Der Türöffner zum Paradies
Tennis. Der Steirer Filip Misolic stürmte in Zagreb als Qualifikant zu seinem ersten Turniersieg auf Challenger-Ebene. Als Lohn darf der 20-Jährige in wenigen Wochen in Wimbledon aufschlagen.
Wien. Gleich 76 Plätze hat Filip Misolic in der am Montag erschienenen Tennis-Weltrangliste gutgemacht. Der Grund: Der Steirer hat am vergangenen Wochenende das Challenger-Turnier in Zagreb gewonnen. Als Qualifikant und mit sieben Siegen in Serie. Die Spielervereinigung ATP weist ihn damit neuerdings als Nummer 225 aus. Tendenz steigend.
Misolic ist eines der aktuell wenigen österreichischen Talente und mit 20 der jüngste der sieben ÖTVSpieler in den Top 400. In Graz geboren, hat der Sohn zweier Kroaten zu seinem sechsten Geburtstag seinen ersten Tennisschläger bekommen, bis zwölf parallel auch regelmäßig Fußball gespielt, ehe das Pendel gen Filzkugel statt des runden Leders ausschlug. Durch den familiären Bezug zu Kroatien trainierte Misolic einige Jahre in Zagreb, ehe er sich als 17-Jähriger für 15 Monate der Tennisakademie von Günter Bresnik anschloss. Das Fazit: „Die Zeit bei Günter hat mir in meiner Entwicklung sehr geholfen. Vor allem die Intensität des Trainings war hoch.“
Dennoch verlegte der Rechtshänder seinen Stützpunkt im Anschluss nochmals nach Zagreb – in Zukunft wird wieder die Südstadt sein sportliches Zuhause sein. Unter der Obhut von ÖTV-Sportdirektor und Daviscup-Kapitän Jürgen Melzer sollen die nächste Schritte gen Weltspitze gelingen.
Lernfähiger Arbeiter
Misolic ist kein Hard Hitter. Niemand, der seine Gegner mit Gewinnschlägen sprichwörtlich vom Platz schießt, „aber ich versuche immer, das Spiel zu führen, aggressiv zu agieren“. Sein bester Schlag ist die Rückhand, „ihr kann ich immer vertrauen“. Dass man als Nummer 225 der Weltrangliste noch Potenzial für Verbesserungen findet, liegt auf der Hand. Und wie beschreibt Melzer den ÖTVHoffnungsträger? „Wenn du ihn spielen siehst, denkst du dir nicht:
Wow, dieser eine Schlag ist besonders. Aber Filip spielt verdammt solide. Wenn du gegen ihn nicht dein bestes Tennis abrufst, wirst du nicht gewinnen.“
Misolic gehört zur Kategorie der „harten Arbeiter“, wie Melzer
bestätigt. „Das ist einer, mit dem du gern auf den Trainingsplatz gehst, weil er zuhört, Dinge aufnimmt und emotional sehr ausgeglichen ist.“Mitunter sei der 20-Jährige sogar zu ausgeglichen. „Nach Punktgewinnen kann man dem Gegner schon zeigen, dass da jemand auf der anderen Seite des Netzes steht. Wir werden auch daran arbeiten.“
Wohin die Reise des Filip Misolic führen kann, lässt sich derzeit noch nicht seriös beantworten. „Dafür ist es einfach noch zu früh“, sagt Melzer, der aber eine These aufstellt. „Filip wird morgen kein ATP-250-Turnier gewinnen. Er ist ein Spieler, der die Schritte langsam gehen und sie sich erarbeiten muss. Sich stetig zu verbessern und noch mehr Challenger zu gewinnen, muss auch das nächste Ziel sein.“
Dienstreise an die Church Road
Zu Melzers Ausführungen passt auch, dass Misolic kein herausragender Junior war. Seine beste Platzierung in der Jugendweltrangliste war Position 63. Durch starke Auftritte bei Futures (dritthöchste Leistungsklasse nach ATP und Challenger) verbesserte sich sein Ranking stetig, Auftritte bei Challenger-Events häuften sich. In Zagreb stand Misolic zum siebenten Mal im Hauptbewerb eines Challengers, der Turniersieg ist selbstredend der größte Erfolg seiner bisherigen Karriere und öffnet nun sogar die Tür nach Wimbledon.
Denn rechtzeitig vor Nennschluss für das prestigeträchtigste Turnier der Welt hat Misolic als Nummer 225 ein Ranking, das ihn zur Qualifikationsteilnahme an der legendären Londoner Church Road berechtigt. „Ein richtiger Traum“gehe für den Steirer damit in Erfüllung, berichtet er der „Presse“, wenngleich Rasen nicht sein bevorzugter Belag sei.
Setzt sich der Aufwärtstrend fort – bis Jahresende sollen die Top 150 geknackt werden –, dürfte Misolic als aktuelle Nummer fünf Österreichs auch bald Thema für das Daviscup-Team werden. „Ich liebe Teambewerbe, bin ein echter Patriot. Für Österreich zu spielen, wäre großartig.“Und wohl leichter zu realisieren als die weiteren Visionen. „Nummer eins der Welt zu werden und ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen.“