Rekordgewinne für Autohersteller
Es mag eine Chipkrise und einen Mangel an Neuwagen geben, dennoch verdienen die Autobauer so gut wie noch nie.
Wien. Es klingt paradox: Es gibt nicht genug Computerchips, daher können nicht genug Autos gebaut werden – und doch haben die 16 größten Autokonzerne der Welt im vergangenen Jahr einen höheren Gewinn erwirtschaftet als je zuvor. Der operative Gewinn dieser Hersteller kletterte im Vergleich zum Jahr 2020 um 168 Prozent von 50 auf 134 Milliarden Euro, wie eine Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY ergab.
Die höchsten Gewinne verzeichneten Toyota (24,8 Milliarden Euro), der Volkswagen-Konzern (19,3 Milliarden Euro) und Mercedes-Benz (16 Milliarden Euro). Bei den Gewinnmargen hatte hingegen Tesla die Nase vorn: Der kalifornische Elektroautobauer erzielte eine Marge von 12,1 Prozent und lag damit knapp vor BMW und Mercedes-Benz, die jeweils eine Marge von zwölf Prozent erreichten.
Während der Pkw-Absatz nur geringfügig – um 1,2 Prozent – zulegte, stieg der Gesamtumsatz der Unternehmen um knapp zwölf Prozent auf insgesamt 1587 Milliarden Euro. Er lag damit aber weiter um fünf Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019.
Es gibt mehrere Gründe für die guten Zahlen der Autohersteller mitten in der Krise. So mussten wegen des Mangels an Neuwagen
beispielsweise kaum Rabatte gewährt werden. Die Hersteller verbauten die Chips, die sie bekamen, vor allem in teureren Modellen und lieferten diese an die Händler aus. Günstigere und damit margenschwächere Fahrzeuge haben dagegen eine längere Lieferzeit.
„Es ist bemerkenswert, wie gut die Top-Autokonzerne die Chipkrise im vergangenen Jahr managen konnten. Obwohl der Absatz bei vielen Unternehmen rückläufig ist, hat sich die Gewinnsituation dennoch teilweise hervorragend entwickelt“, erklärte Axel Preiss, Leiter Advanced Ma
nufacturing & Mobility bei EY. „Die Priorisierung des Einbaus der mangelnden Chips in hochpreisige und margenstarke Fahrzeuge war eine gute Strategie, um die aktuelle Lieferkettenkrise zu bewältigen. Speziell die Premiumhersteller konnten von den hohen Margen profitieren.“
Besonders die deutschen Konzerne hat die Chipkrise getroffen, der Absatz sank um vier Prozent. Japanische Autobauer haben hingegen ein Absatzplus von fünf Prozent geschafft, die koreanischen Hersteller sogar ein Plus von sieben Prozent. Die US-Konzerne verzeichneten einen Absatzrückgang um ein Prozent.
Beim Gewinn hingegen entwickelten sich die deutschen Autobauer mit einem Gewinnwachstum von 136 Prozent insgesamt besser als die japanischen Wettbewerber, die ein Plus von 116 Prozent verzeichneten. Das stärkste Gewinnwachstum vermeldeten allerdings die US-Hersteller, die ihren Gewinn um 339 Prozent steigerten – allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Vorjahresniveau.
Bei den Aktienkursen drückt sich die gute Entwicklung nicht aus. Anleger sind vorsichtig, die meisten Autowerte haben in den vergangenen Monaten teilweise deutlich nachgegeben. Dafür ist jetzt wieder Potenzial da.
Unklar ist aber, wie es weitergeht. Der Krieg in der Ukraine führt zu neuen Engpässen. Wegen des Mangels an Kabelbäumen, die maßgeblich in dem Land produziert werden, mussten schon mehrere Hersteller ihre Produktion zurückfahren. In Österreich sind beispielsweise das BMW-Motorenwerk in Steyr betroffen und Steyr Automotives (vormals MAN), die Kurzarbeit angemeldet haben.
Briten hart getroffen
„Zwar arbeitet die Branche mit Hochdruck an der Stabilisierung ihrer Lieferketten, das wird aber noch dauern. Die Chipkrise ist noch nicht überwunden, schon steht die nächste Krise an, deren Verlauf noch unvorhersehbarer und kaum steuerbar ist. Prognosen für das laufende Jahr sind daher kaum möglich. Die Branche bleibt im Krisenmodus und fährt auf Sicht. Die Preise für Neuwagen werden voraussichtlich eher steigen als fallen“, sagt Preiss.
Besonders hart treffen die Krisen kombiniert mit dem Austritt aus der EU die britischen Autohersteller. Wie der Verband der britischen Automobilhersteller am Freitag mitteilte, ging die Produktion in dem Land im vergangenen Monat im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 40 Prozent zurück. 62.000 Fahrzeuge rollten vom Band.