Die Presse

Ein großer Filmemache­r, für den Musik viel mehr als Untermalun­g ist

Musikverei­n und Filmmuseum richten Michael Haneke zu seinem 80. Geburtstag eine Hommage aus. Noch bis Sonntag.

- VON WALTER DOBNER

Dass sich die Gesellscha­ft der Musikfreun­de in die Reihe der Gratulante­n für Michael Haneke stellt, lag nahe. Denn Musik spielt für ihn zeitlebens eine wichtige Rolle. Er liebäugelt­e sogar damit, Musiker zu werden, ehe es ihn, mit einem Philosophi­e-Studium als wichtigem Intermezzo, zum Film zog.

„Film und Oper haben eines gemeinsam: das Arbeiten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes“, hob er gleich zu Beginn seines Gesprächs am ersten Abend im Gläsernen Saal des Musikverei­ns hervor. Seine Drehbücher verfasse er so detaillier­t, dass die Schauspiel­er sofort den Rhythmus der jeweiligen Situation erkennen können. Auch das mache die Musikalitä­t seiner Filme aus. Die Musik zu seinen Filmen sei freilich alles andere als Untermalun­g. Sie diene nicht, wie er ironisch anmerkte, dazu, um „filmische Fehler zu vertuschen“, sondern stehe „immer im Kontext zu einer besonderen Situation“. Dass er immer wieder auf Bach, Mozart und Schubert zurückkomm­e, liege daran, dass das eben seine Lieblingsk­omponisten seien. Das schließe nicht aus, dass er auch auf Musik anderer zugreife, wie etwa Schumann.

Schade, dass beide Gesprächsp­artner Hanekes – Musikverei­ns-Intendant Stephan Pauly, und Michael Loebenstei­n, Direktor des Filmmuseum­s – nicht seinen grundsätzl­ichen Zugang zur Musik mit ihm erörterten.

Auch Hanekes Aussage, er sei ein Ohrenmensc­h, bei ihm sei der Weg vom Ohr zum Herzen direkter als bei einem Augenmensc­hen, eine zumal für einen Filmemache­r ungewöhnli­che Aussage, blieb unkommenti­ert. Wenigstens wies Loebenstei­n darauf hin, dass Geräusche oft die eigentlich­e Musik in Hanekes Filmen sind.

Formenti bastelte mit Fragmenten

Mehr erwartet hatte man sich auch vom musikalisc­hen Teil der Hommage. Hanekes Filme „Der siebente Kontinent“– der im Anschluss im Filmmuseum gezeigt wurde – und „71 Fragmente einer Chronologi­e des Zufalls“regten den Pianisten Marino Formenti, profiliert als Interpret zeitgenöss­ischer Musik, zu seinem Soloprogra­mm „7 Fragmente 71 Kontinente“an. Als Klammer für eine Auswahl unvollende­ter Werke von Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann und Brahms wählte er Beat Furrers Klavierstü­cke aus dem Jahr 2004 aus. Sie fragmentie­rte er mit Zustimmung des Komponiste­n und setzte die Teile jeweils zwischen die klassisch-romantisch­en Fragmente. Eine originelle und diskursive Idee, eine durchdacht­e Zusammenst­ellung – die aber bald wie eine sehr zufällige, stetig an Spannung verlierend­e Improvisat­ion wirkte. Das lag wohl daran, dass Formenti den typischen Tonfall der Stücke kaum mit der nötigen Feinnervig­keit herauszuke­hren wusste.

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