„Evolution ist kein Feelgoodmanager“
Positive Psychologie. Energie in Stärken zu investieren, bringe einen höheren Return on Investment, sagt Psychologe Nico Rose und warnt davor, negative Emotionen zu ignorieren.
Die Positive Psychologie sei vielleicht nicht so lösungsorientiert, wie andere Zugänge. „Eines ihrer Ziele ist, das Wohlbefinden zu steigern und das trägt wiederum dazu bei, gute Lösungen zu finden“, sagt Nico Rose. „Positive Psychologie ist stark fokussiert auf die positiven Phänomene des menschlichen Lebens.“Rose, selbst Psychologe, ehemaliger Vice President Employer Brandung & Talent Acquisition bei Bertelsmann, später Professor für Organisationspsychologie, der jetzt Unternehmen beratend begleitet, hat ein Buch dazu vorgelegt: „Management Coaching und Positive Psychologie“(sein nächste Buch erscheint am 14. Juni: „Hard, heavy & happy – Heavy Metal und die Kunst des guten Lebens“).
„Üblicherweise fragt die Psychologie wie die Medizin: Was fehlt Dir, welche Symptome zeigst Du?“, sagt Rose. „Und dann soll das Problem mittels der richtigen Intervention verschwinden.“
Die Positive Psychologie, die auf Aaron Antonovsky, den „Vater der Salutogenese“zurückgeht und von Barbara Fredrickson weiterentwickelt wurde, fragt hingegen: Was macht Menschen glücklich und wie kann man das Glücklichsein steigern? Wann erlebt man Arbeit und Leben als sinnstiftend? Kurz: Positives mehren, Negatives reduzieren. Darüber dürfe man nicht übersehen, dass positive wie negative Emotionen unterschiedliche Funktionen erfüllen, sagt Rose. Trauer etwa, fühle sich nicht gut an, sei aber essenziell.
Im Labor konnte man zeigen, dass negative Emotionen den Sichtwinkel verengen, positive ihn weitern. Gleiches, sagt Rose, gelte für den Denkraum. Positiv emotionalisiert komme man „auf kreativere kreative Lösungen.“ Bei aller Begeisterung aber erinnert Rose daran, in den Einschätzungen realistisch zu bleiben und „nicht durch eine zu rosarote Brille zu schauen“.
Bis vor 20 Jahren interessierte sich niemand für den Nutzen positiver Emotionen. Heute weiß man, dass sie tendenziell Energie für Zukünftiges spenden. „Die Evolution ist ja kein Feelgoodmanager“, sagt er, „ihr geht es um Reproduktion.“
Für Führungskräfte sei es wichtig, Optimismus und Zuversicht als Ressourcen zu kultivieren. „Mit der Arbeit daran werde ich aus Sicht der Mitarbeitenden zu einer besseren Führungskraft. Denn Führung ist primär Beziehungsarbeit. Und Mitarbeitende wollen eher für positiv eingestellte Führungskräfte arbeiten.“
Vorsicht, nicht täuschen lassen
In der Konsequenz heiße das, die eigene Arbeit und die Arbeit der Mitarbeitenden so umzugestalten, dass möglichst viel Zeit mit Aufgaben verbracht wird, in denen man die eigenen Stärken ausspielen kann, „das macht leistungsstärker, Arbeit wird als sinnvoll empfunden“. Wer die eigenen Stärken einsetzen darf, kommt der „wahren Persönlichkeit, dem Selbst näher“.
Dabei, warnt Rose, solle man sich nicht täuschen lassen. „Auch wenn man Dinge gut macht – etwa führen, mit Zahlen umgehen – und dafür auch gutes Feedback erhält, heißt das noch lang nicht, dass das persönliche Stärken sind. Denn vieles, was wir gut beherrschen, ist einfach nur antrainiert.“Und alles, was keine echte Stärke ist, koste Energie.
Aus all dem folgere, sagt Rose, „lieber die Energie in Stärken investieren. Das bringt einen höheren Return on Investment, als in die Schwächen zu investieren.“