ÖBB: Rauswurf ohne Sitzplatz
Verkehr. Wird nur ein Ticket und kein Sitzplatz gekauft, kann es passieren, dass stehende Passagiere aus dem Zug geworfen werden.
Wien. „Alle Passagiere, die keinen Sitzplatz haben, müssen diesen Zug umgehend verlassen“, so die Durchsage in einem Railjet der ÖBB an einem Freitagnachmittag. Der Zug ist wie jede Woche voll und ausgelastet. Einige Mitreisende stehen in den Gängen, weil sie keinen Sitzplatz bekommen haben.
Der Zugbegleiter hat entschieden, dass sie aussteigen müssen. Wer würde ahnen, dass man trotz Ticketerwerbs aus dem Zug geschmissen wird? „Das hängt mit der Willkür des Zugbegleiters zusammen“, erklärt ein Mitarbeiter des ÖBB-Kundenservice offen. Der sogenannte Zugbegleiter, also der Chef der Schaffner an Bord, entscheidet demnach in jedem einzelnen Fall, ob Fahrgäste in den Gängen stehen dürfen oder nicht. Er muss gewährleisten, „dass er jederzeit
schnellen Schrittes durch den Zug gehen kann“.
Nach der Durchsage weigern sich etliche Reisende, auszusteigen. Sie verstehen die Aufforderung nicht, weil sie ein Ticket gekauft haben und Termine am Zielort wahrnehmen müssen. „Wenn sich die Kunden weigern – was eher die Regel als die Ausnahme ist – und die Security nichts bringt, wird mit der Exekutive der Zug geräumt. Und das dauert natürlich ein Zeiterl“, so der Mitarbeiter des Kundenservice.
Und ja, alle anderen Passagiere, die einen Sitzplatz ergattern konnten, müssen sich in diesem Fall gedulden, bevor es weiter geht. Das kann eine Stunde dauern. Um Verzögerungen durch Überlastung so gering wie möglich zu halten, fahren die Züge der ÖBB
freitags, samstags und sonntags verstärkt.
Warum nicht einfach keine Tickets mehr verkaufen, wenn der Zug bereits ausgelastet ist? „Wenn der Kunde ein Normalpreisticket kauft, wissen die ÖBB ja nicht, welchen Zug er nimmt. Demnach sollte man auf jeden Fall freitags. samstags und sonntags reservieren. Sonst könnte es passieren, dass man nicht mitgenommen wird“, sagt ein Mitarbeiter des Kundenservice.
Sitzplatz reservieren
Außerdem: „Bei der Westbahnstrecke sollte immer am Anfang der Woche reserviert werden, damit man am Ende der Woche einen Platz hat.“Für Inhaber des Klimatickets gibt es eigene Sitzplatzreservierungsabos, die auf der Website gebucht werden können. 20 Stück für 48 Euro, 50 für 90 Euro, 100 für 120 Euro – das Abonnement ist zwölf Monaten ab dem Kaufdatum gültig.
Von der Pressestelle der ÖBB wird mitgeteilt, dass es derzeit bei gewissen Zügen – vor allem rund um Feiertage und Wochenenden – vorkomme, dass es mehr Nachfrage als Kapazität gibt. Die ÖBB appellieren an die Fahrgäste, die Reiseinformationen zur Auslastung von Zügen vorab einzuholen und „unbedingt einen Sitzplatz zu reservieren. Dass diese Situation für alle Beteiligten äußerst unangenehm ist, ist uns absolut bewusst, und wir versuchen, hier mit unterschiedlichsten Maßnahmen entgegenzuwirken.“Ein Ticket ist also keine Garantie für die Mitnahme im Zug.