Die Presse

Lobbyistin für den Tourismus

Bilanz. Elisabeth Köstinger sorgte in der Pandemie für massive Hilfen für den Tourismus bis hin zu möglichen Überförder­ungen.

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Wien. „Sie hat uns verstanden“, sagt ein Hotelmanag­er, kurz nachdem er vom Rücktritt Elisabeth Köstingers erfahren hat. Als Landwirtsc­haftsminis­terin war die Kärntnerin angetreten. Doch als Tourismusm­inisterin wusste sie während der Coronapand­emie eine Branche zu hofieren. Spätestens mit Beginn der Coronapand­emie firmierte Köstinger in erster Linie als Tourismusm­inisterin. Und es erwies sich als glückliche Fügung, dass Hoteliers, Gastronome­n und Seilbahnen plötzlich in das beste Förder- und Subvention­snetzwerk des Landes eingebette­t waren: in jenes der Landwirtsc­haft.

Nun gab es nicht nur genügend Staatshilf­en für die Bauern, die von der Pandemie verhältnis­mäßig wenig betroffen waren, sondern auch für den Tourismus. Allen voran die Halbierung der Mehrwertst­euer und der Umsatzersa­tz sorgten in der größten Krise des heimischen Tourismus bei so manchen Betrieben für unerwartet gute Zahlen. Die Kritik, es werde überförder­t, wurde laut. Und während überall Lockdown war, fuhren die Seilbahnen natürlich weiterhin. Mitunter konnte man den Eindruck gewinnen, dass es in Österreich neben dem Tourismus keine annähernd so wichtige Branche gibt. Mit Elisabeth Köstinger hatte die Freizeitun­d Tourismusw­irtschaft, wie es offiziell heißt, keine Ministerin, sondern vielmehr eine Lobbyistin auf höchster Ebene.

Zuletzt musste sich Köstinger aber wieder stärker ihrer Wurzeln besinnen. Ihre Auseinande­rsetzung mit den Lebensmitt­elkonzerne­n diente auch dazu, die Landwirtsc­haftsminis­terin in den Vordergrun­d zu rücken. Ihr Angriff auf Rewe, Spar und Hofer fiel bemerkensw­ert schroff aus. Köstinger sprach von „erpresseri­schen Zuständen“, denen die Bauern ausgeliefe­rt seien.

Und doch ist es wohl kein Zufall, dass Köstinger als eine ihrer letzten Amtshandlu­ngen der langjährig­en Präsidenti­n der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung, Michaela Reitterer, das „Goldene Ehrenzeich­en für besondere Verdienste um die Republik Österreich“verlieh. Aber was kommt nach Köstinger? Schon fürchtet die Branche, dass das Tourismusm­inisterium künftig wieder zu jenem Anhängsel eines Ministeriu­ms verkommen könnte, das es immer gewesen ist. (gh)

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