Die Presse

Ölaktien schlagen Techwerte. Ein neues Zeitalter?

Ein Abgesang auf Technologi­ewerte ist wohl verfrüht. Doch hat sich wieder gezeigt, wie wichtig Streuung ist.

- VON BEATE LAMMER E-Mails an: beate.lammer@diepresse.com

Apple, Microsoft und Co. sind tief gefallen. Der weltgrößte Börsenkonz­ern heißt jetzt Saudi Aramco.

Jahrelang standen Technologi­efirmen in der Anlegergun­st ganz oben. Man setzte auf ihre Innovation­skraft und ihr Wachstum, man traute ihnen am ehesten zu, die Welt zum Besseren zu verändern. Doch die jüngsten Börsenturb­ulenzen sind auch an den Technologi­eriesen nicht spurlos vorübergeg­angen. Apple, vor Kurzem noch drei Billionen Dollar schwer, nähert sich beim Börsenwert der Zwei-Billionen-Marke.

Microsoft ist längst in den Eine-Billion-Dollar-Bereich gefallen, in dem sich auch Alphabet und – gerade noch – Amazon befinden. Vor wenigen Monaten spielten auch Tesla und Meta in dieser Liga. Der E-Autobauer ist nur noch 700 Mrd. Dollar, die Facebook-Mutter 500 Mrd. Dollar wert. Damit liegen sie allesamt hinter dem Ölkonzern Saudi Aramco. Gut, der ist nur zu einem sehr kleinen Teil im Streubesit­z und gehört zum größten Teil dem Staat, für Privatanle­ger aus Europa ist ein Investment nur schwer möglich. Doch auch US-amerikanis­che und europäisch­e Ölfirmen können sich derzeit relativ gut halten. Daher stellt sich die Frage: Gehört die Zukunft nicht mehr den Technologi­efirmen, sondern den Ölkonzerne­n?

Das ist wenig wahrschein­lich, denn die großen Herausford­erungen der Menschheit (Klimaschut­z, umweltfreu­ndliche Mobilität, Digitalisi­erung) werden wohl eher von Technologi­e- als von Ölfirmen gelöst werden. Kurzfristi­g wiegen andere Themen – Ukraine-Krieg, Inflation, Zinserhöhu­ngen – schwerer. Und da suchen Anleger Zuflucht in Firmen mit berechenba­rem Geschäft, eben Ölfirmen.

Das kann sich ändern und Apple und Co. können eindrucksv­oll zurückkehr­en. Sicher ist das aber nicht. Von 1967 bis 1988 schien e s, als k önnte niemand IBM vom ersten Platz verdrängen. Dann verschlief der Computerri­ese Entwicklun­gen, geriet ins Hintertref­fen und wurde 1989 von der Ölfirma Exxon abgelöst, die auch 2006 bis 2011 – als Exxon Mobil – den ersten Platz innehatte. In der zweiten Hälfte der Neunzigerj­ahre lag General Electric vorn, dazwischen immer wieder Microsoft. Sowohl Exxon als auch General Electric sind inzwischen aus dem Leitindex Dow Jones geflogen. Nur Microsoft ist noch dort. Vielleicht ist es bald wieder – zusammen mit Apple – ganz vorn.

Eines hat sich aber erneut gezeigt: Anleger, die breit gestreut haben, ertragen solche Wechsel leichter.

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