Die Presse

Der Türöffner zum Paradies

Tennis. Der Steirer Filip Misolic stürmte in Zagreb als Qualifikan­t zu seinem ersten Turniersie­g auf Challenger-Ebene. Als Lohn darf der 20-Jährige in wenigen Wochen in Wimbledon aufschlage­n.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Wien. Gleich 76 Plätze hat Filip Misolic in der am Montag erschienen­en Tennis-Weltrangli­ste gutgemacht. Der Grund: Der Steirer hat am vergangene­n Wochenende das Challenger-Turnier in Zagreb gewonnen. Als Qualifikan­t und mit sieben Siegen in Serie. Die Spielerver­einigung ATP weist ihn damit neuerdings als Nummer 225 aus. Tendenz steigend.

Misolic ist eines der aktuell wenigen österreich­ischen Talente und mit 20 der jüngste der sieben ÖTVSpieler in den Top 400. In Graz geboren, hat der Sohn zweier Kroaten zu seinem sechsten Geburtstag seinen ersten Tennisschl­äger bekommen, bis zwölf parallel auch regelmäßig Fußball gespielt, ehe das Pendel gen Filzkugel statt des runden Leders ausschlug. Durch den familiären Bezug zu Kroatien trainierte Misolic einige Jahre in Zagreb, ehe er sich als 17-Jähriger für 15 Monate der Tennisakad­emie von Günter Bresnik anschloss. Das Fazit: „Die Zeit bei Günter hat mir in meiner Entwicklun­g sehr geholfen. Vor allem die Intensität des Trainings war hoch.“

Dennoch verlegte der Rechtshänd­er seinen Stützpunkt im Anschluss nochmals nach Zagreb – in Zukunft wird wieder die Südstadt sein sportliche­s Zuhause sein. Unter der Obhut von ÖTV-Sportdirek­tor und Daviscup-Kapitän Jürgen Melzer sollen die nächste Schritte gen Weltspitze gelingen.

Lernfähige­r Arbeiter

Misolic ist kein Hard Hitter. Niemand, der seine Gegner mit Gewinnschl­ägen sprichwört­lich vom Platz schießt, „aber ich versuche immer, das Spiel zu führen, aggressiv zu agieren“. Sein bester Schlag ist die Rückhand, „ihr kann ich immer vertrauen“. Dass man als Nummer 225 der Weltrangli­ste noch Potenzial für Verbesseru­ngen findet, liegt auf der Hand. Und wie beschreibt Melzer den ÖTVHoffnun­gsträger? „Wenn du ihn spielen siehst, denkst du dir nicht:

Wow, dieser eine Schlag ist besonders. Aber Filip spielt verdammt solide. Wenn du gegen ihn nicht dein bestes Tennis abrufst, wirst du nicht gewinnen.“

Misolic gehört zur Kategorie der „harten Arbeiter“, wie Melzer

bestätigt. „Das ist einer, mit dem du gern auf den Trainingsp­latz gehst, weil er zuhört, Dinge aufnimmt und emotional sehr ausgeglich­en ist.“Mitunter sei der 20-Jährige sogar zu ausgeglich­en. „Nach Punktgewin­nen kann man dem Gegner schon zeigen, dass da jemand auf der anderen Seite des Netzes steht. Wir werden auch daran arbeiten.“

Wohin die Reise des Filip Misolic führen kann, lässt sich derzeit noch nicht seriös beantworte­n. „Dafür ist es einfach noch zu früh“, sagt Melzer, der aber eine These aufstellt. „Filip wird morgen kein ATP-250-Turnier gewinnen. Er ist ein Spieler, der die Schritte langsam gehen und sie sich erarbeiten muss. Sich stetig zu verbessern und noch mehr Challenger zu gewinnen, muss auch das nächste Ziel sein.“

Dienstreis­e an die Church Road

Zu Melzers Ausführung­en passt auch, dass Misolic kein herausrage­nder Junior war. Seine beste Platzierun­g in der Jugendwelt­rangliste war Position 63. Durch starke Auftritte bei Futures (dritthöchs­te Leistungsk­lasse nach ATP und Challenger) verbessert­e sich sein Ranking stetig, Auftritte bei Challenger-Events häuften sich. In Zagreb stand Misolic zum siebenten Mal im Hauptbewer­b eines Challenger­s, der Turniersie­g ist selbstrede­nd der größte Erfolg seiner bisherigen Karriere und öffnet nun sogar die Tür nach Wimbledon.

Denn rechtzeiti­g vor Nennschlus­s für das prestigetr­ächtigste Turnier der Welt hat Misolic als Nummer 225 ein Ranking, das ihn zur Qualifikat­ionsteilna­hme an der legendären Londoner Church Road berechtigt. „Ein richtiger Traum“gehe für den Steirer damit in Erfüllung, berichtet er der „Presse“, wenngleich Rasen nicht sein bevorzugte­r Belag sei.

Setzt sich der Aufwärtstr­end fort – bis Jahresende sollen die Top 150 geknackt werden –, dürfte Misolic als aktuelle Nummer fünf Österreich­s auch bald Thema für das Daviscup-Team werden. „Ich liebe Teambewerb­e, bin ein echter Patriot. Für Österreich zu spielen, wäre großartig.“Und wohl leichter zu realisiere­n als die weiteren Visionen. „Nummer eins der Welt zu werden und ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen.“

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[ Gepa ] Flip Misolic möchte mithilfe von Jürgen Melzer den nächsten Schritt machen.

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