Mehr Geld für Berufseinsteiger
3 Die Löhne und Gehälter steigen – und als Folge auch die Preise für die Konsumenten.
Auch auf dem Arbeitsmarkt wirkt das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Für viele Unternehmer ist es mittlerweile Standard, zehn bis 20 Prozent über dem Kollektivvertrag zu bezahlen. Und das auch in Branchen wie im Tourismus, einer klassischen Niedriglohnbranche mit traditionell hohem Anteil an ausländischen Beschäftigten. Der Ökonom Benjamin Bittschi vom Wifo sieht „einen gewissen Trend“zu hohen Lohnabschlüssen, um gewisse Berufe attraktiver für Einsteiger zu machen. Bereits 2019 gab es in der metalltechnischen Industrie bis zu 16 Prozent mehr Lohn für Lehrlinge. Auch in Bereichen, in denen die Löhne lang niedrig waren und es wegen der Digitalisierung ein großes Armutsrisiko gegeben habe, werden sich „die Löhne entwickeln“, sagt Arbeitsminister und Ökonom Martin Kocher. Die Betriebe geben die Kosten nach Möglichkeit weiter. „Die Preise in Bereichen, in denen die Personalkosten einen hohen Anteil haben, werden steigen“, sagt Kocher. Schnitzel, Übernachtungen, Massagen, Friseurbesuche dürften also noch einmal teurer werden.
4 Ein Strukturwandel steht bevor, und auch die Konsumenten müssen sich umgewöhnen.
Geld ist nicht alles – für viele Jobs gibt es einfach immer zu wenig Arbeitskräfte, etwa in der IT. In der Gastronomie kündigt sich ein Strukturwandel an. Wenn dauerhaft Personal fehlt, verändert sich das Angebot. Das kann heißen, dass Restaurantbesuche nur noch gegen Reservierung und mit eingeschränkter Karte möglich sind. Andere Betriebe stellen das Mittagsmenü ein oder auf Selbstbedienung um. Manche Hotels führen Ruhetage auch in der Hochsaison ein. „Diese Flexibilität, diese völlige Verfügbarkeit von Arbeitskräften im Dienstleistungsbereich, die wird es so nicht mehr spielen, und zwar weltweit. Wir werden uns auch als Gäste umstellen müssen. Oder das Schnitzel wird viel teurer“, sagt AMS-Vorstand Kopf der „Presse“. Familienbetriebe kompensieren das zum Teil, indem die Familienmitglieder selbst mehr mitarbeiten. Sohn, Tochter, Ehefrau und er selbst „arbeiten quasi durch“, sagt Mario Pulker, Sprecher der Gastronomen in der Wirtschaftskammer. Auch Industriebetriebe berichten, dass sie mangels Personals Aufträge ablehnen müssen.
5 Ausbildung und Weiterbildung werden in der neuen Arbeitswelt wichtiger.
Während es in einigen Industrieländern, beispielsweise in Spanien und Belgien, noch einen gewissen Bedarf an gering qualifizierten Arbeitskräften gibt, besteht in Österreich und auch in Deutschland der Mangel fast ausschließlich im Bereich der Hoch- und Mittelqualifizierten, zeigen OECD-Daten. Allerdings sei die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen in beiden Ländern niedrig, sagt die OECD-Arbeitsmarktexpertin Monika Queisser. Weiterbildung dürfe nicht erst mit 55 Jahren passieren, sondern müsse schon deutlich früher beginnen, „am besten sein ganzes Leben lang“, sagt Queisser.
Wer keine Ausbildung hat, hat ein deutlich höheres Risiko, arbeitslos zu werden und dauerhaft ohne Job zu bleiben. Etwa die Hälfte der Arbeitslosen in Österreich hat maximal die Pflichtschule abgeschlossen. Die Arbeitslosenquote in dieser Gruppe liegt bei 19 Prozent, quer durch alle Bevölkerungsgruppen beträgt sie sechs Prozent.