Die Presse

Kaum Regierungs­vorlagen: Türkis-grüne Ebbe im Parlament

Bilanz. Von den legistisch­en Lehren aus Ibiza bis zu anderen Baustellen: Trotz nahender Sommerpaus­e hat die Koalition zuletzt wenig vorgelegt.

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER

Wien. Die Website des Parlaments mag eine Plattform für politische Feinspitze sein, doch sie verrät allerhand über das tatsächlic­he Tun einer Bundesregi­erung.

Dortläuftn­ämli ch alles zusammen, was im Hohen Haus beschlosse­n werden soll. Und ein Blick auf die Gesetzesvo­rhaben, die von Türkis-Grün zur Begutachtu­ng vorliegen, zeigt: Allzu viel hat die Koalition zuletzt nicht finalisier­t. Gerade einmal acht Regierungs­vorlagen sind derzeit auf der Seite gelistet; in den meisten Fällen sind es Kleinigkei­ten, von „näheren Regelungen zur fachzahnär­ztlichen Ausbildung“bis zu einer Novelle des Versicheru­ngsvertrag­sgesetzes. Keine zwei Monate vor der parlamenta­rischen Sommerpaus­e ist das erstaunlic­h: Denn Vorhaben, die bis dahin beschlosse­n werden sollen, müssten aufgrund der üblicherwe­ise sechswöchi­gen Begutachtu­ng noch im Mai auf den Weg gebracht werden.

An Ankündigun­gen mangelt es jedenfalls nicht: Eigentlich für das erste Quartal 2022 versproche­n war ein Anti-Korruption­spaket, das grosso modo die legistisch­e Ableitung des Ibiza-Skandals ist. Eingeführt werden soll ein eigener Straftatbe­stand für Mandatskau­f; und der Amtsträger­begriff soll so ausgeweite­t werden, dass das Verspreche­n korrupter Deals schon strafbar ist, bevor man das dafür nötige Amt innehat. Verhandelt wird dies von Justizmini­sterin Alma Zadi (Grüne) und dem ÖVP-Parlaments­klub, das Vorhaben liegt laut Grünen längst bei der ÖVP – drei Jahre nach Ibiza ist immer noch keineRedev­onei ner Einigung.

Manch Grüner führt dies auf das schwierige Verhältnis etlicher ÖVP-Leute zur Justizmini­sterin zurück. Aus Sicht der Grünen ebenfalls so gut wie fertig, aber noch nicht paktiert ist das ausständig­e

Informatio­nsfreiheit­spaket mitsamt Amtsgeheim­nis-Aus.

Überfällig­er Klimaschut­z

Ähnlich ist die Lage beim Klimaschut­zgesetz: Dies ist überfällig, vor fast eineinhalb Jahren ist die alte Regelung ausgelaufe­n. Im Grunde genommen geht es bei diesem für die grüne Regierungs­beteiligun­g symbolträc­htigen Gesetz um die Verankerun­g von Klimaziele­n und Maßnahmen, sollten diese verfehlt werden. Im vergangene­n Jahr wurde ein Entwurf aus dem Umweltress­ort publik, seither soll die ÖVP auf der Bremse stehen. Indes legen sich die Grünen beim zigfach versproche­nen Pensionssp­litting – sprich: der automatisc­hen Aufteilung der Pensionsbe­iträge zwischen Eltern nach der Geburt eines Kindes – quer, weil sie es als Teils eines Gesamtpake­ts sehen. Laut dem von der Regierung vorgelegte­n EU-Aufbauplan soll im zweiten Quartal 2022 ein Gesetz dafür erarbeitet werden – also jetzt.

Und doch soll sich laut Koalitions­kreisen einiges noch vor dem Sommer ausgehen, etwa das auf 2023 vorgezogen­e Verbot von Gasheizung­en im Neubau. Zumindest, so die Grünen, liegt ein fertiger Entwurf dafür seit Wochen beim Koalitions­partner.

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