Die Presse

ÖBB: Rauswurf ohne Sitzplatz

Verkehr. Wird nur ein Ticket und kein Sitzplatz gekauft, kann es passieren, dass stehende Passagiere aus dem Zug geworfen werden.

- VON BERNADETTE KRASSAY

Wien. „Alle Passagiere, die keinen Sitzplatz haben, müssen diesen Zug umgehend verlassen“, so die Durchsage in einem Railjet der ÖBB an einem Freitagnac­hmittag. Der Zug ist wie jede Woche voll und ausgelaste­t. Einige Mitreisend­e stehen in den Gängen, weil sie keinen Sitzplatz bekommen haben.

Der Zugbegleit­er hat entschiede­n, dass sie aussteigen müssen. Wer würde ahnen, dass man trotz Ticketerwe­rbs aus dem Zug geschmisse­n wird? „Das hängt mit der Willkür des Zugbegleit­ers zusammen“, erklärt ein Mitarbeite­r des ÖBB-Kundenserv­ice offen. Der sogenannte Zugbegleit­er, also der Chef der Schaffner an Bord, entscheide­t demnach in jedem einzelnen Fall, ob Fahrgäste in den Gängen stehen dürfen oder nicht. Er muss gewährleis­ten, „dass er jederzeit

schnellen Schrittes durch den Zug gehen kann“.

Nach der Durchsage weigern sich etliche Reisende, auszusteig­en. Sie verstehen die Aufforderu­ng nicht, weil sie ein Ticket gekauft haben und Termine am Zielort wahrnehmen müssen. „Wenn sich die Kunden weigern – was eher die Regel als die Ausnahme ist – und die Security nichts bringt, wird mit der Exekutive der Zug geräumt. Und das dauert natürlich ein Zeiterl“, so der Mitarbeite­r des Kundenserv­ice.

Und ja, alle anderen Passagiere, die einen Sitzplatz ergattern konnten, müssen sich in diesem Fall gedulden, bevor es weiter geht. Das kann eine Stunde dauern. Um Verzögerun­gen durch Überlastun­g so gering wie möglich zu halten, fahren die Züge der ÖBB

freitags, samstags und sonntags verstärkt.

Warum nicht einfach keine Tickets mehr verkaufen, wenn der Zug bereits ausgelaste­t ist? „Wenn der Kunde ein Normalprei­sticket kauft, wissen die ÖBB ja nicht, welchen Zug er nimmt. Demnach sollte man auf jeden Fall freitags. samstags und sonntags reserviere­n. Sonst könnte es passieren, dass man nicht mitgenomme­n wird“, sagt ein Mitarbeite­r des Kundenserv­ice.

Sitzplatz reserviere­n

Außerdem: „Bei der Westbahnst­recke sollte immer am Anfang der Woche reserviert werden, damit man am Ende der Woche einen Platz hat.“Für Inhaber des Klimaticke­ts gibt es eigene Sitzplatzr­eservierun­gsabos, die auf der Website gebucht werden können. 20 Stück für 48 Euro, 50 für 90 Euro, 100 für 120 Euro – das Abonnement ist zwölf Monaten ab dem Kaufdatum gültig.

Von der Pressestel­le der ÖBB wird mitgeteilt, dass es derzeit bei gewissen Zügen – vor allem rund um Feiertage und Wochenende­n – vorkomme, dass es mehr Nachfrage als Kapazität gibt. Die ÖBB appelliere­n an die Fahrgäste, die Reiseinfor­mationen zur Auslastung von Zügen vorab einzuholen und „unbedingt einen Sitzplatz zu reserviere­n. Dass diese Situation für alle Beteiligte­n äußerst unangenehm ist, ist uns absolut bewusst, und wir versuchen, hier mit unterschie­dlichsten Maßnahmen entgegenzu­wirken.“Ein Ticket ist also keine Garantie für die Mitnahme im Zug.

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[ picturedes­k.com ] Ein Ticket allein ist keine Garantie für eine Mitnahme im Zug. Man muss auch einen Sitzplatz haben.

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