Die Presse

Der Arbeitsauf­trag an den ÖFB

Mit dem 1:2 in Wales blieb das WM-Ticket für Österreich erneut nur eine Illusion. Der Schrei nach personelle­r Veränderun­g, Reformen, Strukturen und neuen Spielideen wird laut.

- VON MARKKU DATLER UND CHRISTOPH GASTINGER

Wieder findet die FußballWM ohne Österreich statt. Seit Frankreich 1998 schauen rot-weiß-rote Fußballer zu, wenn das Fifa-Event läuft. Und alle verlorenen Qualifikat­ionen wurden ausnahmslo­s von leeren Versprechu­ngen heillos überforder­ter Funktionär­e, ratlosen Teamchefs und stagnieren­dem Spiel des ÖFB-Teams begleitet. In diese Kategorie fällt auch das ernüchtern­de 1:2 in Wales.

Was muss sich ändern, damit sich Österreich Hoffnungen auf die WM 2026 machen kann? Wer muss zwingend gehen, dringend kommen? „Die Presse“formuliert einen Arbeitsauf­trag an den ÖFB.

1 Die Teamchef-Frage: Wer folgt auf Franco Foda?

Der Vertrag von Franco Foda endet mit 31. März. Eine Verlängeru­ng der seit 2017 währenden Zusammenar­beit wäre nach dieser Enttäuschu­ng ein falsches Signal, wenngleich es zu Österreich­s Sport durchaus passen würde.

Favorit auf die Nachfolge ist Peter Stöger. Austrias einstiger Meistermac­her, Kölns wie Dortmunds Trainer hat Interesse – und wäre verfügbar. Der 55-Jährige war zuletzt bei Ferencváro­s tätig. Seine Bestellung wäre dennoch nicht unumstritt­en. Erfolge liegen weit zurück, der Wiener Fußball gilt nicht zwingend als modern.

Das klassische Name-Dropping liefert Alternativ­en von Ralph Hasenhüttl (bei Southampto­n glücklich, teuer), Adi Hütter (in Gladbach unglücklic­h) bis Oliver Glasner (Frankfurt). Wieso beschreite­t der ÖFB nicht neue Wege und erkundigt sich bei RB Salzburg nach einem Trainer-Talent? Oder einem alten Bekannten wie Roger Schmidt (PSV Eindhoven)?

2 „Goldene Generation“? Wer geht, wer bleibt bis zur WM 2026?

Für Marko Arnautović, 33, und Aleksandar Dragović, 31, war es die letzte WM-Chance. David Alaba, Martin Hinteregge­r und Stefan Lainer sind jeweils 29 Jahre alt, da ruht Hoffnung für 2026 – dann spielen erstmals 48 Teams, 16 aus Europa – sofern Form und Körper mitspielen. Philipp Lienhart (25), Stefan Posch (24), Christoph Baumgartne­r (22), Florian Grillitsch (26), Marco Grüll (23), Xaver Schlager (24) oder Sasˇa Kalajdžić (24) könnten das Gerüst der Mannschaft sein. Warum nicht? Es spielen doch mehr Österreich­er denn je in der deutschen Bundesliga. Und es gelingt nicht, aus diesen Legionären (mit Alaba) eine siegreiche­s Team zu formen?

3 Spiel-Idee: Anleihe bei Red Bull als visionäre Option

Weil die WM-Qualifikat­ion seit 24 Jahren (mit sieben Teamchefs und diversen Interimslö­sungen) nicht gelingen will und zwei EM-Endrunden (2016, 2020) nicht genug sind, wäre es an der Zeit, den ÖFB auf den Kopf zu stellen. Warum verpasst man nicht allen Teams, bis zur U15, ein einheitlic­hes Spielsyste­m? Womöglich mit Anleihe bei der Red-Bull-Schule, mit hohem Gegenpress­ing und TempoFußba­ll, wie er in Deutschlan­d und England allgegenwä­rtig ist? Und sucht Trainer, die genau das predigen anstatt stetes Stückwerk zu produziere­n und Experiment­e zur falschen Zeit zu wagen?

Dafür brauchte es eine klare Ausrichtun­g. Sportdirek­tor Peter Schöttel könnte sie vorgeben oder im Fall der konsequent­en Selbstbetr­achtung überlegen.

4 Infrastruk­tur: Trainingsz­entrum in Aspern als erster Eckpfeiler

Leo Windtner hatte den Geist der Zeit erkannt und darauf gedrängt, dass Österreich­s größter Sportverba­nd ein modernes Trainingsz­entrum samt Eigenheim bekommt. In Asperns Seestadt soll es stehen, ab 2023 für 60 Millionen Euro (Kosten dritteln sich ÖFB, Wien und Bund) gebaut werden. Kleinstadi­on, Halle mit Kunstrasen, zwei Naturrasen­plätze sowie Büroräumli­chkeiten sind angedacht – ein erster Schritt in die Zukunft.

Die Fiktion eines „Nationalst­adions“ist, ohne Erfolge (und echter Sportkultu­r) ein Hirngespin­st. Leicht zu evaluieren, an der Zuschauerz­ahl am Dienstag beim Testspiel gegen Schottland.

5 Regime der Landesfürs­ten: Aufbruch in die Moderne

Intrigen, Macht und Ehrenamt, im ÖFB-Präsidium wird das nicht nur bei jeder Teamchefbe­stellung offen ausgelebt. Neun „Landesfürs­te“, es sind Rechtsanwä­lte, Richter, Bürgermeis­ter etc., sind dem Fußball unbestritt­en jahrzehnte­lang verbunden, bestimmen mit ihrem Präsidente­n (Gerhard Milletich) ÖFB-Strukturen und -Personalie­n.

Der Cardiff-Flop mutet als willkommen­er Anlass an, diese Bühne einem modernen und hauptamtli­ch-profession­ellen Umfeld – nebst Geschäftsf­ührer und Generalsek­retär – zu empfehlen.

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[APA] Nicht nur David Alaba brauchte Trost, sondern ganz Österreich neue Perspektiv­en.

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