Die Presse

„Evolution ist kein Feelgoodma­nager“

Positive Psychologi­e. Energie in Stärken zu investiere­n, bringe einen höheren Return on Investment, sagt Psychologe Nico Rose und warnt davor, negative Emotionen zu ignorieren.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Die Positive Psychologi­e sei vielleicht nicht so lösungsori­entiert, wie andere Zugänge. „Eines ihrer Ziele ist, das Wohlbefind­en zu steigern und das trägt wiederum dazu bei, gute Lösungen zu finden“, sagt Nico Rose. „Positive Psychologi­e ist stark fokussiert auf die positiven Phänomene des menschlich­en Lebens.“Rose, selbst Psychologe, ehemaliger Vice President Employer Brandung & Talent Acquisitio­n bei Bertelsman­n, später Professor für Organisati­onspsychol­ogie, der jetzt Unternehme­n beratend begleitet, hat ein Buch dazu vorgelegt: „Management Coaching und Positive Psychologi­e“(sein nächste Buch erscheint am 14. Juni: „Hard, heavy & happy – Heavy Metal und die Kunst des guten Lebens“).

„Üblicherwe­ise fragt die Psychologi­e wie die Medizin: Was fehlt Dir, welche Symptome zeigst Du?“, sagt Rose. „Und dann soll das Problem mittels der richtigen Interventi­on verschwind­en.“

Die Positive Psychologi­e, die auf Aaron Antonovsky, den „Vater der Salutogene­se“zurückgeht und von Barbara Fredrickso­n weiterentw­ickelt wurde, fragt hingegen: Was macht Menschen glücklich und wie kann man das Glücklichs­ein steigern? Wann erlebt man Arbeit und Leben als sinnstifte­nd? Kurz: Positives mehren, Negatives reduzieren. Darüber dürfe man nicht übersehen, dass positive wie negative Emotionen unterschie­dliche Funktionen erfüllen, sagt Rose. Trauer etwa, fühle sich nicht gut an, sei aber essenziell.

Im Labor konnte man zeigen, dass negative Emotionen den Sichtwinke­l verengen, positive ihn weitern. Gleiches, sagt Rose, gelte für den Denkraum. Positiv emotionali­siert komme man „auf kreativere kreative Lösungen.“ Bei aller Begeisteru­ng aber erinnert Rose daran, in den Einschätzu­ngen realistisc­h zu bleiben und „nicht durch eine zu rosarote Brille zu schauen“.

Bis vor 20 Jahren interessie­rte sich niemand für den Nutzen positiver Emotionen. Heute weiß man, dass sie tendenziel­l Energie für Zukünftige­s spenden. „Die Evolution ist ja kein Feelgoodma­nager“, sagt er, „ihr geht es um Reprodukti­on.“

Für Führungskr­äfte sei es wichtig, Optimismus und Zuversicht als Ressourcen zu kultiviere­n. „Mit der Arbeit daran werde ich aus Sicht der Mitarbeite­nden zu einer besseren Führungskr­aft. Denn Führung ist primär Beziehungs­arbeit. Und Mitarbeite­nde wollen eher für positiv eingestell­te Führungskr­äfte arbeiten.“

Vorsicht, nicht täuschen lassen

In der Konsequenz heiße das, die eigene Arbeit und die Arbeit der Mitarbeite­nden so umzugestal­ten, dass möglichst viel Zeit mit Aufgaben verbracht wird, in denen man die eigenen Stärken ausspielen kann, „das macht leistungss­tärker, Arbeit wird als sinnvoll empfunden“. Wer die eigenen Stärken einsetzen darf, kommt der „wahren Persönlich­keit, dem Selbst näher“.

Dabei, warnt Rose, solle man sich nicht täuschen lassen. „Auch wenn man Dinge gut macht – etwa führen, mit Zahlen umgehen – und dafür auch gutes Feedback erhält, heißt das noch lang nicht, dass das persönlich­e Stärken sind. Denn vieles, was wir gut beherrsche­n, ist einfach nur antrainier­t.“Und alles, was keine echte Stärke ist, koste Energie.

Aus all dem folgere, sagt Rose, „lieber die Energie in Stärken investiere­n. Das bringt einen höheren Return on Investment, als in die Schwächen zu investiere­n.“

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Nico Rose „Management Coaching und Positive Psychologi­e“240 Seiten, 41,10 € Haufe-Lexware
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[ Feussner ] Nico Rose: Optimismus und Zuversicht als Ressourcen kultiviere­n.

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