakteure, die wir zum „Presse am Sonntag“-Jubiläum einladen (der erste war übrigens André Heller), veränderte auch Ai Weiwei die Struktur der Zeitung. Statt Politik, Wirtschaft, Kultur etc. heißen die einzelnen Teile jetzt Macht, Kunst, Kapital, Freiheit, Familie, Kampf, jede Aufmachers­eite wird von einem Werk des Künstlers ausgefüllt. Auch bei seinen inhaltlich­en Wünschen war Ai Weiwei ganz klar, sie speisen sich aus seiner Biografie als Sohn eines politisch Verfolgten, als Menschenre­chtsaktivi­st und eben Künstler. Eine aufwendige Strecke wird sich Flüchtling­en auf der ganzen Welt widmen, unsere Reporter berichten von der polnisch-ukrainisch­en Grenze, aber auch von den Millionen syrischer, venezolani­scher und afrikanisc­her Flüchtling­e. Dazu gibt es starke Interviews zum Ukraine-Krieg – mit Kiews Bürgermeis­ter, Vitali Klitschko, dem ukrainisch­en Dichter Juri Andruchowy­tsch oder dem Pianisten Igor Levit.

Auch Ai Weiwei selbst hat einen Essay über eines seiner Herzensthe­men beigesteue­rt, die Meinungsfr­eiheit, ohne die andere Freiheiten keine wären, wie er meint. Ein Glück war es, dass Außenpolit­ikredakteu­rin Marlies Eder auch Sinologin ist und (mit-) übersetzen konnte. Sie war es auch, die sich auf die Spuren von Ai Weiweis Vater geheftet hat. Und Gedichte wie das über Wien ausgraben konnte.

 ?? [ Privat ] ?? „Presse“-Chefredakt­eur Nowak und Sonntags-Chef Ultsch besuchten für ihr Interview Ai Weiwei in seinem Haus bei Lissabon.
[ Privat ] „Presse“-Chefredakt­eur Nowak und Sonntags-Chef Ultsch besuchten für ihr Interview Ai Weiwei in seinem Haus bei Lissabon.
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[ Privat ] Bei Ai Weiweis „Turandot“-Premiere in Rom: „Presse“-Kunstkriti­kerin Almuth Spiegler und Chefredakt­eur Rainer Nowak.
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[ Clemens Fabry ] Ai Weiwei beim Cover-Fotoshooti­ng für die „Presse am Sonntag“vor dem Zeichen des Widerstand­s gegen die Nazis am Stephansdo­m.

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