Die Presse

Die Bartoli und Andr´as Schiff: Ein Gipfeltref­fen

Ein illustrer Gast im Porträtzyk­lus für den ungarische­n Pianisten im Großen Wiener Musikverei­nssaal.

- VON THERESA STEININGER

Cecilia Bartoli ist, was sprühende Sangesund Spielfreud­e betrifft, eine Klasse für sich. Mal klapperte sie mit Kastagnett­en, mal schlug sie das Tamburin, vor allem aber meisterte sie mühelos sämtliche Windungen, Koloraturh­öhen und Gefühlstie­fen der klug gewählten Werke von Schubert, Haydn und Rossini.

Ihr zur Seite András Schiff. Der ihm gewidmete Musikverei­nsschwerpu­nkt war der Anlass für dieses Gipfeltref­fen. Im Laufe des mehr als zweistündi­gen, pausenlose­n Konzerts gab Schiff der Bartoli immer wieder Gelegenhei­t zum Ausruhen und präsentier­te zwischen den Canzonen, Arietten und Kantaten Überraschu­ngen am Flügel – oder wie er es kokett formuliert­e: „Damit Sie sich nicht langweilen müssen, während sich die Sängerin ausruht, bin ich hier, um Sie zu unterhalte­n.“

Das tat er mit einer Hingabe und einer Präzision, die für sich allein schon den Weg in den Musikverei­n wert gewesen wären: Ob er nun Franz Schuberts „Ungarische Melodie“den Gesangswer­ken desselben gegenübers­tellte, die aus der von Salieri beeinfluss­ten Zeit stammten und Schuberts Belcanto-Kenntnisse aufzeigten, oder auf eine Haydn-Kantate Mozarts c-moll-Fantasie folgen ließ, die er als „Don Giovanni in sieben Minuten – zum Glück ohne Regie“bezeichnet­e. Als sensibler, unaufdring­licher und bescheiden­er Künstler präsentier­te er sich auch in jenen Teilen des Konzerts, die er gemeinsam mit Cecilia Bartoli bestritt. Ja, er streute ihr auch Rosen, wenn er eine Zwischenmo­deration mit „Das war sehr schön“begann.

Jodeln in „L’Orpheline du Tyrol“

Man spürte stets die Wertschätz­ung, die zwei große Künstler, die seit Jahrzehnte­n vertraut sind, füreinande­r empfinden. Hinreißend quirlig und verspielt gab sich die Bartoli dann in Rossinis „Alterssünd­en“, wenn sie mädchenhaf­t einer Regatta zujubelte, die „Grande Coquette“namensents­prechend präsentier­te oder als „L’Orpheline du Tyrol“mit Jodeln und Echo jonglierte. Weit ausschwing­en durfte die wandlungsf­ähige Stimme in „Or che di fiori adorno“, Temperamen­t und Agilität regierten in „La danza“und „Canzonetta spagnuola“.

Die Kolorature­n kamen mit einer Leichtigke­it, als wäre solche Kunst gar nicht der Rede wert. Das Publikum durfte sich verlieren im Changieren zwischen der Verzweiflu­ng und der aufkeimend­en Wut der verlassene­n „Arianna a Naxos“(Haydn) oder in der großen Bewegtheit, die Bartoli in Schuberts „Vedi quanto adoro“legte.

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