Der Arbeitsauftrag an den ÖFB
Mit dem 1:2 in Wales blieb das WM-Ticket für Österreich erneut nur eine Illusion. Der Schrei nach personeller Veränderung, Reformen, Strukturen und neuen Spielideen wird laut.
Wieder findet die FußballWM ohne Österreich statt. Seit Frankreich 1998 schauen rot-weiß-rote Fußballer zu, wenn das Fifa-Event läuft. Und alle verlorenen Qualifikationen wurden ausnahmslos von leeren Versprechungen heillos überforderter Funktionäre, ratlosen Teamchefs und stagnierendem Spiel des ÖFB-Teams begleitet. In diese Kategorie fällt auch das ernüchternde 1:2 in Wales.
Was muss sich ändern, damit sich Österreich Hoffnungen auf die WM 2026 machen kann? Wer muss zwingend gehen, dringend kommen? „Die Presse“formuliert einen Arbeitsauftrag an den ÖFB.
1 Die Teamchef-Frage: Wer folgt auf Franco Foda?
Der Vertrag von Franco Foda endet mit 31. März. Eine Verlängerung der seit 2017 währenden Zusammenarbeit wäre nach dieser Enttäuschung ein falsches Signal, wenngleich es zu Österreichs Sport durchaus passen würde.
Favorit auf die Nachfolge ist Peter Stöger. Austrias einstiger Meistermacher, Kölns wie Dortmunds Trainer hat Interesse – und wäre verfügbar. Der 55-Jährige war zuletzt bei Ferencváros tätig. Seine Bestellung wäre dennoch nicht unumstritten. Erfolge liegen weit zurück, der Wiener Fußball gilt nicht zwingend als modern.
Das klassische Name-Dropping liefert Alternativen von Ralph Hasenhüttl (bei Southampton glücklich, teuer), Adi Hütter (in Gladbach unglücklich) bis Oliver Glasner (Frankfurt). Wieso beschreitet der ÖFB nicht neue Wege und erkundigt sich bei RB Salzburg nach einem Trainer-Talent? Oder einem alten Bekannten wie Roger Schmidt (PSV Eindhoven)?
2 „Goldene Generation“? Wer geht, wer bleibt bis zur WM 2026?
Für Marko Arnautović, 33, und Aleksandar Dragović, 31, war es die letzte WM-Chance. David Alaba, Martin Hinteregger und Stefan Lainer sind jeweils 29 Jahre alt, da ruht Hoffnung für 2026 – dann spielen erstmals 48 Teams, 16 aus Europa – sofern Form und Körper mitspielen. Philipp Lienhart (25), Stefan Posch (24), Christoph Baumgartner (22), Florian Grillitsch (26), Marco Grüll (23), Xaver Schlager (24) oder Sasˇa Kalajdžić (24) könnten das Gerüst der Mannschaft sein. Warum nicht? Es spielen doch mehr Österreicher denn je in der deutschen Bundesliga. Und es gelingt nicht, aus diesen Legionären (mit Alaba) eine siegreiches Team zu formen?
3 Spiel-Idee: Anleihe bei Red Bull als visionäre Option
Weil die WM-Qualifikation seit 24 Jahren (mit sieben Teamchefs und diversen Interimslösungen) nicht gelingen will und zwei EM-Endrunden (2016, 2020) nicht genug sind, wäre es an der Zeit, den ÖFB auf den Kopf zu stellen. Warum verpasst man nicht allen Teams, bis zur U15, ein einheitliches Spielsystem? Womöglich mit Anleihe bei der Red-Bull-Schule, mit hohem Gegenpressing und TempoFußball, wie er in Deutschland und England allgegenwärtig ist? Und sucht Trainer, die genau das predigen anstatt stetes Stückwerk zu produzieren und Experimente zur falschen Zeit zu wagen?
Dafür brauchte es eine klare Ausrichtung. Sportdirektor Peter Schöttel könnte sie vorgeben oder im Fall der konsequenten Selbstbetrachtung überlegen.
4 Infrastruktur: Trainingszentrum in Aspern als erster Eckpfeiler
Leo Windtner hatte den Geist der Zeit erkannt und darauf gedrängt, dass Österreichs größter Sportverband ein modernes Trainingszentrum samt Eigenheim bekommt. In Asperns Seestadt soll es stehen, ab 2023 für 60 Millionen Euro (Kosten dritteln sich ÖFB, Wien und Bund) gebaut werden. Kleinstadion, Halle mit Kunstrasen, zwei Naturrasenplätze sowie Büroräumlichkeiten sind angedacht – ein erster Schritt in die Zukunft.
Die Fiktion eines „Nationalstadions“ist, ohne Erfolge (und echter Sportkultur) ein Hirngespinst. Leicht zu evaluieren, an der Zuschauerzahl am Dienstag beim Testspiel gegen Schottland.
5 Regime der Landesfürsten: Aufbruch in die Moderne
Intrigen, Macht und Ehrenamt, im ÖFB-Präsidium wird das nicht nur bei jeder Teamchefbestellung offen ausgelebt. Neun „Landesfürste“, es sind Rechtsanwälte, Richter, Bürgermeister etc., sind dem Fußball unbestritten jahrzehntelang verbunden, bestimmen mit ihrem Präsidenten (Gerhard Milletich) ÖFB-Strukturen und -Personalien.
Der Cardiff-Flop mutet als willkommener Anlass an, diese Bühne einem modernen und hauptamtlich-professionellen Umfeld – nebst Geschäftsführer und Generalsekretär – zu empfehlen.