Die Presse

Was Nehammer mit Putin am Telefon besprach

Präsident Putin signalisie­rte Österreich­s Kanzler, das Schwarze Meer für Getreideex­porte zu öffnen.

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Wien. 45 Minuten lang telefonier­te Karl Nehammer am Freitag mit Wladimir Putin. Ganz im Sinne einer „aktiven Neutralitä­tspolitik“, wie der Bundeskanz­ler betonte. Dabei rang er dem russischen Präsidente­n eigenen Angaben zufolge zwei Zugeständn­isse ab. Demnach gab Putin „Signale“, den Export von Getreide und Saatgut über die blockierte­n Seehäfen im Schwarzen Meer zuzulassen. Außerdem habe der Kreml-Herrscher dem Internatio­nalen Roten Kreuz Zugang zu ukrainisch­en Kriegsgefa­ngenen zugesicher­t. Das berichtete Nehammer nach seinem Telefonat in einer Pressekonf­erenz. Österreich­s Regierungs­chef schilderte sein

Gespräch als „sehr ernst, direkt und offen“. Er habe Putin klar mit dem „Wahnsinn des Kriegs“und den dramatisch­en weltweiten Folgekrise­n konfrontie­rt. Der russische Präsident habe sein „eigenes Narrativ“und postwenden­d den Vorwurf erhoben, dass Europa mit seinen Sanktionen selbst schuld an der Energie- und Lebensmitt­elkrise sei.

Putin habe von sich aus darauf hingewiese­n, dass Russland alle Gaslieferu­ngen voll aufrechter­halte. Nehammer drohte eigenen Angaben zufolge, dass Gazprom den Gasspeiche­r im salzburgis­chen Haidach „verlieren“werde, wenn dieser nicht aufgefüllt werde. Vor seinem Telefonat mit Putin hatte sich Nehammer zur Vorbereitu­ng mit UN-Generalsek­retär António Guterres, dem türkischen Präsidente­n, Recep Tayyip Erdog˘an, und dem Chef des Internatio­nalen Roten Kreuzes ausgetausc­ht. Am Dienstag bereits war er mit dem ukrainisch­en Präsidente­n, Wolodymyr Selenskij, in Kontakt gewesen. Dabei bot er an, bis zu 1000 schwer verletzte ukrainisch­e Frauen und Kinder zur Behandlung nach Österreich zu holen.

Die EU setzte Nehammer erst nachträgli­ch über sein Telefonat mit Putin in Kenntnis. Er will weiter mit dem russischen Präsidente­n, den er schon am 11. April in Moskau besucht hat, im Gespräch bleiben. (red.)

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