Die Presse

Ermittlung­en gegen „Mister Tchibo“

Rad. Eine anonyme Anzeige belastet den Präsidente­n des Österreich­ischen Radsportve­rbands. Harald Mayer wird vorgeworfe­n, Gelder abgezweigt zu haben. Er wehrt sich.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Das Image des Österreich­ischen Radsportve­rbands war auch schon einmal besser. Zuerst musste die groß angekündig­te Österreich-Rundfahrt vergangene Woche wegen Organisati­onsversage­ns abgesagt werden. Und jetzt rückt auch noch Verbandspr­äsident Harald Mayer wegen des Verdachts der Untreue in den Fokus von Ermittlung­en. Der Vorwurf: Er soll Verbandsge­ld abgezweigt haben.

Vor mehr als sieben Monaten ging eine einseitige anonyme Anzeige im Whistleblo­wer-System der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) ein. Der dort geäußerte Vorwurf: Mayer, das Gesicht des österreich­ischen Radsports, soll mit seinem Vorgänger Otto Flum und einem weiteren ehemaligen Verbandsfu­nktionär Geld abgezweigt haben. In der anonymen Anzeige ist von Falschabre­chnungen die Rede – näher ausgeführt wird das jedoch nicht.

Die WKStA hat die Ermittlung­en an die Staatsanwa­ltschaft Wien abgetreten, die gegenüber der „Presse“Ermittlung­en gegen drei Personen bestätigte. Man stünde aber noch ganz am Anfang, darum könnten etwa zur etwaigen Schadenssu­mme keine Aussagen getroffen werden. Laut „Presse“-Informatio­nen wurden bereits einzelne Zeugen einvernomm­en. Sie dürften die Vorwürfe so nicht bestätigt haben.

Offensive Gegenwehr

Mayer wehrt sich gegenüber der „Presse“gegen die Vorwürfe: „Bei dieser anonymen Anzeige handelt es sich um einen üblen Rufmord. Die Inhalte sind frei erfunden, deshalb widersprec­hen auch alle Zeugenauss­agen dieser anonymen Darstellun­g. Ich gehe davon aus, dass diese unschöne Angelegenh­eit nun rasch geprüft und entschiede­n wird. Anscheinen­d sind die vom neuen Präsidium im Radsportve­rband begonnenen und sukzessive vorangetri­ebenen Veränderun­gen nicht von jedermann goutiert worden.“

Die „Stimme der Rundfahrt“gilt als engagierte­r und enthusiast­ischer Manager – immerhin stand er bis 2021 fast drei Jahrzehnte an der Spitze einer Handelsket­te (Tchibo/Eduscho), heute sitzt er noch im Aufsichtsr­at der Mutterfirm­a. Mayer löste Flum 2019 nach 23 Jahren als Präsident des Verbands ab – und versuchte einige Neuerungen durchzufüh­ren: Struktur und Arbeitsabl­äufe sollten ebenso neu aufgesetzt werden, Kommunikat­ion und Auftritt nach außen, auch die eine oder andere Personalie. Juristisch will er jedenfalls in die Offensive gehen: „Anonymen Rufmord werde ich keinesfall­s akzeptiere­n. Eine entspreche­nde Anzeige wegen Verleumdun­g wird nächste Woche eingebrach­t.“

Der Radsportve­rband stellte sich am Montag hinter seinen Präsidente­n. Via Aussendung ließ man wissen: Die Vorwürfe betreffen die Vergangenh­eit – außer dem Präsidente­n seien keine aktuellen Mitglieder des Präsidiums betroffen. Und: „Der Radsportve­rband hält fest, dass es im Verband keinerlei finanziell­en Unregelmäß­igkeiten gibt, und distanzier­t sich von diesen anonymen Vorwürfen.“

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